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Der Schneider

Der Schneider

Titel: Der Schneider Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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asthmatische Ächzen der Automatiktür. Dann hörte er den Aufzug hinunterfahren. Er nahm die Hand von Louisas Mund und spürte Speichel auf der Handfläche. Er umfaßte ihre nackte Brust und spürte, wie die Brustwarze hart wurde und sich in seine Hand schmiegte. Er stand noch immer hinter ihr, ließ aber ihren Arm los und sah, daß er schlaff herabsank. Als sie den anderen Schuh wegschleuderte, hörte er sie etwas flüstern.
    »Wo ist Harry?« fragte er, ohne ihren Körper freizugeben.
    »Abraxas suchen. Er ist tot.«
    »Wer ist tot?«
    »Abraxas. Wer denn sonst? Wenn Harry tot wäre, könnte er wohl kaum zu ihm gehen, oder?«
    »Wo ist er gestorben?«
    »In Guararé. Ana sagt, er hat sich erschossen.«
    »Wer ist Ana?«
    »Mickies Frau.«
    Er legte die rechte Hand auf ihre andere Brust und bekam ihr festes braunes Haar in den Mund, als sie ihren Kopf an seinem Gesicht rieb und ihm das Gesäß in die Leistengegend schob. Er drehte sie halb zu sich herum, küßte sie auf Schläfe und Wange und leckte den Schweiß ab, der ihr in Strömen übers Gesicht lief; ihr Zittern wurde stärker, bis sie ihm endlich Lippen und Zähne auf den Mund preßte und ihre Zunge die seine suchte. Er sah ihre fest geschlossenen Augen und die aus den Winkeln hervorquellenden Tränen und hörte, wie sie den Namen Emily flüsterte.
    »Wer ist Emily?« fragte er.
    »Meine Schwester. Ich habe Ihnen auf der Insel von ihr erzählt.«
    »Und woher weiß die das alles?«
    »Sie lebt in Dayton, in Ohio, und sie hat mit allen meinen Freunden geschlafen. Haben Sie eigentlich kein Schamgefühl?«
    »Leider nein. Nur früher, als Kind.«
    Dann zerrte sie mit einer Hand an seinem Hemd und wühlte gleichzeitig mit der anderen unbeholfen im Bund seiner Pendel-&-Braithwaite-Hose herum, wobei sie Dinge flüsterte, die er nicht verstand und die ihn sowieso nicht interessierten. Er tastete nach dem dritten Knopf, aber sie schlug seine Hand ungeduldig beiseite und zog sich mit einer einzigen Bewegung den Morgenrock über den Kopf. Er stieg aus den Schuhen und streifte die Hose ab, Unterhosen und Socken folgten in einem feuchten Knäuel. Dann zog er sich das Hemd über den Kopf. Einander nackt gegenüber stehend, musterten sie sich wie zwei Ringer kurz vor dem Kampf. Dann umschlang Osnard sie mit beiden Armen, hob sie kurzerhand vom Boden, trug sie über die Schwelle seines Schlafzimmers und warf sie aufs Bett, wo sie ihn sogleich heftig mit den Schenkeln umfing.
    »Warte, verdammt«, befahl er und stieß sie von sich weg.
    Und dann nahm er sie, ganz langsam und bedächtig, unter Einsatz aller seiner und ihrer Fähigkeiten. Um ihr den Mund zu stopfen. Um ein loses Geschütz an Deck festzuzurren. Um sie sicher in mein Lager zu bringen, bevor die Schlacht, welche auch immer, losgeht. Weil es zu meinen Grundsätzen gehört, kein vernünftiges Angebot auszuschlagen. Weil sie mir schon immer gefallen hat. Weil es immer reizvoll ist, die Frau eines Freundes zu vögeln.
     
    Louisa wandte ihm den Rücken zu; den Kopf unterm Kissen, die Knie angezogen, das Laken an die Nase gedrückt, suchte sie Geborgenheit. Sie hatte die Augen geschlossen, eher zum Sterben als zum Schlafen. Sie war zehn Jahre alt und lag bei zugezogenen Vorhängen in ihrem Schlafzimmer in Gamboa, wo sie ihre Sünden bereuen sollte – sie hatte Emilys neue Bluse, die sie für schamlos hielt, mit einer Schere zerschnitten. Sie wollte aufstehen, seine Zahnbürste benutzen, sich anziehen, die Haare kämmen und verschwinden, aber damit hätte sie die Realität von Zeit und Ort hier eingestanden, die Realität von Osnards nacktem Körper im Bett neben ihr, die Realität der Tatsache, daß sie nichts anderes anzuziehen hatte als einen dünnen roten Morgenrock, dessen Knöpfe abgerissen waren – wo steckte er überhaupt? – und ein Paar flache Schuhe, die von ihrer Größe ablenken sollten – wo waren die eigentlich gelandet? –, und sie hatte so furchtbare Kopfschmerzen, daß sie sich am liebsten ins Krankenhaus hätte bringen lassen, um dort den vorigen Abend noch einmal von vorn zu beginnen, ohne Wodka, ohne Harrys Schreibtisch zu zertrümmern, falls sie das tatsächlich getan hatte, ohne Marta und den Laden, ohne Mickies Tod, ohne mitansehen zu müssen, wie Delgados Ruf von Harry in den Schmutz gezogen wurde, und ohne Osnard und überhaupt ohne das alles. Zweimal war sie schon ins Bad gegangen, einmal um sich zu übergeben, war dann aber jedesmal wieder ins Bett zurückgekrochen und hatte versucht,

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