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Der Schneesturm

Der Schneesturm

Titel: Der Schneesturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vladimir Sorokin
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seinen Platz und verließ eilig den Stall, schloss ihn ab und barg den Schlüssel an seiner Brust, dann watschelte er krummbeinig um den Pferdestall herum und klappte die Kaube des Mobils auf. Die Pferde, eingeübt, hatten sich schon an ihre Plätze verteilt und erwarteten das Kummet. Fünf Holme zu je zehn Pferden waren unter der Kaube. Zügig schirrte der Krächz die Pferde ein, stieß die kleinen Köpfe in die Kummete, was sie gehorsam über sich ergehen ließen, nur zwei Braune hatten wie üblich Zwist miteinander und störten die Ordnung am dritten Holm.
    »Gleich schmeckt ihr die Knute, Galgenstricke, passt mal auf!«, mahnte der Krächz.
    Die zuerst angespannten zehn Falben, gut im Futter stehende Führungspferde, trommelten scheppernd mit den Hufen gegen die Rippen des vereisten Laufs; die Goldfüchse am dritten Holm streckten dem Hausherrn ergeben die Köpfe mit der üppigen Mähne hin, damit er sie ins Kummet zwängte; die Braunen gaben sich der Würde ihrer höheren Rasse bewusst und spielten mit den Ohren, die Grauen käuten ungerührt, die schwarzbraunen Füchse schnaubten und nickten, die Apfelschimmel tänzelten ungeduldig, und der stürmische Rotschimmel wieherte unentwegt und ließ sein junges Gebiss dabei sehen.
    »Das hätten wir«, sagte der Krächz und setzte den hölzernen Zapfbaum auf, der die Pferde in ihren Positionen hielt, langte nach dem Fässchen mit der Wagenschmiere und schmierte die beiden Lauflager, fuhr in die Handschuhe, ergriff die Peitsche und ging den Doktor holen.
    Der stand immer noch auf der Vortreppe und rauchte gerade die zweite Papirossa zu Ende.
    »Wir können, der Herr«, meldete der Krächz.
    »Na Gott sei Dank«, brummte der Doktor und schleuderte missmutig die Kippe in den Schnee. »Nichts wie los!«
    Der Krächz nahm dem Doktor eine der Reisetaschenab, und sie gingen durch das Vorhaus nach hinten auf den Hof und zum Mobil. Zuvorkommend schlug der Kutscher das Bärenfell zurück, der Doktor nahm Platz. Während der Krächz die Taschen auf dem Bock verstaute, galt das Interesse des Fahrgasts den Pferden. Bisher waren ihm Kleinpferde nur selten unter die Augen gekommen, geschweige dass er mit ihnen gereist war. Mit der gebremsten Neugier, zu welcher er nach der langen Wartezeit noch fähig war, betrachtete er sie, wie sie an den fünf Holmen in der Kaube standen und auf der gerippten Lauffläche von einem Bein auf das andere traten.
    Sind so kleine Wesen – und doch imstande, uns aus unüberwindbar scheinenden Fährnissen herauszuhelfen!, dachte er. Was finge ich an ohne diese Winzlinge? Sie sind nun meine einzige Hoffnung, so seltsam es ist. Sonst ist da keiner mehr, der mich in dieses Dolgoje brächte …
    Er gedachte der zwei gewöhnlichen Pferde, mit deren Hilfe er vor dreieinhalb Stunden im vermaledeiten Dolbeschino gelandet war, die sich im Schneesturm völlig verausgabt hatten und jetzt im Stall der Poststation standen und vermutlich gerade etwas mampften.
    Je größer ein Tier, desto empfindlicher in diesen unseren Breiten. Und erst der Mensch, hach! …
    Der Doktor streckte den Arm, spreizte die behandschuhten Finger und berührte die Kruppen der zwei Braunen am letzten Holm. Gleichmütig äugten die Pferde zu ihm her.
    Der Krächz kam und setzte sich neben den Doktor, zurrte die Bärenhaut fest, ergriff das Lenkscheit und schwang die Peitsche.
    »Auf gehts, mit Gott … Hü-üh!«
    Er schnalzte mit der Zunge. Die Pferdchen legten sich ins Geschirr, begannen die Beine zu werfen, der Laufruckte knarrend an und begann sich unter ihnen hindurchzubewegen.
    »Hü-üh! Hü-üh!«, rief der Krächz und wirbelte über ihnen die Peitsche.
    An den kleinen Kruppen sah man die Muskeln spielen, die Kummete knarrten, die Hufe schurrten über den Lauf, und der glitt unter ihnen dahin, geschwind und immer geschwinder. Das Mobil hatte sich in Bewegung gesetzt, der Schnee knirschte unter den Kufen.
    Der Krächz schob die Peitsche in ein Futteral und schwenkte das Lenkscheit. Das Mobil fuhr vom Hof. Es gab kein Tor, nur zwei schiefe Säulen, zwischen denen das Mobil hindurchfuhr. Der Krächz lenkte es auf die Landstraße zu, schnalzte.
    »Schon kommt die Sache ins Rolln!«, rief er und zwinkerte dem Doktor zu.
    Der klappte befriedigt den Biberlammkragen seines Parkas hoch, schob die Hände unter das Bärenfell. Auf der Straße ging es flott voran. Sie fuhren auf eine Gabelung zu: Links ging es ins entlegene Saprudny, rechts nach Dolgoje. Das Mobil hielt sich rechts. Die Straße

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