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Der Schneider

Der Schneider

Titel: Der Schneider Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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Yankee-Freunde ist der Kanal schon lange gestorben. Es würde mich nicht überraschen, wenn es welche gäbe, die das Scheißding am liebsten in die Luft sprengen würden. Was brauchen die überhaupt einen leistungsfähigen Kanal? Die haben schließlich ihre schnelle Güterzugstrecke von San Diego nach New York. Ihren trockenen Kanal , wie sie gern sagen, der von anständigen schwachsinnigen Amerikanern und nicht von einem Haufen Latinos geführt wird. Soll der Rest der Welt doch sehen, wo er bleibt. Der Kanal ist bloß noch ein veraltetes Symbol. Sollen die anderen damit fertigwerden – Ihre dummen Sprüche können Sie sich sparen, Sie dösiger Sauerkrautfresser«, fuhr er Henk den verschlafenen Holländer an, der es gewagt hatte, seine Weisheit in Zweifel zu ziehen.
    Doch woanders am Tisch hoben sich Köpfe, wandten sich verwirrte Gesichter der fragwürdigen Sonne Jonah zu. Und Mr. Blüthner, begierig, nichts von dem köstlichen Schlagabtausch zu verpassen, hatte sich halb von seinem Stuhl erhoben und weit über den Tisch gebeugt, um nur ja jedes Wort von Jonah mitzubekommen. Unterdessen wies der wandernde Weise jede Kritik zurück:
    »Nein, ich ziehe mir das nicht aus dem Hintern, Sie irischer Pfeifenkopf, ich rede von Öl , von japanischem Öl. Öl, das einmal schwer war und jetzt leicht gemacht worden ist. Ich rede von der Weltherrschaft der Gelben, vom Ende der Scheißzivilisation, wie wir sie kennen, auch auf Ihrer bescheuerten grünen Insel.«
    Ein Witzbold fragte, ob Jonah damit sagen wolle, die Japaner hätten vor, den Kanal mit Öl zu fluten, aber diese Bemerkung wurde überhört.
    »Die Japaner, meine lieben Freunde, haben schon nach Schweröl gebohrt, als sie noch gar nicht wußten, was sie mit dem Zeug anfangen sollten. Sie haben im ganzen Land riesige Lagertanks damit gefüllt, und gleichzeitig haben ihre besten Wissenschaftler Tag und Nacht nach der Scheißformel gesucht, mit der sie es aufspalten können. Und jetzt haben sie sie gefunden, also seht euch vor. Ich kann euch nur raten, rafft alles zusammen, was ihr noch habt und falls ihr’s noch finden könnt, und dreht eure Ärsche zur aufgehenden Sonne, bevor ihr euch von all dem verabschieden müßt. Denn die Japaner haben ihre magische Emulsion gefunden. Und damit ist eure Zeit hier im Paradies abgelaufen, ihr habt noch ungefähr fünf Minuten auf der Bahnhofsuhr. Man gießt das Zeug rein, schüttelt ein bißchen, und zack hat man ein Öl wie alle anderen auch. Und zwar in rauhen Mengen. Und wenn die erst mal ihren eigenen Panamakanal gebaut haben, und das wird schneller gehen als ein Reiher kotzen kann, sind sie in der glücklichen Lage, die ganze Welt damit zu überfluten. Was Uncle Sam ganz schön auf die Palme bringen wird.«
    Pause. Mißbilligendes Gemurmel von verschiedenen Seiten des Tischs, bis der trockene Olaf sich die Vollmacht erteilt, die naheliegende Frage zu stellen.
    »Was wollen Sie bitte damit sagen Jonah? – ›wenn die erst mal ihren eigenen Panamakanal gebaut haben‹? Aus welcher Körperöffnung ziehen Sie das jetzt, das wüßte ich gerne? Seit der Invasion sind sämtliche Pläne für einen neuen Kanal gestorben. Vielleicht haben Sie zu viel Zeit unter Wasser verbracht und deshalb nicht mitbekommen, was sich oben abspielt. Vor der Invasion hat es eine hochkarätige und sehr intelligente trilaterale Kommission gegeben, die sich mit den Alternativen zum Kanal beschäftigt hat, einschließlich einem neuen Durchstich. Beteiligt waren die Vereinigten Staaten, Japan und Panama. Inzwischen hat die Kommission ihre Arbeit eingestellt. Das freut die Amerikaner mächtig. Die konnten sich nämlich gar nicht damit anfreunden. Sie haben so getan als ob, aber in Wahrheit hat ihnen die Kommission nicht gepaßt. Ihnen ist es viel lieber, wenn alles so bleibt wie es ist, von ein paar neuen Schleusen vielleicht abgesehen. Hauptsache, ihre Schwerindustrie hat weiter die Abfertigungshäfen unter Kontrolle, weil damit große Profite zu erzielen sind. Ich weiß das alles. Das ist mein Job. Die Sache ist gestorben. Also reden Sie nicht so einen Scheiß.«
    Jonah holte unbeeindruckt zum Gegenschlag aus.
    Pendel, in die gardenienrote Wand versunken, spannt wie Mr. Blüthner alle Kräfte an, auf daß ihm kein Wort der Prophezeiung entgehe, die von den Lippen des großen Mannes strömt.
    »Natürlich hat ihnen die Scheißkommission nicht gefallen, Sie nordischer Korinthenkacker! Gefressen hatten sie die. Und natürlich wollen sie ihre eigene

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