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Der Schockwellenreiter

Der Schockwellenreiter

Titel: Der Schockwellenreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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zur Abwechslung einmal nicht mißachten konnte, denn es stand jemand mit unnachgiebigem Blick und einem Holster dabei, um zu gewährleisten, daß sich niemand drückte. Nickie Haflinger investierte all seinen behinderten Ehrgeiz in diese Tests, die sechs Stunden dauerten; drei vor, drei nach einem Mittagessen, unter Bewachung im Klassenzimmer aufgetragen. Selbst zum Klosett durfte man nur mit Eskorte. Das war eine richtig neue Sache für alle Schüler der Klasse, die man noch nie verhaftet hatte.
    Nach den IQ- und EQ-Tests (Emphatiequotient) sowie den Wahrnehmungs- und Sozialverhaltenstests, die wie üblich abliefen, nur umfassender, kamen die Sachen mit Pfiff dran: Lateralitätstests, Tests auf Spätzündertum und Werteinsichtigkeit, Weisheitstest, Offenendiges-Dilemma-Test. und die machten richtig Spaß! Während der letzten halben Stunde der langwierigen Sitzung war er geradezu benommen von der Vorstellung, daß ein Mensch, sobald etwas geschah, was noch nie zuvor geschehen war, eine zutreffende Aussage über das Ergebnis machen konnte, daß diese Person Nickie Haflinger sein mochte! Die Regierungsleute hatten einen tragbaren Computer mitgebracht. Allmählich merkte er, daß immer mehr der in Grau gekleideten Frauen, sobald der Computer neues Papier ausspuckte, immer deutlicher ihn anschauten statt die übrigen Schüler. Auch der Rest begriff, was vorging, und in die Gesichter trat dieser Ausdruck, den er schon vor langem zu erkennen gelernt hatte: Heute ist er's, dem wir nach der Schule den Arsch aufreißen! Als die sechs Stunden vorüber waren, zitterte er vor Schrecken ebenso wie aus Aufregung, aber er hatte es sich nicht versagen können, alle Kenntnisse anzuwenden, die er besaß, und alles andere in den Tests so wohlüberlegt wie nur möglich zu raten. Aber es kam zu keinem Hinterhalt, man verpaßte ihm auf den Straßen zwischen der Schule und seinem zeitweiligen Zuhause keine Abschmetterung. Die Frau nämlich, welche das Team leitete, schaltete den Computer ab und wies mit dem Kinn auf ihn, und drei Männer stampften mit gezogenen Schießeisen auf ihn zu.
    »Bleib wo du bist, Goldbubi«, sagte einer davon in freundlichem Ton. »Keine Bange.« Seine Klassenkameraden schlenderten hinaus, warfen über ihre Schultern Blicke der Verwunderung, traten beim Gehen erbost an den Türrahmen. Später mußte ein anderer Schüler die Abschmetterung für ihn einstecken - dieser Ausdruck für die Zurückweisung eines Angriffs im Sport war allgemein dafür übernommen worden, daß man jemandem mit Nachdruck Unliebsames versauerte - und verlor dabei ein Auge. Doch da war er schon mit einer regierungseigenen Limousine daheim eingetroffen.
    Man erklärte ihm und seinen >Eltern< in aller Ausführlichkeit, man ziehe ihn gemäß Sonderverordnung Nummer Soundso des Verteidigungsministeriums, in Kraft getreten durch Klausel Nummer Sowieso zu diesem oder jenem Kongreßbeschluß oder was auch immer - er merkte sich die Einzelheiten nicht -, zum Staatsdienst ein. Ihm war schwindlig. Zum ersten Male in seinem Leben war ihm versprochen worden, er dürfe dort, wohin er nun sollte, so lange bleiben, wie es ihm selbst gefiel. Am nächsten Morgen erwachte er im Tarnover und glaubte sich halb in den Himmel erhoben.
    »Heute weiß ich, daß ich in der Hölle gelandet war. Wieso sind Sie allein? Ich hatte den leisen Eindruck, ich müßte hier zwei Personen sehen, als ich aufwachte, obwohl ich nur Ihre Stimme hörte. Ist hier normalerweise noch jemand?« Freeman schüttelte den Kopf; seine Augen zeugten von Wachsamkeit. »Aber es war jemand hier. Ich bin ganz sicher. Er äußerte sich irgendwie über Ihre Einstellung zu mir. Er sagte, er sei erschreckt.«
    »Ja, stimmt. Jemand hat Sie besucht, er wohnte einen Tag lang der Vernehmung bei, und er hat das tatsächlich gesagt. Aber er arbeitet nicht im Tarnover.«
    »Wo das Unwahrscheinliche als alltäglich gilt.«
    »Sozusagen, ja.«
    »Verstehe. Das erinnert mich an eine meiner liebsten Ulkgeschichten aus meiner Kinderzeit. Ich habe sie seit Jahren nicht erzählt. Mit etwas Glück ist sie inzwischen genug außer Mode gekommen, um Sie nicht zu langweilen. Da wollte nämlich einmal eine Ölgesellschaft damals in. oh, sagen wir mal. in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts, das müßte passen. einen Scheich mächtig beeindrucken. Dazu benutzte sie ein Flugzeug, denn Flugzeuge waren zu der Zeit in jenem Teil der Welt noch selten und nur weit verstreut vorhanden.
    Und als sich der Scheich in

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