Der Schmetterlingsthron
Menschenkopf, sondern ein Tigerkopf war … Goanias Warnung …
»Wehr dich nicht«, sagte Karadur. »Das macht sie nur noch wilder …«
»Was haben sie mit uns vor?« fragte Jorian.
»Woher soll ich das wissen? Ich verstehe ihre Sprache auch nicht.«
»Kannst du sie nicht verhexen?«
»Nicht solange ich gefesselt bin.«
»Tvasha hat mir gesagt, sie stehen unter Murugongs Schutz.«
»O weh! Dann fürchte ich das Schlimmste …«
In diesem Augenblick wurde Jorian auf die Beine gestellt und durch die überwachsenen Gassen Culbagarhs geschleppt. Ein paar andere von den Affenmenschen trugen Karadur.
Die Prozession endete vor einigen größeren Steinen – ein einfacher Block vor einem großen Podest mit einer verwitterten Skulptur, an der kaum noch Einzelheiten zu erkennen waren. Offenbar handelte es sich um eine sitzende Menschengestalt, doch auch Arme und Beine waren kaum noch auszumachen.
»Das muss die Statue Murugongs sein, von der du mir erzählt hast«, sagte Jorian.
»O weh, ich fürchte, du hast recht. Tut mir leid, dass ich dies alles über dich gebracht habe!«
In diesem Augenblick erschien ein Affenmensch und schwang ein rostiges Messer in der Hand – der einzige Metallgegenstand, der zu sehen war; ansonsten waren die Wesen mit Waffen aus Holz, Knochen oder Stein ausgerüstet. Der Affenmensch wetzte das Messer am Altar.
»Gib dir nicht die Schuld, Doktor«, sagte Jorian. »Wenn sie uns fesseln und eine Weile allein lassen würden, könnte ich vielleicht etwas tun …«
Aber die Affenmenschen hatten offenbar nicht die Absicht, ihre Gefangenen zu fesseln; sie hielten sie fest.
Endlich war das Wesen mit dem Messerwetzen fertig. Jorian wurde zum Altar geschleppt und auf die Steinfläche gelegt. Das Messer stieg in die Höhe, und Jorian verstand das Wort »Murugong«.
Dann zuckte die Klinge herab, schnitt durch Jorians Tunika, wurde aber von dem Kettenhemd darunter gestoppt. Mit gutturalem Ausruf beugten sich der Opferdiener und die anderen Affenwesen vor und machten Anstalten, Jorian das schützende Wams auszuziehen. Während sie noch stritten und sich gegenseitig behinderten, kam es hinter ihnen zu einer Auseinandersetzung. Bald riefen alle Affenmenschen laut durcheinander.
Nach einigen Augenblicken erstarb der Lärm. Die Wesen, die Jorian festhielten, richteten ihn auf, und er sah sich einem besonders hässlichen Exemplar gegenüber, das einen dicken, behaarten Zeigefinger auf ihn richtete.
»Du Jorian?« fragte es in kaum verständlichem Novarisch.
»Aye! Wer bist du?«
»Ich Zor. Du weißt noch, du mir Leben gerettet.«
»Bei Zimbals bronzenem Skrotum!« rief Jorian. »Natürlich! O Zor! Sag mir nur nicht, dass du nach deiner Flucht aus dem Käfig den ganzen Weg nach Komilakh gelaufen bist.«
»Ich stark. Ich laufen.«
»Wie gut für dich! Wie ist es dir ergangen?«
»Mir gut ergangen. Ich Häuptling.«
»Und was ist nun mit uns?«
»Du hilfst mir, ich helfe dir. Wohin du gehen?«
»Wir möchten nach Halgir, um den Sund zu überqueren.«
»Du gehst.«
Zor stieß die Affenmenschen zur Seite, die Jorian hielten, und umarmte Jorian heftig, der sich vor Schmerzen krümmte. Dann schwenkte der Häuptling den Arm und hielt seinen Stammesgenossen eine kurze, unverständliche Rede. Offenbar ging es dabei um Jorians neuen Status als Freund des Anführers.
»Was ist mit meinem Freund?« fragte Jorian.
»Du gehst, er bleibt. Er hilft uns nicht. Wir ihn töten.«
»Entweder lässt du uns beide frei – oder keinen.«
Zor runzelte die Stirn. »Weshalb du das sagen?«
»Er ist mein Freund. Du würdest doch für einen Freund dasselbe tun, nicht?«
Zor kratzte sich am Kopf. »Du sprechen gut. Also gut, er auch gehen.«
Am nächsten Tag ritten sie nordöstlich des Shrindola über Land, in Begleitung einer Gruppe Affenmenschen, die ihnen den Weg zeigen und Nahrung für sie suchen sollten.
Karadur sagte: »Wenn ich dich je kritisiert habe, mein Sohn, erflehe ich nun untertänigst deine Vergebung.«
»Warum das, Doktor?« fragte Jorian.
»Du hast dich in große Gefahr begeben, doch noch getötet zu werden – auf besonders schmerzhafte Weise –, nur um mich nicht zurückzulassen.«
»Ach Unsinn, das ist mir nur so herausgerutscht. Bei vernünftigem Nachdenken hätte ich sicher nicht den Mut aufgebracht. Dabei hatte ich solche Angst vor dem Messer … oh, ich soll ja nicht von meinen Ängsten sprechen.«
»Hast du unseren neuen Gott mitgenommen?«
»Ja, er steckt im Gepäck, obwohl
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