Der Schlüssel zum Tode Kommissar Morry
schwarzen Fenster ihrer Wohnung ab.
„Ich habe schreckliche Angst vor dieser kommenden Nacht“, preßte sie gepeinigt über die Lippen. „Er wird kommen. Ich fühle es.“
Auch Ralph Condray spürte einen seltsam schweren Druck auf der Brust. Das beklemmende Gefühl steigerte sich noch, als er den Hausschlüssel ins Schloß führte. Auch diesmal hatte er die düstere Ahnung, als führe dieser Schlüssel geradewegs in das Reich des Todes.
12
„So etwas habe ich noch nicht erlebt“, sagte Wachtmeister Swan am nächsten Morgen zu Kommissar Morry in dessen Dienstzimmer. „Haben Sie schon die Zeitungen gelesen, Sir? Die Reporter verhöhnen uns nach Strich und Faden. Auch Kommissar Morry versagt diesmal auf der ganzen Linie, schreiben sie. Was sagen Sie dazu, Sir?“
„Lassen Sie die Leute reden“, sagte Kommissar Morry gleichgültig. „Wenn wir Mack Rupper erst in den Käfig sperren, schwenken sie gleich wieder um. Ich bin das gewöhnt.“
„Trotzdem“, knurrte Wachtmeister Swan enttäuscht. „Es erscheint mir jetzt noch unfaßlich, Sir, daß uns Mack Rupper entwischen konnte. Ich glaubte schon, er sei durchlöchert wie ein Sieb. Aber wir fanden nirgends eine Blutspur.“
„Das alles ist es nicht, was mich so unsicher macht“, murmelte der Kommissar nach einer Weile. „Es ist vielmehr der Umstand, daß sich Mack Rupper tatsächlich in London aufhält. An diese Möglichkeit hätte ich nie geglaubt. Ich dachte immer, er sei längst außer Landes.“
„Haben Sie das Gefühl, daß Mack Rupper auch die Morde an unseren Kollegen auf dem Kerbholz hat?“, fragte Wachtmeister Swan gespannt.
Wieder konnte Kommissar Morry keine klare Auskunft geben. „Bisher dachte ich“, murmelte er gedehnt, „wir hätten es mit einem Mann zu tun, der die Flucht Mack Ruppers skrupellos ausnützte und in seiner Manier weitermordete. Mit einem Mann also, der uns absichtlich auf die Fährte Mack Ruppers lenken wollte. Aber diese Theorie erscheint mir nun auf einmal nicht mehr ganz hieb und stichfest. Wir müssen eben doch wieder mit Mack Rupper rechnen. Erst wenn dieser Teufel hinter Gittern sitzt, wissen wir zuverlässig, ob unsere Vermutungen stimmen oder nicht.“
Eine Weile war es still zwischen ihnen. Wachtmeister Swan las noch einmal die Zeitungen durch, die so wenig Erfreuliches zu melden wußten.
„Haben Sie noch Befehle für mich, Sir?“, fragte er dann. „Ich würde mich sonst über die alte Akte von Aaron & Goldsmith hermachen.“
„Warten Sie noch“, sagte Kommissar Morry rasch. „Wir wollen uns überlegen, wohin sich Made Rupper nach seiner geglückten Flucht wenden könnte. Denken Sie mal nach, Swan!“
Der Wachtmeister brauchte sich nicht lange zu besinnen. „Da sind zunächst seine Freunde, Sir, die noch immer wie festgeleimt in der Blauen Taverne hocken. Vielleicht wird er versuchen, mit ihnen Verbindung aufzunehmen. Es wäre aber auch möglich, daß er zu seiner früheren Freundin geht . . .“ „Genau meine Meinung“, nickte Kommissar Morry. „Die beiden Adressen sind äußerst wichtig für uns, Swan. Wir müssen sowohl die Blaue Taverne als auch das rote Backsteinhaus am Lofting Oval scharf im Auge behalten. Schlage vor, daß wir uns in die Arbeit teilen. Sie übernehmen Ruth Bonfields Blaue Taverne, ich selbst die Wohnung Maud Rubys. Einverstanden?“
„Einverstanden, Sir“, brummte Wachtmeister Swan gähnend. „Werde mir wohl wieder eine Nacht um die Ohren schlagen müssen. Na, der Dank des Vereinigten Königreiches ist uns gewiß.“
Am Abend begab sich Wachtmeister Swan pünktlich und zuverlässig in das gemütliche Lokal an der Hoxton Brücke. Er bestellte sich bei Ruth Bonfield persönlich ein großes Schnitzel und stärkte sich erst einmal für die kommenden Stunden. Dann trank er noch ein paar Gläser Bier und rauchte eine dicke Zigarre aus der Besucherkiste seines Vorgesetzten. Als er auch damit fertig war, ging er zu den ehemaligen Freunden Mack Ruppers hinüber. Zwei Stühle am Tisch waren leer. Bill Webster konnte nicht mehr kommen, weil ihn eine abgefeilte Patrone in den Tod gehetzt hatte. Frederick Lawes war an diesem Abend nicht erschienen. Anscheinend hatte er im Moment andere Sorgen.
„Ist es gestattet?", fragte Wachtmeister Swan höflich. Ohne eine Antwort abzuwarten, setzte er sich an die Stirnseite des Tisches. Amüsiert beobachtete er die finster blickenden Burschen. Schadenfroh belächelte er ihre verdrossenen Mienen.
„Na, was ist denn los mit
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