Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schlüssel zu Rebecca

Der Schlüssel zu Rebecca

Titel: Der Schlüssel zu Rebecca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
Vom Netzwerk:
geschehen?«
    Rommel zeigte auf die Karte. »Das ist die Ghasala-Front.« Es war eine durch Minenfelder verbundene Linie befestigter »Boxen«, die von Ghasala an der Küste fünfzig Meilen südlich in die Wüste verlief. »Wir schlugen einen Haken um das südliche Ende der Front und griffen sie in ihrem Rücken an.«
    »Gute Idee. Was ist schiefgegangen?«
    »Wir hatten kein Benzin und keine Munition mehr.« Rommel setzte sich. Plötzlich war er sehr müde. »Wieder einmal«, fügte er hinzu.
    Kesselring war als Oberbefehlshaber Süd für Rommels Nachschub verantwortlich, doch der Feldmarschall schien die Kritik nicht zu bemerken.
    Eine Ordonnanz brachte auf einem Tablett Becher mit Tee. Rommel nippte nur – es war Sand darin.
    Kesselring sagte im Konversationston: »Heute nachmittag habe ich eine ungewöhnliche Erfahrung gemacht. Ich habe mich nämlich in die Rolle eines Ihrer untergeordneten Kommandeure versetzt.«
    Rommel räusperte sich. Offenbar mußte er sich auf eine sarkastische Bemerkung gefaßt machen. Aber er wollte jetzt nicht mit Kesselring debattieren, er wollte über die Schlacht nachdenken.
    »Es war enorm schwierig«, fuhr Kesselring fort, »da meine Hände durch ein Hauptquartier gebunden waren, das keine Befehle erteilte und nicht zu erreichen war.«
    »Ich war im Herzen der Schlacht und gab meine Befehle an Ort und Stelle.«
    »Immerhin hätten Sie Kontakt halten können.«
    »So kämpfen die Briten«, entgegnete Rommel schroff. »Die Generäle sind weit hinter der Front und halten Kontakt. Aber ich siege. Wenn ich Nachschub hätte, wäre ich jetzt schon in Kairo.«
    »Sie marschieren nicht nach Kairo«, sagte Kesselring heftig. »Sie marschieren nach Tobruk. Dort bleiben Sie, bis ich Malta genommen habe. Das sind die Befehle des Führers.«
    »Selbstverständlich.« Rommel wollte sich nicht wieder auf diese Diskussion einlassen, noch nicht. Tobruk war das unmittelbare Ziel. Wenn dieser befestigte Hafen erobert war, konnten die Konvois aus Europa – so unzulänglich sie waren – direkt die Front erreichen. Das würde die lange, so viel Benzin verbrauchende Fahrt durch die Wüste überflüssig machen. »Und um nach Tobruk zu kommen, müssen wir die Ghasala-Front durchbrechen.«
    »Was ist Ihr nächster Schritt?«
    »Wir weichen zurück und formieren uns neu.«
    Der Feldmarschall zog die Augenbrauen hoch. Er wußte,wie sehr Rommel den Rückzug haßte. »Und was wird der Feind unternehmen?« Kesselring richtete die Frage an von Mellenthin, der als Ic, also als Feindlageoffizier, für die Beurteilung der Feindsituation verantwortlich war.
    »Er wird nachsetzen, aber nicht sofort«, antwortete von Mellenthin. »Zum Glück dauert es immer einige Zeit, bis er seinen Vorteil nutzt. Aber früher oder später wird er einen Durchbruchversuch machen.«
    »Die Frage ist: wann und wo?« warf Rommel ein.
    »Genau«, stimmte von Mellenthin zu. Er schien zu zögern. »Ein Punkt der heutigen Berichte dürfte Sie interessieren, Herr General. Der Spion hat sich gemeldet.«
    »Der Spion?« Rommel runzelte die Stirn. »Ach ja!« Ihm fiel ein, daß er zu der Oase von Gialo, tief in der Libyschen Wüste, geflogen war, um dem Spion letzte Instruktionen zu geben, bevor dieser seine lange Wanderung begann. Wolff war sein Name. Rommel war von seinem Mut beeindruckt gewesen, hatte seine Chancen aber pessimistisch eingeschätzt. »Von wo hat er gesendet?«
    »Kairo.«
    »Er ist also angekommen. Wenn er dazu fähig ist, kann er alles schaffen. Vielleicht kann er uns vor dem Durchbruchversuch warnen.«
    Kesselring schaltete sich ein: »Mein Gott, Sie wollen sich jetzt doch nicht etwa auf Spione verlassen?«
    »Ich verlasse mich auf niemanden!« erwiderte Rommel. »Ich bin es, auf den sich alle anderen verlassen.«
    »Gut.« Kesselring blieb gelassen wie immer. »Sie wissen, daß Nachrichtendienste selten etwas taugen, und Nachrichten von Spionen sind die schlechtesten.«
    »Zugegeben«, meinte Rommel, ruhiger geworden. »Aber ich habe so ein Gefühl, als ob es diesmal anders ist.«
    »Das bezweifle ich.«

4
    E LENE FONTANA BETRACHTETE ihr Gesicht im Spiegel und dachte: Ich bin 23 Jahre alt, es mußte sich eigentlich langsam bemerkbar machen.
    Sie beugte sich vor und suchte nach Zeichen des Verfalls. Ihr Teint war vollkommen, ihre runden, braunen Augen waren so klar wie eine Gebirgsquelle, sie hatte keine Falten. Es war ein junges Gesicht, fein geschnitten, mit einem Ausdruck kindlicher Unschuld. Sie glich einem Sammler, der

Weitere Kostenlose Bücher