Der Schneider
hatte; danach genehmigte er sich zum Schluß nur so aus Spaß noch ein Spielchen und strich weitere zwanzigtausend ein. Er ließ sich eine Tragetasche geben und ein Taxi vor den Eingang rufen, weil er es für töricht hielt, mit hundertzwanzigtausend Dollar in bar zu Fuß nach Hause zu gehen. Shepherd könne den verdammten Wagen morgen abholen oder auch gleich verschenken, sagte er, die Karre sei ihm sowieso zuwider.
Aber Fran konnte diese Ereignisse auch später in keine geordnete Reihenfolge bringen, denn während das alles sich abspielte, mußte sie immerzu an ihr allererstes Gymkhana denken – damals war ihr Pony, das wie alle Ponys der Welt auf den Namen Misty hörte, nach müheloser Bewältigung des ersten Hindernisses plötzlich durchgegangen und vier Meilen weit die Hauptstraße nach Shrewsbury runtergaloppiert, während Fran sich an seinen Hals klammerte, Autos in beide Richtungen rasten und kein Mensch, außer ihr selbst, sich darüber aufzuregen schien.
»Gestern abend war der Bär bei mir in der Wohnung«, sagte Marta, nachdem sie die Tür von Pendels Zuschneidezimmer hinter sich zugemacht hatte. »Mit einem Freund von der Polizei.«
Es war Montag morgen. Pendel saß an seinem Arbeitstisch und legte gerade letzte Hand an die Schlachtordnung der Stillen Opposition. Er legte den H2-Bleistift beiseite.
»Warum? Was sollst du denn angestellt haben?«
»Sie haben Fragen wegen Mickie gestellt.«
»Was denn?«
»Warum er so oft in den Laden kommt, warum er dich immer zu so seltsamen Zeiten besucht.«
»Was hast du ihnen erzählt?«
»Sie wollen, daß ich dich ausspioniere«, sagte sie.
18
Das Eintreffen des ersten Materials von Station Panama unter dem Kodenamen BUCHAN ZWEI hatte Scottie Luxmore, den Londoner Initiator der Aktion, auf nie dagewesene Höhen der Selbstbewunderung geführt. Doch an diesem Morgen war seine Euphorie einer gereizten Nervosität gewichen. Doppelt so schnell wie üblich stapfte er hin und her. Seine aufmunternde schottische Stimme hatte einen Sprung bekommen. Sein Blick schwenkte unruhig über den Fluß, nach Norden und Westen, wo jetzt seine Zukunft lag.
» Cherchez la femme , Johnny «, empfahl er einem hageren Jüngling namens Johnson, dem Nachfolger Osnards auf dem undankbaren Posten von Luxmores persönlichem Referenten. »In unserem Gewerbe ist ein einziges Weibchen mindestens soviel wert wie fünf Männer.«
Johnson, der wie sein Vorgänger die unentbehrliche Kunst des Kriechens beherrschte, beugte sich auf seinem Stuhl nach vorn, um zu zeigen, wie eifrig er zuhörte.
»Frauen verfügen über die nötige Heimtücke, Johnny. Sie sind nervenstark, sie sind die geborenen Heuchler. Was glauben Sie, warum sie darauf besteht, ausschließlich durch die Vermittlung ihres Mannes mit uns zu arbeiten?« Er sprach abwehrend wie jemand, der im voraus um Vergebung bittet. »Sie weiß ganz genau, daß sie ihn in den Schatten stellen wird. Und was wird dann aus ihm ? Er landet auf der Straße. Wird abserviert. Ausgemustert. Warum sollte sie es dazu kommen lassen?« Er strich sich mit den Handflächen über die Hosenbeine. »Statt zwei Gehältern nur eins beziehen und ihren Mann als Tölpel hinstellen, wenn sie schon mal dabei ist? Louisa doch nicht. BUCHAN ZWEI doch nicht!« Er kniff die Augen zusammen, als ob er in einem fernen Fenster jemanden erkannt habe, unterbrach aber nicht seine Ausführungen. »Ich weiß, was ich getan habe. Für sie gilt dasselbe. Unterschätzen Sie niemals den weiblichen Instinkt, Johnny. Er hat den Gipfel überschritten. Er ist nicht mehr zu gebrauchen.«
»Osnard?« fragte Johnson hoffnungsvoll. Es war sechs Monate her, seit man ihn zu Luxmores Schatten bestimmt hatte, und noch immer war kein Auslandsposten für ihn in Sicht.
»Ihr Mann, Johnny«, entgegnete Luxmore gereizt und schabte sich mit den Fingerspitzen die bärtige Wange. »BUCHAN EINS. Sicher, er hat sich verheißungsvoll genug angelassen. Aber ihm fehlt die große Vision, die fehlt solchen Leuten immer. Ihm fehlt das rechte Maß. Das historische Bewußtsein. Er hat uns bloß Geschwätz und aufgewärmte Reste geliefert und im übrigen nur für sich selbst gesorgt. Wie ich es jetzt sehe, hätten wir ihn niemals halten können. Sie sieht das auch so. Sie kennt ihren Mann, diese Frau. Kennt seine Grenzen besser als wir. Und kennt natürlich ihre Stärken.«
»Die Analytiker sind leicht beunruhigt, weil es keine Belege gibt«, wagte Johnson zu bemerken; er nutzte jede Gelegenheit, an
Weitere Kostenlose Bücher