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Der Schlüssel zum Tode Kommissar Morry

Der Schlüssel zum Tode Kommissar Morry

Titel: Der Schlüssel zum Tode Kommissar Morry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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Wisch nur widerstrebend in die Hand. Mißtrauisch las er die flüchtig hingeworfenen Zeilen. „Es war Essig mit meiner Flucht“, stand da zu lesen. „Kam nicht über die Grenze. Mußte wieder nach London zurück. Komme heute nacht um elf Uhr in den Wartesaal III. Klasse der Waterloo Station. Bring auch James Green mit. Ihr müßt mir helfen. M. R.“
    „M. R. — das bedeutet Mack Rupper, wie?“, fragte Ralph Condray hastig. „Stimmt das?“
    „Ja.“
    „Ist es wirklich seine Schrift?“
    „Ja. Ganz bestimmt.“
    Ralph Condray legte den Zettel angewidert auf den Tisch zurück. „Was willst du nun tun?“, fragte er stirnrunzelnd. „Willst du ihm helfen?“
    Maud Ruby schüttelte den Kopf. Gequält schloß sie die Augen. Ein leises Zittern ging durch ihren Körper. „Aber du wirst zur Waterloo Station gehen, nicht wahr?“
    „Ich muß wohl“, sagte Maud Ruby müde. „Er würde sonst in meine Wohnung kommen. Eigentlich hatte ich gehofft . . . daß du mich begleiten würdest.“
    „Jawohl“, sagte Ralph Condray in energischem Entschluß. „Du hast richtig getippt. Ich werde dich auf alle Fälle begleiten.“
    Er sah, daß Maud Ruby erleichtert aufatmete. In ihr bleiches Gesicht kehrte etwas Farbe zurück. „Wir müssen bald gehen“, sagte sie scheu. „Wir dürfen ihn nicht warten lassen. Du weißt doch, wie er ist.“
    Es fiel Ralph Condray nicht schwer, für den Rest der Nacht Urlaub zu bekommen. Man konnte ihn leicht entbehren. Es gab nicht viel Arbeit. Schon kurz nach zehn Uhr zog er seine Kellnerjacke aus und rechnete mit Ruth Bonfield ab. Um halb elf war er fertig. In Hut und Mantel verließ er neben Maud Ruby die Blaue Taverne. Sie traten auf die Straße hinaus. Ein häßlicher Novemberwind peitschte ihnen wäßrigen Schnee in die Gesichter. Die Straßen waren so gut wie ausgestorben. Niemand hatte Lust, sich bei einem solchen Hundewetter nasse Füße zu holen.
    „Wir werden eine Taxe nehmen“, sagte Maud Ruby rasch. „Sonst schaffen wir die weite Strecke nicht mehr bis elf Uhr. Komm! Gleich drüben an der Ecke ist der nächste Taxistand.“
    „Einen Moment!“, warf Ralph Condray ein. „Ich habe erst noch einen anderen Gang. Es wird nicht lange dauern.“
    Er zog sie zur nächsten Telephonzelle hin und studierte im Lichtschein der erleuchteten Kabine ihr bekümmertes Gesicht.
    „Ich werde die Polizei anrufen“, sagte er kurz. „Ich werde diesem Kommissar Morry sagen, daß er pünktlich um elf Uhr im Wartesaal der Waterloo Station sein soll. Hast du etwas dagegen? Tut es dir leid um deinen Freund?“
    „Mack Rupper ist nicht mehr mein Freund“, sagte Maud Ruby bedrückt. „Wie oft muß ich das noch wiederholen?“
    „Nun gut! Dann wird es dir auch nichts ausmachen, wenn er in die Falle geht. Er hat es nicht anders verdient.“
    Nun war die Reihe an Maud Ruby, erstaunt und ungläubig aufzuhorchen. „Früher hättest du das nicht getan“, sagte sie kopfschüttelnd. „Wie sehr hast du dich verändert. Du bist wirklich nicht mehr zu erkennen.“
    „Wir wollen nicht länger herumreden“, sagte Ralph Condray ungeduldig. „Ist es dir recht, wenn ich den Kommissar um Hilfe bitte?“
    „Ja“, sagte Maud Ruby rasch atmend. „Ich verlasse mich auf dich. Du wirst es schon recht machen.“
    Der Anruf dauerte nur knapp zwei Minuten. Dann war Ralph Condray wieder neben ihr. Rasch ging er an ihrer Seite auf den Taxistand zu. Sie erreichten die Waterloo Station zur rechten Zeit. Die große Bahnhofsuhr zeigte drei Minuten vor der elften Nachtstunde. Durch die Eingangstüren strömten Reisende mit großen Koffern. Sie boten einen friedlichen Anblick. Es war nirgends etwas Besonderes zu sehen. Und doch hatte Maud Ruby das Gefühl, als hinge ein drohendes Gewitter in der Luft. Je näher sie dem Wartesaal kamen, desto langsamer und schleppender wurden ihre Schritte. Sie kam kaum noch von der Stelle. Ihre Füße waren schwer wie Blei. Ihr Gesicht war nun wieder starr wie eine Maske.
    „Ich habe Angst“, flüsterte sie. „Ich würde zehn Jahre meines Lebens verschenken, wenn ich jetzt nicht in diesen Wartesaal müßte.“
    „Es läßt sich leider nicht anders machen“, murmelte Ralph Condray unsicher. „Mir ist im Moment auch nicht ganz wohl in meiner Haut. Aber die Stunde wird vorübergehen. Ich vertraue auf diesen Kommissar.“
    Beklommen traten sie in den großen Saal ein. Überhitzte, rauchige Luft schlug ihnen entgegen. Kellner eilten geschäftig an ihnen vorbei. Es roch nach

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