Der Schmerzsammler: Thriller (German Edition)
bekommen? Nein, Schwachsinn. Es spielte keine Rolle, warum Rüttgen hier war, er war die Rettung. Kaldenbach gab nicht auf, er hakelte mit den Füßen nach Rüttgens Kopf, erwischte ihn. Sie fielen auf die Seite, beide Gesichter zu ihr gewandt.
Da erkannte sie es: Friedrich von Solderwein war auch der Vater von Kaldenbach. So, wie Anne und sie sich kaum ähnelten, so war es auch bei Rüttgen und Kaldenbach, zumal sie andere Mütter hatten. Aber dennoch gab es Partien im Gesicht, die sie als Söhne desselben Mannes auszeichneten.
Kaldenbach versuchte aufzustehen, aber Rüttgen warf sich blitzschnell wieder auf ihn, packte ihn von hinten, umklammerte ihn. Patt.
»Wie, verdammt …«, knurrte Kaldenbach.
»Deine Mutter. Es gibt einen Eingang, den du nicht kennst. Über einen anderen Bunker. Da sind sie damals reingekommen. Der Zugang ist geschlossen worden, zugemauert, verputzt. Und er steht in keinem Register.«
»Verdammte Sentimentalitäten«, schrie Kaldenbach. Dann lachte er schallend. »Die Familie vereint, im Leben und im Tod.«
»Du hast meinen Vater umgebracht!«, brüllte Rüttgen. Er verpasste seinem Bruder eine Kopfnuss.
Der heulte auf, Blut quoll aus einer Platzwunde. »Ja, ich habe ihn ertränkt wie eine Katze, weil er es so wollte, weil er mit seiner Schuld nicht mehr leben konnte. Hast du eine Ahnung, was ich durchgemacht habe? Sie haben mich verstoßen, haben mich den Wölfen ausgeliefert.«
Rüttgen griff fester zu, Kaldenbach stöhnte. »Das ist kein Grund, wie eine Bestie wahllos Menschen zu töten. Mein Leben war auch kein Zuckerschlecken, ich musste mich befreien, ich habe mich befreit, aber ich habe für mein Elend niemand anderen leiden lassen. Du bist ein Nichts und wirst es immer sein. Und du hast mir meinen Vater genommen!« Rüttgen riss an Kaldenbachs Arm.
Trotz der Schmerzen, die Kaldenbach haben musste, redete er. »Er hat mich angebettelt, ich solle ihn töten, aber ich wollte ihn leiden lassen, wollte, dass er weiterlebt. Sein lächerlicher Versuch, sich die Pulsadern durchzuschneiden, hat mich angeekelt. Ich habe ihn an den Armen gepackt, ein wenig unter Wasser gedrückt, und auf einmal hat er sich gewehrt, gezappelt wie ein Aal. Er war im Leben feige gewesen und imTod ebenso. Also beschloss ich, ihn zu töten. Ich habe seinen Kopf gegen den Rand der Wanne geschlagen, er war sofort bewusstlos, und dann habe ich ihn ersäuft wie eine Katze. Es war ein Fest!«
Rüttgen packte mit den Zähnen ein Ohr und riss es ab. Kaldenbach brüllte wie ein Vieh, Rüttgen brüllte lauter. »Jetzt spürst du, wie das ist, wie es sich anfühlt, Schmerzen zu haben, richtige Schmerzen, du Stück Dreck!«
Rüttgen riss Kaldenbachs Kopf herum und schlug ihn auf den Boden. Kaldenbach erschlaffte, Rüttgen riss ein Messer aus der Tasche, ließ es aufspringen und zog es sich durch sein Hemd hindurch von der Ellenbeuge bis zum Handgelenk. Blut quoll hervor, und jetzt begriff Fran, was Rüttgen vorhatte. Er begann in einer fremdartigen Sprache zu murmeln, die Fran nur zu gut kannte: Henochisch. Er sagte den achtzehnten Henochischen Schlüssel auf, er vollzog ein großes Ritual mit Menschenopfer. Um Satan herbeizurufen?
Fran sprang der Countdown in die Augen. Vier Minuten und dreißig Sekunden. Sie wollte keines dieses Opfer werden. »Rüttgen! Die Uhr. Bei null geht hier alles in die Luft. Nur er kennt den Code.«
Rüttgen hörte nicht. Kaldenbach wachte auf, zappelte, schrie, aber Rüttgen interessierte sich nicht für den Code und nicht für die Bombe. Er biss Kaldenbach das andere Ohr ab.
»Herr im Himmel«, flüsterte Fran. »Ich bin wahrhaftig in der Hölle gelandet. Hilf mir!«
Endlich bekam sie den Knoten zu fassen, er löste sich, sie sprang auf, hechtete zum Foltertisch, riss Anne den Knebel aus dem Mund. Ein langgezogener Schrei entfuhr ihrer Kehle. Vier Minuten.
»Der Code, Kaldenbach, der Code!«, schrie sie.
Aber Kaldenbach konnte sie nicht hören, Rüttgen biss immer wieder zu, in den Hals, in den Kopf, wie ein wildes Tier, er mischte sein Blut mit dem seines Bruders, dann hielt er inne, verzog das blutverschmierte Gesicht. »Hauen Sie endlich ab, nehmen Sie Ihre Schwester mit, ich habe keine Angst, ich stehe bald meinem Herrn und Meister gegenüber, er soll über mich richten, denn ich bin nicht wert, weiterzuleben, bin nicht wert, Luzifer zu rufen.« Seine Augen weiteten sich. »Ich habe Johanna in meiner Raserei getötet und Marvin befohlen, sich vom Turm zu stürzen. Ich bin
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