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Der Schneider

Der Schneider

Titel: Der Schneider Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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Verkaufsgespräch. Aber wenn ich zu gewissen Leuten von der Regierung gehe« – kaum merklich schüttelte er mißbilligend den länglichen Kopf –, »kann ich nicht wissen, was ihnen meine Informationen wert sind. Manche von diesen Leuten sind clever. Andere sind Dummköpfe. Man kann sich nie sicher sein, ob sie tatsächlich nichts wissen oder ob sie einem bloß nichts sagen. Also wird geblufft und gegengeblufft, und das ist ein zeitraubendes Verfahren. Oder sie versuchen, mich mit der Drohung einzuschüchtern, sie besäßen auch gewisse Informationen über meine Person. Ich will aber mein Leben nicht auf diese Weise vergeuden. Wenn Sie ein Geschäft machen wollen, wenn Sie mir schnell Antwort geben und mir Schwierigkeiten ersparen wollen, zahle ich Ihnen einen guten Preis. Da Ihnen ein verrückter Millionär zur Verfügung steht, muß der natürlich in eine objektive Bewertung Ihrer Mittel einbezogen werden.«
    Pendel hatte das Gefühl, als müsse er sein Lächeln stückweise zusammensetzen, erst die eine Seite, dann die andere, dann die Wangen und schließlich, als er sie scharfgestellt hatte, die Augen. Zuletzt die Stimme.
    »Teddy, ich glaube, Sie versuchen hier ein uraltes Täuschungsmanöver. Sie wollen mir weismachen, ich sei durchschaut, müsse fliehen, und glauben, Sie könnten mein Haus übernehmen, wenn ich das Land verlasse.«
    »Arbeiten Sie für die Amerikaner? Das würde gewissen Leuten in der Regierung aber gar nicht gefallen. Ein Engländer, der ihnen ins Handwerk pfuscht? Da würden sie hart durchgreifen. Anders sieht die Sache aus, wenn sie es selber machen. Dann verraten sie ihr eigenes Land. Das steht ihnen frei, sie wurden hier geboren, das Land gehört ihnen, sie können damit machen, was sie wollen, sie haben sich das erarbeitet. Aber wenn Sie als Ausländer einen solchen Verrat begehen, ist das eine schlimme Provokation für sie. Kaum auszudenken, was die mit Ihnen machen würden.«
    »Teddy, Sie haben recht. Ich kann voller Stolz sagen, daß ich tatsächlich für die Amerikaner arbeite. Der Oberbefehlshaber des Kommando Süd hat bei mir einen schlichten Einreiher mit zwei Hosen und Weste in Auftrag gegeben. Und der Geschäftsträger hat einen Mohairsmoking und ein Tweedjackett für seinen Urlaub in North Haven bestellt.«
    Als Pendel aufstand, merkte er erst, wie ihm die Knie zitterten.
    »Sie wissen gar nichts Nachteiliges über mich, Teddy. Sonst würden Sie nicht solche Fragen stellen. Und daß Sie nichts wissen, liegt einfach daran, daß es da nichts zu wissen gibt. Und wo wir schon mal beim Thema Geld sind, ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie endlich das schöne Jackett bezahlen würden, das Sie da anhaben, damit Marta endlich die Bücher in Ordnung bringen kann.«
    »Ist mir unbegreiflich, wie Sie mit dieser gesichtslosen Mulattin ins Bett steigen können.«
    Pendel verließ den Bären, wie er ihn angetroffen hatte: den Kopf zurückgelegt, den Bart hochgestreckt, irgendeinen der eigenen Artikel lesend.
     
    Als Pendel nach Hause kommt, trifft er dort zu seinem Leidwesen niemanden an. Und das ist mein Lohn für einen harten Arbeitstag? fragt er die leeren Wände. Ein Mann, der sich in zwei Berufen aufreibt, muß sich abends auch noch selbst etwas zu essen kaufen? Aber es gibt auch Trost. Wieder einmal hat Louisa die Aktentasche ihres Vaters auf dem Schreibtisch liegen lassen. Er klappt sie auf und holt einen gewichtigen Terminkalender heraus: Dr .  E . Delgado steht in schwarzer Frakturschrift auf dem Umschlag. Daneben ruht ein mit »Termine« beschrifteter Briefordner. Entschlossen, sich von nichts ablenken zu lassen, auch nicht von der Drohung des Bären, ihn zu entlarven, zwingt Pendel sich einmal mehr dazu, ganz Spion zu werden. Die Deckenlampe läßt sich mit einem Dimmer regeln. Er dreht ihn voll auf. Dann hält er Osnards Feuerzeug vors eine Auge, drückt das andere zu, blinzelt durch die winzige Öffnung und achtet gleichzeitig darauf, daß Nase und Finger nicht vors Objektiv kommen.
     
    »Mickie hat angerufen«, sagte Louisa im Bett.
    »Angerufen? Wo?«
    »Bei mir. Im Büro. Er will sich mal wieder umbringen.«
    »Ach so.«
    »Er sagt, du bist verrückt geworden. Er sagt, jemand hat dich um den Verstand gebracht.«
    »Dann ist’s ja gut.«
    »Ich habe ihm gesagt, daß er recht hat«, erklärte sie und machte das Licht aus.
     
    Es war Sonntag abend und ihr drittes Kasino, aber Andy hatte Gott noch immer nicht auf die Probe gestellt, wie er es Fran eigentlich

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