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Der Schock: Psychothriller (German Edition)

Der Schock: Psychothriller (German Edition)

Titel: Der Schock: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Raabe
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ist schuld daran, dass Sie im Rollstuhl sitzen?«
    Ava Bjely verzog den Mund. »Haben Sie Kinder?«
    Jan schüttelte den Kopf.
    »Dann haben Sie keine Ahnung.«
    »Ich habe zwei Nichten.«
    »Sie haben keine Ahnung«, wiederholte Ava Bjely. Demonstrativ legte sie die Hände in den Schoß und verschränkte die Finger. »Was ist Ihr Problem mit Laura? Was hat sie Ihnen angetan?«
    Angetan. Ihre Wortwahl ging Jan gehörig gegen den Strich. »Sie ist verschwunden, wie schon gesagt.«
    »Verschwunden. Das ist alles?«
    »Die Umstände sind seltsam. Es … es sieht fast so aus, als hätte sie vielleicht jemand …« Er verstummte.
    Ava Bjely sah ihn fragend an.
    »Na ja, als hätte sie jemand verfolgt. Oder entführt.«
    »Entführt?« Ava Bjely hob die Brauen.
    »Ich bin nicht sicher«, räumte Jan ein. »Sie wurde von einem schwarzen Geländewagen verfolgt, mit Berliner Kennzeichen, und als sie den Fahrer erkannt hat, war sie ziemlich schockiert. Seitdem ist sie verschwunden.«
    Ava Bjely wandte den Blick ab und sah schweigend zum Fenster hinaus. Ihre Lippen waren bleich und schmal geworden. »Woher wissen Sie das?«
    »Ich habe Lauras Handy gefunden. Sie hat es gefilmt.«
    »Kann ich den Film sehen?«
    »Der Akku ist leer.«
    Ava Bjely hob die Brauen. »Leer. Aha. Und was soll ich jetzt tun? Durch die Straßen rollen und sie suchen? Die Polizei anrufen? Oder etwa Lösegeld zahlen?«
    »Nein, nein«, wehrte Jan ab. »Es geht nicht um –«
    »Ich sag Ihnen, was ich in der Sache tun werde: Nichts. Gar nichts! Bei der Polizei würde ich mich nur lächerlich machen. Die kennen sie schon. Und wenn es um eine Entführung gehen sollte: Ich zahle keinen Cent.«
    Jan war sprachlos. Er versuchte in ihren Augen zu lesen, ob sie wirklich meinte, was sie da sagte. Doch sie mied seinen Blick. »Ich denke nicht, dass es hier um Geld geht«, sagte er. »Eher um … na ja, etwas Persönliches. Irgendetwas aus ihrer Vergangenheit. Wie gesagt, sie schien den Fahrer zu kennen. Sie hat doch mehrere Jahre auf der Straße gelebt, oder?«
    »So wie ich Laura kenne, ist sie nicht entführt worden, sondern einfach abgehauen. Offenbar mögen Sie meine Tochter, halten Sie vielleicht sogar für einen guten Menschen. Sie sehen aus wie einer, der an das Gute im Menschen glaubt. Aber da gibt es eine Seite von Laura, die kennen Sie nicht. Von der haben Sie nicht die geringste Ahnung. Und wenn Laura verschwunden ist, dann wollte sie verschwinden. Sie wusste schon immer, wie man sich in Luft auflöst, wenn es Schwierigkeiten gibt.« Einen Moment lang hielt sie inne und schien plötzlich ganz weit weg.
    »In der Schule ist sie aus dem Unterricht abgehauen, hat ständig blaugemacht. Später ist sie mehrfach aus dem Internat getürmt, irgendwann hat sie die Polizei in der Nähe vom Straßenstrich eingesammelt, mit einer akuten Alkoholvergiftung. Ich habe sie in eine Klinik gebracht, glauben Sie mir, nicht nur einmal. Sie hat sich mit dem letzten Pack rumgetrieben. Irgendwann habe ich sie in eine Spezialklinik für Alkohol- und Drogenentzug gesteckt. Drei Wochen später war sie wieder weg. An dem Tag, wo sie abgehauen ist, wurde hier eingebrochen. Sie hat Schmuck von mir geklaut, eine Menge Bargeld – und das nicht zum ersten Mal. Es gibt vieles, das Sie nicht von ihr wissen. Glauben Sie mir, wenn sie verschwunden bleibt, dann ist das besser so.«
    Jans Augen funkelten wütend. Was auch immer Laura angestellt haben mochte, es erschien ihm nichts gegen die Kälte und Lieblosigkeit ihrer Mutter, und er fragte sich, was wirklich dahintersteckte.
    »Habe ich Sie schockiert?«, fragte Ava Bjely.
    Jan schwieg.
    »Ich glaube, Sie gehen jetzt besser.«
    »Das ist wohl wirklich das Beste«, erwiderte Jan eisig. Er war schon bei der Tür, als ihm noch etwas einfiel. »Eine Frage noch. Die Fotos in Lauras Wohnung, wissen Sie, wer die gemacht hat?«
    »Was für Fotos?«
    »Aus der Zeit, als sie auf der Straße gelebt hat.«
    »Sehe ich etwa aus, als fahre ich durch Berlin und fotografiere Penner-Quartiere?«, zischte Ava Bjely.
    »Das war nicht die Frage«, sagte Jan. »Und nein, Sie sehen nicht so aus. Aber Sie könnten jemanden beauftragt haben und –«
    »Unfug! Ich habe kein Bedürfnis nach Fotos meiner Tochter. Würden Sie etwa Ihr Feuermal fotografieren und es hübsch gerahmt auf Ihren Nachttisch stellen, damit Sie schon beim Aufstehen daran erinnert werden, wie sehr es Sie verunstaltet?«
    Jan schluckte mühsam seine Wut herunter. Was für eine Kindheit

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