Der Schlüssel zu Rebecca
einzige, der weiß, was du brauchst.« Er senkte den Mund, nahm ihre Lippen zwischen die Zähne und biß zu, bis er Blut schmeckte.
Sonja schloß die Augen. »Ich hasse dich«, stöhnte sie.
In der Kühle des Abends ging Wolff über den Treidelpfad am Nil auf das Hausboot zu. Die offenen Stellen in seinem Gesicht waren zugeheilt, und seine Eingeweide hatten sich beruhigt. Er hatte einen neuen weißen Anzug an und trug zwei Tüten mit Lebensmitteln, Delikatessen, die er bevorzugte. Der Inselvorort Samalek wirkte still und friedlich. Der rauhe Lärm Zentralkairos war über den breiten Wasserstreifen hinweg nur schwach zu hören. Der schlammige Fluß schwappte sanft gegen die Hausboote,die das Ufer säumten. In zahlreichen Formen und Größen, farbenprächtig gestrichen und luxuriös ausgestattet, glänzten sie in der Abendsonne.
Sonjas Boot war kleiner, aber großzügiger eingerichtet als die meisten. Ein Steg führte von dem Pfad zum Oberdeck, das die Brise durchließ, aber durch ein grünweiß gestreiftes Dach vor der Sonne geschützt wurde. Wolff ging an Bord und kletterte die Leiter hinunter. Das Innere war mit Möbeln vollgestopft: Sesseln, Diwanen, Tischen und Schränken, gefüllt mit Nippsachen. Im Bug lag eine winzige Küche. Von der Decke bis zum Boden reichende Vorhänge aus kastanienbraunem Samt teilten den Raum und trennten das Schlafzimmer ab. Hinter dem Schlafzimmer, im Heck, war das Bad. Sonja saß auf einem Kissen und bemalte ihre Zehennägel. Es war erstaunlich, wie schlampig sie aussehen konnte. Sie trug ein schmuddeliges Baumwollkleid, ihr Gesicht wirkte müde und ihr Haar ungekämmt. In einer halben Stunde, wenn sie sich zum Cha-Cha-Klub aufmachte, würde sie traumhaft aussehen.
Wolff stellte die Tüten auf den Tisch und begann sie zu leeren. »Französischer Champagner ... englische Marmelade ... deutsche Würste ... Wachteleier ... schottischer Lachs ...«
Sonja blickte verblüfft auf. »Niemand kann so etwas auftreiben, schließlich herrscht Krieg.«
Wolff lächelte. »In Kuleli gibt es einen kleinen griechischen Krämer, der sich an gute Kunden erinnert.«
»Ist er zuverlässig?«
»Er weiß nicht, wo ich wohne, und außerdem hat er den einzigen Laden in ganz Nordafrika, in dem man Kaviar kaufen kann.«
Sie trat auf ihn zu und steckte die Hand in eine der Tüten. »Kaviar!« Sie schraubte den Deckel des Glases ab und begann, mit den Fingern zu essen. »Ich habe keinen Kaviar gesehen, seit ...«
»Seit ich nicht mehr hier war«, vollendete Wolff. Er legte eine Flasche Champagner in den Kühlschrank. »Wenn du ein paar Minuten wartest, kannst du kalten Champagner dazu trinken.«
»Ich kann nicht warten.«
»Dein alter Fehler.« Er zog eine englischsprachige Zeitung aus einer der Tüten und blätterte sie durch. Es war eine lausige Zeitung, voll von Pressemeldungen. Die Kriegsnachrichten waren stärker zensiert als die der BBC, die sich jeder anhörte. Die Lokalberichte schienen erst recht verstümmelt. Es war illegal, Reden der offiziellen ägyptischen Oppositionspolitiker zu drucken. »Immer noch nichts über mich«, sagte Wolff. Er hatte Sonja von den Ereignissen in Assiut erzählt.
»Die Nachrichten verspäten sich immer«, erwiderte sie mit vollem Mund.
»Es hat andere Gründe. Wenn man von dem Mord berichtet, muß man das Motiv erwähnen. Wenn man es nicht tut, werden die Leute mißtrauisch. Die Briten wollen vertuschen, daß die Deutschen Spione in Ägypten haben. Es schadet ihrem Ansehen.«
Sie ging ins Schlafzimmer, um sich umzuziehen, und rief durch den Vorhang: »Heißt das, daß die Suche nach dir eingestellt ist?«
»Nein. Ich habe Abdullah im Suk getroffen. Er sagt, die ägyptische Polizei sei eigentlich nicht interessiert, aber ein gewisser Major Vandam mache immer noch Dampf.« Wolff ließ die Zeitung sinken und runzelte die Stirn. Er hätte gern gewußt, ob es sich bei Vandam um den Offizier handelte, der in die Villa les Oliviers eingebrochen war. Er ärgerte sich, daß er den Mann damals nicht genauer betrachten konnte, aber von der anderen Straßenseite war das Gesicht des Offiziers, durch die Mütze beschattet, nur ein dunkler Fleck gewesen. »Woher weiß Abdullah das?« fragte Sonja.
»Keine Ahnung.« Wolff zuckte die Achseln. »Er istein Dieb und hört alles mögliche.« Er trat an den Eisschrank und nahm die Flasche heraus. Sie war noch nicht kühl genug, aber er hatte Durst. Er füllte zwei Gläser. Sonja hatte sich angezogen und kam hervor. Sie war
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