Der Schmerzsammler: Thriller (German Edition)
würde er sie irgendwann fangen, vorausgesetzt, er konnte sich in Geduld üben. Dass er sie zu seinem Haus führte, hieß, dass er untergetaucht war und vielleicht die Bühne für Jahre verlassen würde.
Soligs Stimme krächzte aus den Lautsprechern. »Wir habenalles abgesperrt. Im Haus scheint es ruhig zu sein. Wir fahren jetzt die Kameras rein.«
»Tun Sie das«, gab Kittner zurück. »Danke.«
»Er ist abgehauen«, sagte Fran.
»Davon können wir ausgehen. Schauen wir doch, was er uns zu sagen hat«, sagte Kittner und deutete auf mehrere Bildschirme.
Einer zeigte eine Außenansicht des Hauses. Ein ganz normales Einfamilienhaus mit Garten und Garage. Auf den anderen konnten sie jeweils die Perspektive einer ferngesteuerten Kamera sehen, die sich langsam durch die Räume vorarbeitete.
Solig meldete sich erneut. »Die Bombenjungs sind da. Sollen wir reingehen?«
»Nein«, antwortete Kittner. »Wir warten die Ergebnisse der Kameraobservation ab.«
Eine gute Entscheidung. Immer weiter schlängelten sich die ferngesteuerten Augen vor, durch einen Flur, der mit beigefarbenem fleckigem Teppich belegt war.
»Verdammt!«, rief Senior. »Das sind Blutspritzer.«
Sofort blieb die Kamera stehen und zoomte auf einen der Flecken. Rot, keine Frage. Blut? Vielleicht.
»Weiter«, rief Kittner.
Die Kamera schob sich durch eine Tür und ermöglichte den Blick in ein Zimmer, das wahrscheinlich das Wohnzimmer war. Die Kamera drehte sich, und alle stöhnten gleichzeitig auf. In einem Ohrensessel saß eine mit Klebeband gefesselte Frau, die aussah wie eine graue Mumie, sie blutete am Kopf, war geknebelt und atmete heftig durch die Nase.
Das war der Köder, schoss es Fran durch den Kopf. Nichts als ein verdammter Köder. Genau wie Bredows, den Kaldenbach mit einer kleinen Sprengladung hatte zerplatzen lassen.
Durch das einsetzende Geschrei und ihre Gedanken hindurch hörte sie ein »Ping«. Sie schaute auf den Monitor, ein Fenster hatte sich geöffnet, sie runzelte die Stirn. Ein Dossier des Staatsschutzes. Endlich funktionierten die Datenkanäle reibungslos. Aber dafür hatten erst viele Menschen sterben müssen.
Aus den Augenwinkeln sah sie die Silhouetten der Einsatzgruppe, die sich auf die Stürmung des Hauses vorbereitete.
Was hatte der Staatsschutz mit Kaldenbach zu tun? Sie las, und ihr Schrei übertönte alle: »Es ist eine Sprengfalle. Das ist sicher! Keiner geht rein!«
Sofort brachen die Männer den Einsatz ab, zogen sich blitzartig zurück.
Solig erschien im Blickfeld der Hauptkamera. Er schwitzte in seinem schweren Bombenschutzanzug. »Wir haben keinerlei Hinweise auf eine Bombe.«
Fran lachte kurz. »Ich dachte, Sie kennen sich aus, Solig. Die kann überall stecken. Im Boden. In der Wand. In den Möbeln. In der Frau! Kaldenbach ist bei der Bundeswehr ausgebildet worden.«
»Wir müssen die Frau da rausholen.«
Kittner griff sich das Mikrofon. »Solig! Sie bleiben gefälligst, wo Sie sind. Wir schicken erst die Roboter rein.«
Eine andere Stimme mischte sich ein. »Wir haben etwas.«
Auf dem Monitor erschien ein digitales Ziffernblatt. Wie in Zeitlupe zählten die Sekunden zurück. Noch sieben Minuten.
»Sieben Minuten reichen vollkommen aus«, rief Solig, setzte den Helm auf und stürzte los.
»Sie Idiot, bleiben Sie, wo Sie sind!«, bellte Kittner. »Das ist ein Ablenkungsmanöver! Sind Sie vollkommen durchgeknallt? Bleiben Sie stehen, das ist gottverdammt noch mal ein Befehl!«
Aber Solig stapfte weiter.
»Haltet den Wahnsinnigen auf!«, schrie Fran, aber es war zu spät.
Solig stürmte ins Haus, die Kameras erfassten ihn, wie er ins Wohnzimmer wankte, seine Helmkamera zeigte, wie er sein Messer zog, der Frau das Band vom Mund riss. Sofort drangen ihre schrillen Schreie aus den Lautsprechern, sie war nicht in der Lage, auch nur ein Wort zu artikulieren.
Fran wusste, was das hieß. Das Opfer stand unter massivem Schock, hatte jegliche Kontrolle verloren, Panik hatte sie voll und ganz erfasst.
Solig begann, die Fesseln zu durchtrennen. Die Augen der Frau weiteten sich. Kittner brüllte weiter, Solig solle da rauskommen, er fluchte gotteslästerlich, aber Solig ließ sich nicht beeindrucken, sondern redete beruhigend auf die Frau ein und schlitzte das Band mit unglaublicher Geschwindigkeit auf.
Fran biss sich auf die Unterlippe. »Hoffentlich habe ich mich getäuscht«, flüsterte sie.
Niemand erwiderte etwas.
Solig hatte den Oberkörper befreit, beugte sich zu den Beinen hinunter, Schnitt die
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