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Der Schneider himmlischer Hosen

Der Schneider himmlischer Hosen

Titel: Der Schneider himmlischer Hosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniele Varè
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geschlossen war. Sie gehört nämlich zu jenen chinesischen Türen, die das französische Sprichwort: «Il faut qu’une porte soit ouverte ou fermée» Lügen strafen. Diese Türen sind weder richtig geschlossen noch richtig offen. Mit einem leichten Stoß konnte Podger mühelos hinein und heraus.
    Unterdessen war er in der Dunkelheit drinnen verschwunden, und ich wollte eben die Tür hinter ihm schließen, als ich ein Geräusch hörte, das mich stillhalten und aufhorchen ließ. Der Vorhang vor Kuniangs Schlafzimmer war zugezogen, so daß ich nicht hineinsehen konnte. Aber ich erkannte das Geräusch: Kuniang schluchzte.
    Ich ging hinein und schob den Vorhang beiseite. Neben dem Bett brannte eine Leselampe. Kuniang sah auf, als ich eintrat. Ihre Augen waren rotgeweint. Ich kniete nieder und nahm sie in die Arme.
    «Was hast du, Liebling?» fragte ich.
    «Der Traum — Pauls Traum. Ich halte das Alleinsein nicht aus.»
    «Immer dieselbe Szene im Hof?»
    «Ja. Und manchmal nur das Kreuz, das Alexanderkreuz. Es liegt auf dem Boden, im Schatten, aber es glüht wie etwas Lebendiges, und rote Tropfen sind darauf. Sicher sind es Blutstropfen.»
    Sie lag unbeweglich in meinen Armen, und ich küßte und beruhigte sie.
    «Mein armer Liebling», sagte ich. «Versprich mir, daß du nicht weinen wirst, wenn ich jetzt aus dem Zimmer gehe. Ich will nur etwas holen und bin in einer Sekunde wieder zurück.»
    «Du kommst bestimmt zurück?»
    «Ganz bestimmt.»
    Ich lief ins Arbeitszimmer, öffnete die Truhe aus Kampferholz und entnahm ihr die wattierte rosafarbene Seidendecke, in der ich Kuniang vor etwa einem Jahr in ihr Zimmer zurückgetragen hatte.
    «Was bezweckst du damit?» fragte sie, als sie mich kommen sah.
    «Dich einzuwickeln», erwiderte ich. Und ich stellte mich neben das Bett und hielt ihr die Decke hin wie ein Badetuch für jemanden, der aus der Wanne steigt.
    «Wohin willst du?»
    «Nur über den Hof in mein Zimmer.»
    Ihre Augen weiteten sich, und der Halbmond auf ihrer Stirne leuchtete auf und verblaßte. Dann schlug sie die Bettdecke zurück und stellte sich hin, daß ich sie in die Seide wickeln und aufheben konnte. Sie legte die Arme um meinen Hals und ließ einen leisen Seufzer der Befriedigung hören.
    «Ich habe immer gefunden, daß es viel lustiger ist, Konkubine zu sein», sagte sie.
     
     
     

Eine Geschichte, die nicht erzählt wird
     

1
     
    Nach den Gesetzen der meisten Staaten wird eine im Ausland geschlossene Ehe als gültig angesehen, wenn man bei der Trauung die landesüblichen Sitten befolgt. Es genügt demnach, sich nach der lex loci zu richten. Allerdings kennt dieser juristische Usus zahlreiche Ausnahmen.
    Ich fragte den englischen Konsul, ob die Ehe zwischen mir und Kuniang gültig wäre, wenn wir nach chinesischem Ritus heirateten. Nachdem er sein Erstaunen überwunden hatte, sagte er, daß eine solche Trauung wohl kaum Rechtskraft besäße, weil in den meisten Provinzen Chinas kein Hindernis bestehe, die diesbezüglichen Vorschriften unserer Heimat zu befolgen. Die lex loci gelte nur für zwingende Fälle. Der italienische Konsul vertrat die gleiche Meinung und meinte, wir könnten uns in der Kirche oder auf dem Konsulat trauen lassen. Eheschließungen, die nicht auf dem Konsulat erfolgten, würden in einem eigenen Register vermerkt und die entsprechenden Akten kopiert, damit man sie dann nach Italien schicken könne. Diese Akten sähen ganz verschieden aus, je nach der Religion der Eheschließungen und dem Ort, an dem die Trauung stattfände. Eine Eheschließung unter ungewöhnlichen Umständen sei nur insolange gültig, als niemand ihre Gültigkeit anfechte ; darum ließe sich auch eine chinesische Trauung legalisieren, wenn man sie nachher entsprechend registrierte; habe aber irgend jemand .Interesse an ihrer Ungültigkeit, so könne er sie anfechten, und zwar möglicherweise sogar mit Erfolg.
    Meine Erkundigungen entsprangen dem Wunsch, eine Zeremonie zu vermeiden, die Kuniangs latenten Schrecken neu beleben könnte. Aber es ging ihr schon besser ; sie besprach bereitwillig die Angelegenheit mit mir und brachte es sogar zuwege, darüber zu lachen, daß ich unsere Beziehungen durch eine chinesische Hochzeit legitimieren wollte.
    Ich las ihr Schilderungen chinesischer Hochzeitsfeierlichkeiten vor, die ich seinerzeit zur Beschreibung von Sitten und Gebräuchen zusammengestellt hatte.
     
    «Die Braut trifft in einer Sänfte vor dem Haus des Bräutigams ein; sie ist rot gekleidet und

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