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Der Schock: Psychothriller (German Edition)

Der Schock: Psychothriller (German Edition)

Titel: Der Schock: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Raabe
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Schülerinnen belästigt.«
    »Ich bin mir nicht sicher, ob ich das wirklich verstanden habe«, meinte Jan. »Was heißt denn belästigt bei Ihnen? Reden wir hier von kleinen verbalen Grenzüberschreitungen, von Grapschen oder sogar von Missbrauch?«
    Das Wort Missbrauch ließ Dr. Breitners Miene zu einer Maske erstarren. Dennoch wiedersprach er nicht.
    Jan lief es kalt den Rücken herunter. War das etwa die Verbindung zu Laura? War Nolte ihr zu nahe gekommen? Plötzlich packte ihn die Wut angesichts des permanenten Mauerns des Schulleiters. »Das heißt also, Sie hatten einen Lehrer unter Ihrem Dach, der Schülerinnen missbraucht hat. Und Sie haben nichts dagegen unternommen?«
    »Das ist so nicht richtig«, sagte Dr. Breitner heiser. »Erstens war ich ja damals nur stellvertretender Schulleiter. Und zweitens wussten wir nichts davon. Ich habe das vier Jahre später erfahren, durch eine frühere Studienkollegin, eine Psychologin. Herr Nolte war bei ihr in Behandlung, bevor er hierher kam.«
    »Er war in Behandlung? Wegen seiner sexuellen Neigungen zu Minderjährigen? Und das hat sie Ihnen erzählt, trotz Patientengeheimnis?«
    Peer Breitner bekam rote Flecken auf den Wangen. »Herr Nolte war bereits seit Jahren vermisst. Im Grunde genommen …«
    »… dachten Sie beide, er wäre tot«, vollendete Jan den Satz. »Da schien es also nicht weiter schlimm. Richtig?«
    Breitner nickte widerwillig.
    »Haben Sie vielleicht noch ein Foto von Herrn Nolte hier?«
    Der Schulleiter starrte ihn einen Moment lang an, dann stand er wortlos auf, ging zum Regal, wo er in ein Fach auf Hüfthöhe griff und aus einer Reihe von gleich aussehenden Büchern eins hervorzog. Es war ein Jahrbuch mit einer golden geprägten 95 unter dem Logo von Nordholm.
    Er blätterte ein paarmal um, dann legte er das Buch aufgeschlagen vor Jan und Katy auf den Tisch. Auf einer Doppelseite waren etwa zwei Dutzend Fotos zu sehen, die Jugendliche beim Segeln zeigten, daneben waren noch ein paar Fotos einer nächtlichen Feier. »Die jährliche Eröffnung der Segelsaison im März«, sagte Dr. Breitner. »Das wird bei uns immer entsprechend gefeiert. Und das hier ist Peter Nolte.« Er tippte mit dem Zeigefinger auf eins der Partyfotos.
    Jan beugte sich vor und erstarrte. Er spürte, dass es Katy neben ihm genauso erging. Nolte war Anfang dreißig, ein sportlicher Typ, nicht unbedingt gutaussehend, aber dennoch irgendwie attraktiv, mit einem blässlichen Teint, was natürlich auch an dem Blitzlicht liegen konnte. Seine rechte Wange war von zwei parallel verlaufenden gebogenen Narben gezeichnet.
    Doch das Markanteste an ihm waren seine Augen. Sie stierten direkt in die Kamera – und sie waren rot.
    Für einen Augenblick war Jan wie elektrisiert. Dann kam die Ernüchterung. Natürlich waren die Augen rot. Schließlich war das Foto mit Blitzlicht aufgenommen, und Peter Nolte sah direkt in die Kamera. Also hatte das eigentlich nichts zu bedeuten. Oder etwa doch?
    Jans Blick glitt zu dem Mädchen, das direkt vor Peter Nolte stand. Ihr Gesicht war schmal und verletzlich, zugleich voller Trotz. Dieses Gesicht hatte ihn in seinen Träumen über Jahre begleitet.
    Es war Laura.
    Jan hob den Blick und sah Dr. Breitner an. »Wissen Sie, ob Peter Nolte zufällig an Albinismus litt?«
    »Albinismus?« Dr. Breitners Augen wurden schmal. »Wie kommen Sie darauf?«
    »Nur so ein Gedanke.«
    »Albinismus …« Breitner schüttelte den Kopf. »Nicht dass ich wüsste.« Er zögerte, und für einen ganz kurzen Augenblick hatte Jan den Eindruck, ihm sei etwas eingefallen. Doch schon im nächsten Moment war sein Gesicht wieder leer. »Ehrlich gesagt, das glaube ich nicht. Das hätte mir doch auffallen müssen, oder?«

Kapitel 32
    Berlin, 21. Oktober, 16:11 Uhr
    Lauras Bauch schmerzte immer noch. Buck hatte ihr bei seinem letzten Besuch mit aller Kraft in den Magen geschlagen.
    Seitdem lag sie zusammengekrümmt auf der Matratze, erschöpft, aufgewühlt und zutiefst niedergeschlagen. Sie konnte nicht fassen, dass Jan so nah bei ihr gewesen war und ihre Schreie dennoch nicht gehört hatte. Trotzdem gab es etwas, das ihre Verzweiflung ein wenig linderte: Jan lebte.
    Was auch immer der Tätowierte mit ihm vorgehabt hatte – er hatte es nicht in die Tat umsetzen können, und das löste eine ungeheure Erleichterung in ihr aus. Sie hätte es sich nicht verziehen, wenn Jan wegen ihr etwas zugestoßen wäre. Immer wieder hatte sie in den letzten Stunden die Augen geschlossen, nicht

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