Der Schlüssel zu Rebecca
ihn wütend an. Den Tränen nahe, fragte sie mit lauter Stimme: »Wo bist du in den letzten zwei Tagen gewesen?«
Er wandte den Blick ab und dachte nach. »Ich habe gearbeitet.«
»Und wo meinst du, daß ich gewesen bin?«
»Hier, nehme ich an.«
»Genau.«
Er verstand nicht, was das zu bedeuten hatte. »Ich habe gearbeitet, und du bist hier gewesen. Und deshalb bist du wütend auf mich?«
Sie rief: » Ja!«
»Beruhige dich. Ich begreife nicht, weshalb du so verärgert bist, und ich möchte, daß du es mir erklärst.«
»Nein!«
»Dann weiß ich nicht, was ich sagen soll.« Vandam setzte sich auf den Boden, drehte ihr den Rücken zu und zündete sich eine Zigarette an. Er wußte wirklich nicht, was sie so verärgert hatte.
Sie saßen schweigend da; ohne einander anzuschauen. Elene schnüffelte. Vandam konnte sie nicht sehen, doch er wußte, daß sie geweint hatte. Sie sagte: »Du hättest mir einen Brief oder wenigstens einen verdammten Blumenstrauß schicken können!«
»Einen Brief? Wozu? Du wußtest doch, daß wir uns heute abend treffen würden.«
»Oh, mein Gott.«
»Blumen? Was willst du mit Blumen? Auf solche Spiele können wir doch jetzt verzichten.«
»Oh, wirklich?«
»Was willst du von mir hören?«
»Wir haben uns vorgestern nacht geliebt, falls du das vergessen hast ...«
»Sei nicht albern ...«
»Du hast mich nach Hause gebracht und zum Abschied geküßt. Dann ... nichts mehr.«
Er zog an seiner Zigarette. »Falls du es vergessen hast, ein gewisser Erwin Rommel klopft an die Tür, und ich gehöre zu denen, die ihn nicht reinlassen wollen.«
»Fünf Minuten. Länger hätte es nicht gedauert, mir ein paar Worte zu schicken.«
»Wozu?«
»Ja eben, wozu? Ich bin schließlich eine unmoralischeFrau, nicht wahr? Ich gebe mich Männern hin. Das ist es doch, was du meinst. Hör zu, William Vandam, du sorgst dafür, daß ich mich billig fühle!«
Auf einmal bemerkte er den Schmerz in ihrer Stimme. Er drehte sich um und sagte: »Bitte, verzeih, es war dumm von mir.« Er nahm ihre Hand.
Sie senkte die Augen, biß sich auf die Lippe und unterdrückte ihre Tränen. »Ja, das war es.« Elene berührte sein Haar. »Ich liebe dich«, flüsterte sie und streichelte seinen Kopf. Tränen überströmten ihr Gesicht.
»Ich muß so viel über dich lernen.«
»Und ich über dich.«
Er blickte zur Seite und dachte laut nach. »Man hat mir meinen Gleichmut immer übelgenommen.« Er verzog das Gesicht zu einem Lächeln. »Aber so bin ich nun mal: distanziert, doch keineswegs gleichgültig. Ich betrachte alles aus einer gewissen Entfernung und weigere mich, sinnlose Dinge zu tun, symbolische Gesten zu machen oder mich zu ziellosen Wutausbrüchen hinreißen zu lassen. Entweder lieben wir einander oder nicht. Ich habe sehr wohl den ganzen Tag an dich gedacht, mußte mich aber immer wieder auf andere Dinge konzentrieren. Ich arbeite zielstrebig und mache mir keine Sorgen um dich, wenn ich weiß, daß es dir gutgeht. Hältst du es für möglich, dich daran zu gewöhnen?«
Sie lächelte, immer noch mit Tränen in den Augen. »Ich werde es versuchen.«
Er kratzte sich am Kopf. »Am liebsten möchte ich dir sagen: Denk nicht mehr an heute abend, du brauchst nicht zu gehen, wir kommen ohne dich aus. Aber das stimmt nicht. Wir brauchen dich, und es ist ungeheuer wichtig.«
»Ich verstehe.«
»Aber darf ich dir zuerst einen Begrüßungskuß geben?«
»Gern.«
Er kniete sich neben ihren Stuhl, nahm ihr Gesicht in seine großen Hände und küßte ihre Lippen. Ihr Mund war weich und nachgiebig und etwas feucht. Er kostete dieEmpfindung und den Geschmack aus. Zum erstenmal hatte er das Gefühl, eine Frau die ganze Nacht küssen zu können, ohne müde zu werden.
Schließlich schob sie den Kopf zurück und schöpfte tief Atem. »Meine Güte, du meinst es wirklich ernst.«
»Das kannst du mir glauben.«
Sie lachte. »Eben warst du einen Moment lang wieder der alte Major Vandam – der, den ich früher kannte.«
»Und dein ironisches ›Meine Güte‹ war typisch für die alte Elene.«
»Meine Anweisung, Major.«
»Erst muß ich in sicherer Entfernung sein.«
»Setz dich dort drüben hin und schlag die Beine übereinander. Übrigens, was hast du heute eigentlich getan?«
Vandam durchquerte das Zimmer, trat an den Getränkeschrank und nahm den Gin heraus. »Ein Major des Nachrichtendienstes ist verschwunden, und mit ihm eine Aktentasche voller Geheimpapiere.«
»Wolff?«
»Könnte sein. Wie sich
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