Der Schneesturm
»Vielen Dank fürs Obdach«, sagte er und neigte den Kopf ein wenig.
»Gern geschehen«, sagte die Müllerin, stand auf und verbeugte sich ihrerseits.
Der Doktor ging zur Garderobe, Awdotja half ihm nicht sehr geschickt in den Parka. Die Müllerin kam und blieb, die Arme verschränkt, neben ihm stehen.
»Leben Sie wohl«, sagte der Doktor und nickte ihr zu, während er die Fuchsschwanzmütze aufsetzte.
»Auf Wiedersehen«, antwortete die Müllerin und neigte den Kopf.
Er ging nach draußen. Das Mobil stand bereit. Der Krächz saß auf dem Bock, die Zügel in Händen. Das Scheunentor stand weit offen, drinnen hantierte jemand.
Der Doktor sah zum Himmel. Er war von Wolken verhangen. Es war windig, schneite jedoch nicht.
»Na, ein Glück …« Der Doktor zündete sich eine Zigarette an und machte es sich bequem.
Der Krächz wartete, bis das Bärenfell gerichtet und zugeknöpft war, dann schnalzte er laut und riss an den Zügeln.
Aus der geschlossenen Kaube erscholl das dem Doktor nun schon vertraute Schnauben und Scharren kleiner Hufe. Das Mobil fuhr an. Der Krächz griff zum Lenkscheit.
»Den Weg kennst du?«, fragte der Doktor, genüsslich den belebenden Rauch einziehend.
»Hier gibts nur die eine Straße.«
Das Mobil glitt mit knirschenden Kufen vom Hof.
»Wie viel haben wir noch vor uns?«, versuchte der Doktor sich zu erinnern.
»An die neun Werst. Erst gehts durch Nowy Les, dann kommt Stary Possad und dann freies Feld. Da fährt sichs kinderleicht.«
»Gute Reise!«, ertönte hinter ihnen die bekannte Stimme.
Die Müllerin stand auf den Stufen vor dem Haus.
Der Doktor nickte wortlos, was durch den wippenden Fuchsschwanz albern aussehen musste. An seiner Statt lächelte der Fuhrmann.
»Adschöh, Markowna!«, rief er und schwenkte den Handschuh.
Die Müllerin blickte ihnen mit halb gesenktem Kopf hinterher.
Trotz allem eine interessante Frau, dachte der Doktor. Wie schnell das alles ging … Aber ich hab es doch gewollt, oder? Hab ich. Ich bereue nichts …
»Eine gute Frau, die Müllersche«, sagte der Krächz immer noch lächelnd.
Der Doktor nickte nur.
»Da hat der Müller ein Schwein gehabt«, meinte der Krächz und schob sich die Mütze aus der Stirn, wie es seine Art war. »Dem Glücklichen legt auch der Hahn ein Ei, wies heißt. So geht das zu, der Herr: Der eine issn lieber guter Kerl und hat Pech bei den Frauen. Der andere issn Säufer und Kläffer – mit nem Goldstück von Weib!«
»Und wie ist dieser Säufer zu seiner Mühle gekommen?«
»Genauso durch Glück.«
»Ist sie ihm vom Himmel vor die Füße gefallen, oder wie?«
»Das grad nich, aber sein werter Herr Papa, auch son Winzling, hat Pachteinnahmen zurückgelegt und sich die Mühle von gekauft. Und den Sohnemann reingesetzt. So läuft das.«
Der Doktor wusste nicht, was er dazu sagen sollte, und sowieso hatte er so früh am Morgen wenig Lust auf ein Gespräch mit dem Fuhrmann.
»Die Müllersche führt den Haushalt und die Geschäfte, und er kläfft nur.«
»Von mir aus«, beendete der Doktor das Gespräch.
Sie kamen an den zwei Weiden und dem Heuschobervorbei und waren kurz darauf wieder an dem Ufer, wo sie tags zuvor hinter dem lahmenden Mobil einhergelaufen waren. Die Fahrt ging gut und mühelos voran, der lockere, frisch gefallene Schnee knisterte leise unter den Kufen. Bald tauchte die Brücke wieder auf. Der Krächz kehrte nach links auf die Straße ein. Sie war zugeweht, aber gut zu erkennen.
»Da schau, nach uns iss keiner mehr durchgekomm!«, sagte der Krächz, auf die Straße deutend. »Alle haben sie sich vor dem Sturm verkrochen!«
»Vielleicht hat es die Spuren auch schon wieder verweht.«
»Sieht nich danach aus.«
Munter glitt das Mobil die Straße entlang. Zu beiden Seiten Büsche und immer nur Büsche. Der Wind kam von hinten, schob das Mobil.
Silberstein wird auf mich fluchen. Aber was hätte ich tun sollen? Nicht mal Telefon haben sie hier. Funktioniert im Winter nicht – na prima! Der helle Wahnsinn. Neun Werst noch, oder jetzt nur noch acht. Ein Katzensprung … Dann fang ich gleich an mit dem Impfen. Das bisschen Verzug macht gar nichts …
Vor ihnen tauchte ein Birkenwäldchen auf.
»Bisschen flotter, he-e!«, rief der Krächz, schnalzte und pfiff. »He-hopp! He-hopp!«
Die Pferdchen legten bereitwillig an Tempo zu.
In vollem Galopp fuhren sie in das Wäldchen ein. Birkenstämme säumten die Straße.
»Hübsches Wäldchen!«, brummte der Doktor.
»Hä?«, drehte der Krächz sich zu
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