Der Schmetterlingsthron
Art Ungeheuer. Meine Bediensteten bringen mir Nachrichten aus aller Welt, und ich bin zufrieden hier. Nun setzt Euch neben mich auf diesen Diwan und erzählt mir etwas, wie versprochen.« Sie füllte noch einmal die Kelche. »Zum Beispiel von der Katastrophe, die Euer König Filoman heraufbeschwor, indem er einen Geist als Minister einsetzte. Von so etwas habe ich noch nie gehört.«
»Das geschah zu Anfang seiner Herrschaft«, hob Jorian an, »als er einen neuen Minister gewinnen musste, weil der alte gestorben war. Er hatte zwar schon einige Jahre recht gut regiert, aber es machte ihm zu schaffen, dass einige Kortolianer noch immer lasterhaft und kriminell waren. Um dieser Situation abzuhelfen, beschloss er, den weisesten Mann der Zwölf Städte zu gewinnen.
Aber der Philosoph Traidar, den er für den geeigneten Mann hielt, war gerade gestorben. Als Filoman davon erfuhr, weinte er frustriert. Aber sein Kammerherr meinte, er brauche die Hoffnung noch nicht aufzustecken. Es gebe in den südlichen Bergen eine Hexe, Gloé geheißen, die eine Zauberin von gutem Rufe sei, obwohl sie von Filomans Behörden bisher keine richtige Lizenz bekommen habe. Da Traidar gerade erst verstorben war, mochte sein Geist noch nicht in die nächste Inkarnation vorgedrungen sein, so dass Gloé ihn vielleicht noch rufen könnte, damit er dem König helfe.
Filoman ließ also Gloé nach Kortoli kommen und versprach ihr Immunität. Gloé verbrannte Pülverchen und rührte in ihrem Kessel herum, und geheimnisvolle Schatten erschienen, und der Palast erbebte, und dem König wurde sehr kalt. Im Drudenfuß stand plötzlich der Geist Traidars des Philosophen.
›Warum stört Ihr mich?‹ fragte der Geist mit der dünnen, schrillen Stimme seiner Art. ›Ich studierte gerade eine Abhandlung über die Logik in der Bibliothek des Großen Bastards in Othomae, als ich gerufen wurde.‹
Nun, Gloé erklärte dem Geist König Filomans Absichten. Der Geist sagte: ›Minister, soso? Also, das ist etwas anderes. Ich habe mein ganzes Leben lang nach einem Herrscher gesucht, der meine Ratschläge beherzigen und sein Reich nach den Gesetzen der Logik führen wollte – aber ich habe keinen gefunden. Mit Freuden nehme ich Euer Angebot an. Welches ist das erste Problem, das ich für Euch lösen soll?‹
›Ich möchte so schnell wie möglich bei den Kortolianern mit Verbrechen und Lastern aller Art aufräumen‹, sagte der König und beschrieb die Zustände im Königreich.
›Also … ä-hem … ä-hem! Ich habe da eine Theorie über das Verbrechen‹, sprach der Geist. ›Es will mir scheinen, dass die Verbrecher durch Bedürfnisse zu ihren Untaten getrieben werden. Männer stehlen, um dem Hunger abzuhelfen. Männer vergewaltigen, weil sie zu arm sind, um sich auf gesetzmäßigem Wege eine Frau anzuschaffen oder die finanziellen Forderungen der … äh … Freudenmädchen zu erfüllen. Entfernt man die Ursachen – nämlich das Bedürfnis – ist es sofort aus mit dem Verbrechertum. Ich frage mich, warum nicht längst jemand auf eine so einfache Lösung gekommen ist.‹
›Aber wie soll ich ihre Bedürfnisse beseitigen?‹ fragte der König.
›Ganz einfach: Gebt jedem verurteilten Verbrecher eine bescheidene, aber ausreichende Rente und lasst ihn wieder frei. Das ist doch logisch, oder nicht?‹
Der König sah das ein und ließ den Geist von Gloé zurückschicken. Dann gab er Anweisung, dass Verbrecher künftig nicht bestraft, sondern auf Rente gesetzt werden sollten. Das geschah.
Dieser Rentenplan jedoch brachte unerwartete Ergebnisse. Gewiss, einige Rentner ließen sich bekehren, und zwei oder drei wurden sogar zum Aushängeschild für den Staat. Eine größere Anzahl jedoch tat nichts Gutes, aber auch nichts Schlechtes, sondern überhaupt nichts mehr. Sie bummelten nur noch herum und amüsierten sich auf mehr oder weniger harmlose Weise. Was den guten König Filoman jedoch sehr erstaunte, war die Tatsache, dass viele von ihrer Verbrecherkarriere nicht abrückten, obwohl sie doch als Rentenempfänger nicht mehr zu stehlen oder zu rauben brauchten.
Außerdem nahmen die Verbrechen eher noch zu, als es sich herumsprach, dass man am ehesten zu einer regelmäßigen Zuwendung aus der Schatzkammer kam, wenn man sich verurteilen ließ. Man stahl und vergewaltigte überall im Lande und gab sich keine Mühe, den Häschern zu entgehen. Manchmal wurden sogar Verbrechen vorgetäuscht, nur um auf die Rentenliste zu kommen.
Als sich Filoman bei einer
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