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Der Schlüssel zu Rebecca

Der Schlüssel zu Rebecca

Titel: Der Schlüssel zu Rebecca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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äußerst wertvoll für den Nachrichtendienst. Die meisten Unterlagen würden, in Kisten verpackt, nach Kairo transportiert und dort gründlich von einem großen Team studiert werden müssen. Heute würde man das Material nur vorläufig sichten.
    Vandams Lastwagen war übel zugerichtet. Die Deutschen hatten versucht, ihre Papiere zu vernichten, als sie merkten, daß die Schlacht verloren war. Man hatte Kartons geleert und ein kleines Feuer angezündet, doch der Schaden hielt sich in Grenzen. An einem Aktenordner aus Pappe klebte Blut: Jemand war bei der Verteidigung seiner Geheimnisse gestorben.
    Vandam machte sich an die Arbeit. Da der Feind wahrscheinlich versucht hatte, die wichtigsten Papiere zuerst zu vernichten, begann er mit den halbverbrannten Unterlagen. Darunter befanden sich viele Funksprüche der Alliierten, die man abgefangen und in manchen Fällen entschlüsselt hatte. Es waren meist Routineangelegenheiten, aber Vandam wurde klar, daß der deutsche Funkabhördienst sehr viele nützliche Informationen auffing. Er war besser, als Vandam sich vorgestellt hatte, und die alliierte Funksicherung war mangelhaft.
    Ganz unten in dem halbverbrannten Stoß lag ein Buch, ein Roman in englischer Sprache. Vandam runzelte dieStirn. Er öffnete das Buch und las die erste Zeile: »Gestern nacht träumte mir, ich sei wieder in Manderley.« Das Buch hieß »Rebecca« und war von Daphne du Maurier. Der Titel schien Vandam nicht völlig unbekannt. Vielleicht hatte seine Frau den Roman gelesen. Er handelte offenbar von einer jungen Frau, die in einem englischen Landhaus lebte.
    Vandam kratzte sich den Kopf. Es war, gelinde gesagt, eine merkwürdige Lektüre für das Afrikakorps.
    Und wieso in englischer Sprache?
    Man konnte es einem gefangenen englischen Soldaten abgenommen haben, doch das hielt Vandam für unwahrscheinlich. Seiner Erfahrung nach lasen Soldaten Pornographie, harte Detektivgeschichten und die Bibel. Irgendwie fiel ihm schwer, sich auszumalen, daß sich die Wüstenratten für die Probleme der Herren von Manderley interessierten.
    Nein, das Buch war aus einem bestimmten Grund hier. Aus welchem? Vandam fiel nur ein einzige Möglichkeit ein: Es diente als Code.
    Ein Buchcode war eine Variante des Tauschverfahrens. Beim Tauschverfahren wurden Buchstaben und Ziffern in jeweils fünf beliebigen Symbolgruppen auf einen Block gedruckt. Nur zwei Exemplare jedes Blocks existierten; einen hatte der Absender, den anderen der Empfänger der Signale. Jede Seite wurde für eine einzige Botschaft benutzt, dann abgerissen und vernichtet. Da jede Seite nur einmal verwendet wurde, konnte der Code nicht gebrochen werden. Ein Buchcode benutzte die Seiten eines Druckwerkes auf dieselbe Weise – mit der Ausnahme, daß die Seiten nach der Verwendung nicht unbedingt vernichtet wurden.
    Es gab einen großen Vorteil, den ein Buch einem Block gegenüber hatte. Der Block war unmißverständlich für Verschlüsselungszwecke bestimmt, während das Buch ganz unverfänglich wirkte. Auf dem Schlachtfeld spieltdies keine Rolle, aber es war wichtig für einen Agenten hinter den feindlichen Linien.
    So mochte sich auch erklären, weshalb es sich um ein englisches Buch handelte. Deutsche Soldaten, die einander Funksprüche schickten, würden, wenn überhaupt, ein deutsches Buch benutzen, aber ein Spion auf britischem Gebiet müßte ein englisches Buch bei sich haben.
    Vandam untersuchte das Buch eingehender. Der Preis war mit Bleistift auf die Innenseite des Einbandes geschrieben und dann ausradiert worden. Das Buch könnte also aus zweiter Hand gekauft worden sein. Vandam hielt es gegen das Licht und versuchte, die Bleistiftspuren zu entziffern. Er erkannte die Zahl 50, gefolgt von mehreren Buchstaben. War es eic ? Es könnte auch erc oder esc sein. Natürlich: esc – fünfzig Escudos. Das Buch war in Portugal gekauft worden. Portugal war ein neutrales Gebiet, hatte eine deutsche und eine britische Botschaft und galt als Zentrum zweitrangiger Spionage.
    Sobald er nach Kairo zurückkehrte, würde er der Geheimdienstniederlassung in Lissabon einen Bericht schicken. Man könnte die englischen Buchläden in Portugal überprüfen – es waren bestimmt nicht viele – und zu ermitteln versuchen, wo das Buch gekauft worden war und, wenn möglich, von wem.
    Wenigstens zwei Exemplare mußten verkauft worden sein, und ein Buchhändler könnte sich an einen solchen Vorfall erinnern. Die interessante Frage war: Wo befand sich das andere Exemplar? Vandam

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