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Der Schneider

Der Schneider

Titel: Der Schneider Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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opponieren noch Position beziehen, drückt einfach ein Auge zu und sagt euch, das ist jetzt nicht die Zeit, das Tapfere Britische Boot zum Kentern zu bringen, auch wenn es, von Irren gesteuert und leck wie ein Sieb, mit Volldampf in die falsche Richtung fährt.
    Cavendish hatte die Multis in zweckdienliche Unruhe versetzt und Gerüchte von verheerenden Auswirkungen für Industrie und Handel Großbritanniens und das britische Pfund in Umlauf gebracht; Cavendish hatte uns aufgerüttelt, wie er das nannte: womit gemeint war, daß er durch den sinnreichen Einsatz unverfänglicher Leitartikler, die nicht zu Hatrys Imperium gehörten und daher, theoretisch jedenfalls, nicht von seinem furchtbaren Ruf beeinträchtigt waren, Gerüchte in allgemein anerkannte Tatsachen verwandelt hatte; Cavendish hatte in finanzschwachen, abhängig gemachten Fachzeitschriften Artikelserien lanciert, die dann wiederum von größeren Zeitschriften marktschreierisch nachgebetet wurden, bis sie, die ganze Leiter rauf oder runter, auf den Innenseiten der Boulevardblätter landeten und von den Kommentatoren der degenerierten spätabendlichen Fernsehmagazine in die sogenannte öffentliche Diskussion eingebracht wurden, und zwar nicht nur von Hatrys Haussendern, sondern auch auf den Konkurrenzkanälen – denn nichts ist vorhersehbarer, als daß die Medien ihre eigenen Märchen nachplappern und sämtliche Wettbewerber in Panik darüber geraten, von den jeweils anderen ausgestochen zu werden, ob die Geschichte nun wahr ist oder nicht, denn mal ganz ehrlich, meine Lieben, im heutigen Nachrichtengeschäft haben wir doch gar nicht die Leute, wir haben weder Zeit noch Interesse, Leistungswillen, Bildung und Verantwortungsgefühl, das heißt, wir können unsere Meldungen schlichtweg nicht mehr überprüfen, sondern bloß noch aufgreifen, was andere Schmocks über irgendein Thema geschrieben haben, und es dann nachbeten.
    Und Cavendish, dieser grobschlächtige, stets in Tweed gekleidete englische Naturbursche mit der Stimme eines distinguierten Cricket-Kommentators an einem heiteren Sommernachmittag, hatte, durchweg über fürstlich bewirtete Mittelsmänner, Ben Hatrys Lieblingsmaxime Lieber heute als morgen so überzeugend propagiert, jenen Grundsatz, der seinem transatlantischen Hetzen und Drahtziehen und Intrigieren zugrunde lag und darauf abzielte, daß die Vereinigten Staaten unmöglich länger als ein weiteres Jahrzehnt die einzige Supermacht der Welt bleiben könnten, danach sei wirklich Schluß; wenn also, besagte diese Maxime, irgendwo auf der Welt größere chirurgische Eingriffe nötig sein sollten, gleichgültig, wie brutal oder selbstbedienerisch das von außen oder auch von innen aussehen mochte, dann müssen wir das für unser Überleben und das Überleben unserer Kinder und das Überleben von Hatrys Imperium und seines immer festeren Würgegriffs um die dritte und vierte Welt jetzt tun , jetzt , solange wir noch die Macht dazu haben , verdammte Scheiße ! Schluß mit der Zimperlichkeit ! Nehmt euch , was ihr haben wollt , und schlagt den Rest kaputt ! Aber was auch immer ihr tun oder lassen wollt , hört endlich auf , euch als Schlappschwänze , Weicheier , Kriecher und Feiglinge aufzuführen !
    Und wenn Ben Hatry damit der wahnsinnigen amerikanischen Rechten und ihren Blutsbrüdern auf dieser Seite des großen Teichs gefährlich nahe kam und obendrein auch noch zum Liebling der Rüstungsindustrie wurde – na, scheiß drauf, pflegte er dazu in seiner liebreizenden Muttersprache zu sagen, er sei kein Politiker, er hasse diese Schweine, er sei Realist, es sei ihm völlig egal, wer oder was seine Verbündeten seien, Hauptsache, sie hätten vernünftige Ansichten und sagten nicht zu jedem Japsen, Nigger oder sonstigen Kaffer, der ihnen auf den internationalen Korridoren über den Weg laufe: »Verzeihen Sie, Sir, daß ich ein liberaler weißer Amerikaner bin, und entschuldigen Sie bitte, daß wir so groß und stark und reich und mächtig sind, aber wir glauben an die Würde und Gleichheit aller Geschöpfe Gottes, und würden Sie mir wohl freundlicherweise erlauben, daß ich auf die Knie falle und Ihnen den Hintern küsse?«
    Das war also das Bild, das Ben Hatry zum Wohle seiner Vasallen unermüdlich an die Wand malte, jedoch stets unter der Voraussetzung, daß wir das im heiligen Interesse objektiver Berichterstattung für uns behalten, meine Lieben, denn dafür sind wir auf der Welt, sonst kriegt ihr niemals ein Bein auf die Erde.
     
    »Ohne

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