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Der Schockwellenreiter

Der Schockwellenreiter

Titel: Der Schockwellenreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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geheimen Institutionen zufließen. Und auf die feinsinnige Weise, wie so etwas bekannt ist, wußte man, daß es zu den Bedingungen für ein solches Studium zählte, dafür zu sorgen, daß die Investition sich langfristig für die Regierung auszahlte. Allmählich war in Nickie Haflinger die Überzeugung herangereift, daß irgend etwas nicht stimmte. Waren diese Leute lediglich entschlossen - oder gefühllos? Waren sie Patrioten - oder machtgierig? Waren sie zielstrebig - oder verblendet? Er hatte den Entschluß gefaßt, daß er sich früher oder später, bevor er sich der lebenslangen Verpflichtung zum Abdienen unterwarf, die man von ihm erwartete, lange genug losreißen mußte, um sich einen distanzierten Standpunkt zu erarbeiten und so in aller Ruhe über die guten und schlechten Seiten des Wettrennens zum Denkergeschlecht Klarheit zu verschaffen.
    Dabei war es, als er auf die Spur dessen stieß, was sich dann als 4GH-Code herausstellte. Er schlußfolgerte bereits aus allgemeinsten Grundlagen, daß es eine Möglichkeit geben mußte, womit eine dazu befugte Person eine alte Identität ablegen und eine neue annehmen konnte, ohne daß irgendwer dumme Fragen stellte. Die Nation war in ein dichtes Netzwerk aus miteinander verflochtenen Datenkanälen eingewoben, und ein Zeitreisender aus der Epoche vor hundert Jahren wäre darüber entsetzt gewesen, in welchem Maße vertrauliche Informationen völlig Fremden zugänglich geworden waren, die nicht mehr zu können brauchten als zwei und zwei zusammenrechnen. (>Die Apparate, die das Pfuschen bei der Einkommenssteuererklärung erschweren, können ebenso dafür sorgen, daß sich Blut mit der richtigen Blutgruppe in dem Unfallwagen befindet, der Sie vom Ort eines Verkehrsunfalls abholt. Klar? <) Und es war bekannt, daß nicht allein Informanten der Polizei, FBI-Agenten und die SpionageAbwehr ihren geheimen Aufgaben nachgingen, sondern weiterhin auch Industriespione, Agenten von Parteien mit Millionen-Etats an Bestechungsgeldern, Kuppler im Dienste der gefräßigen Ziele von Hyper-Konzernen. Noch immer war es eine Tatsache, daß man, war man reich oder hatte Gehör bei der richtigen Person, alle täuschen und alles tarnen konnte. Die meisten Menschen fanden sich damit ab, auf uneingeschränkt öffentlichkeitsfähiger Ebene leben zu müssen. Er nicht. Er fand seinen Code.
    Ein 4GH umfaßte einen Perpetuativ-Phage: eine Zahlengruppe, die automatisch und durchweg alle Daten über eine bisherige Personifikation löschte, sobald man dafür einen Ersatz eingab. Ein Inhaber eines solchen Codes konnte sich über jedes Terminal, das mit den Bundesdatenspeichern in Verbindung stand, jederzeit eine neue Identität schaffen, und in der Praxis hieß das seit dem Jahre 2005, von jedem Kommunikator aus, einschließlich allen öffentlichen K-Zellen. Dies war die kostbarste aller Freiheiten, der Umstöpsel-Lebensstil zur x-ten Potenz erhoben: die Freiheit, die Person werden zu können, welche man zu sein wünschte, statt jene zu bleiben, an die sich die Computer erinnerten. Sie war es, wonach Nickie Haflinger so sehr begehrte, daß er dafür fünf Jahre lang vorgab, noch er selbst zu sein. Sie war das Zauberschwert, die Drachenhaut, die Siebenmeilenstiefel, die Tarnkappe. Sie war die höchste Form der Selbstverteidigung. Oder so wirkte sie jedenfalls.
    Daher kam es, daß er eines schönen Sonntagmorgens Tarnover verließ, und am folgenden Montag war er LebensstilBerater in Little Rock, angeblich fünfunddreißig Jahre alt und - wie die Datenbanken auf Anfrage gerne bestätigten - zur Ausübung seiner Berufstätigkeit überall in Nordamerika zugelassen.
Die Maschen des Netzes
    »In Ihrer ersten Laufbahn machten Sie sich für einige Zeit ganz gut«, sagte Freeman. »Aber dann nahm sie ein plötzliches und gewaltsames Ende.«
    »Ja.« Ein heiseres Kichern. »Fast erschoß mich eine Frau, weil ich ihr riet, mit jemandem von anderer Hautfarbe zu vögeln. Die Computer des halben Kontinents zusammengenommen stimmten mit mir überein, aber sie nicht. Ich gelangte zu der Einsicht, viel zu optimistisch gewesen zu sein und wechselte mein Mäntelchen.«
    »Um Lehrer an einem 3d-Kassetten-College zu werden. Mir ist aufgefallen, daß Sie sich dabei als fünfundzwanzigjährig einstuften, Ihrem wirklichen Alter viel näher, obwohl die Masse der College-Besucher weit über vierzig war. Ich frage mich, warum.«
    »Die Antwort ist einfach. Denken Sie nur daran, was die meisten jener Menschen ans College gelockt

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