daß ich zufällig dabei war. Auch der chinesische Boy war dabei, aber dem machte es genauso wenig Eindruck wie alles andere. Er wartete ruhig ab, bis er Matuschka seine Pfannkuchen würde servieren können, und hielt sie unterdessen in einer schmutzigen Serviette warm.»
«Wie lang blieben sie auf dem Boden liegen?»
«Nun, Elisalex fing einen Blick von mir auf und bemerkte, daß ich nur mühsam das Lachen verbiß. Da mußte auch sie das Lachen verbeißen, aber es gelang nicht. Und während wir beinahe platzten, sprangen die Russen auf, Patuschka küßte unsere Hände und benahm sich, als hätten wir ihm das Leben geschenkt. Seit ich denken kann, habe ich nichts so Komisches gesehen. Aber nachher bekam ich es von Matuschka, weil ich gelacht hatte, als alle zähneklappernd auf dem Boden lagen.»
In diesem Augenblick wurde unser Gespräch unterbrochen: Onkel Podgers Abendessen erschien, ein Schüsselchen Reis mit Leber. Onkel Podger ist keineswegs dankbar für das, was er bekommt. Er will geradezu gebeten werden, sein Souper zu verzehren, als erweise er der Menschheit damit eine besondere Ehre. Kuniang mußte niederknien und den Reis umrühren, ehe er sich herbeiließ, ihn anzusehen.
2
Als wir mit dem Abendessen fertig waren, machte Kuniang einen unerwarteten Vorschlag. Sie fragte, ob ich ihr Zimmer sehen wolle.
«Mit Vergnügen. Aber ich kenne das Zimmer ganz genau — außer du hast Veränderungen vorgenommen.»
«Der Boden ist jetzt mit japanischen Matten bedeckt. Es sieht bei weitem hübscher aus; man muß zwar auf den Matten sitzen, aber das macht nichts. Das Geld dazu hat .mir Papa geschenkt. Eigentlich hätte ich mir Kleider dafür kaufen sollen, aber als ich die Rechnung für das Zimmer bekam, blieben mir bloß zwölf Dollar. So konnte ich mir nur mehr einen japanischen Kimono leisten: einen kurzen, der ohne Obi getragen wird. Ich wollte dieses Kleid wirklich nicht wieder anziehen, aber jetzt mußte ich es doch hervorholen. Es ist so eng, daß ich kaum hineinkomme; wenn ich es ausziehen will, muß ich die Mutter des kleinen Lu rufen.»
«Was wird dein Vater dazu sagen, wenn er erfährt, daß du dein ganzes Geld ausgegeben hast, um schöne japanische Matten für mein Haus zu kaufen?»
«Armer Papa! Er ist Dummheiten von mir gewöhnt. Aber um keinen Preis darf er sich aufregen. Mein Zimmer ist jetzt viel hübscher. Nur muß ich dazusehen, daß ich noch eine Zeitlang ohne neue Kleider auskomme. Am ärgsten ist es mit der Wäsche. Ich habe nicht ein Nachthemd mehr und schlafe in der bloßen Haut. Ein komisches Gefühl, bis man sich daran gewöhnt hat. Tagsüber trage ich ein paar alte seidene Unterkleider, die ich vor zwei Jahren bekam. Damals nannte sie die Verkäuferin
. Heute müßte man sie wohl anders nennen!»
Das also war der Grund, warum Kuniang so abgetragene und Kleider trug! Sie brauchte einen Menschen, der sich um sie kümmerte. Die Russen und ich — wir hatten anscheinend bisher versagt.
Ich nahm Kuniangs Einladung an, mir die Verschönerungen in ihrem Zimmer anzusehen, und wir gingen miteinander über die Höfe — im Laufschritt, wegen der Kälte. Nur eine Ecke des Pavillons war in japanischem Stil eingerichtet. Sechs gepolsterte Matten, von einem leichten Holzrahmen zusammengehalten, bedeckten den Boden. An der Wand standen zwei winzige Bücherschränke, auf den Matten standen zwei große Vasen: die eine enthielt lange Gräser, die andere eine Lampe mit Schirm. An den Wänden hingen auf Seide gemalte Bilder: sie stellten Vögel dar.
Ich verstand, daß Kuniang gerade diesen Stil gewählt hatte. In einem japanischen Haus braucht man nur die Matten aufzulegen, und die Zimmer sind gebrauchsfertig eingerichtet. Man muß weder Sofas, noch Sessel, noch Tische kaufen. Der billige, altmodische Möbelkram, der aus Signor Cantes Wohnung herübergeschafft und zu Kuniangs Gebrauch in meiner Rumpelkammer aufgestellt worden war, schien nicht dazu angetan, ein «Heim» zu schmücken. Ich bewunderte den Geschmack, mit dem sie um wenig Geld ihre Umgebung verschönert hatte. Das Zimmerchen bot vielleicht Leuten, die nicht gewohnt waren, auf dem Boden zu sitzen, wenig Bequemlichkeiten, aber es war reizend.
Die jenseitige Hälfte des Pavillons hatte sich nicht verändert und konnte mit einem Vorhang abgeteilt werden. Kuniangs Bett war mit einer grünen Damastdecke zugedeckt, blaue und grüne Polster lagen darauf. Der neue japanische Kimono hing deutlich