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Der Schockwellenreiter

Der Schockwellenreiter

Titel: Der Schockwellenreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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lebensfähige Gemeinde verwandelt hat?«
    »Oh, ich glaube, doch. Welcher Sheriff wäre bei einer Kriminalitätsrate von nahezu Null nicht dieser Meinung?«
    »Ist das Ihr Ernst?«
    »Mm-hm. Bis jetzt hatten wir noch keinen Mordfall, und es ist zwei Jahre her, daß das letztemal jemand infolge einer Prügelei ins Krankenhaus mußte, und was Raubüberfälle angeht. na, Eigentumsdelikte sind hier einfach nicht verbreitet.« Er lächelte andeutungsweise. »Gelegentlich werden sie eingeschleppt, aber ich darf Ihnen glaubhaft versichern, daß sie auch in der Zukunft keine Erfolgsaussichten haben.«
    »Sagen Sie nichts«, meinte Kate bedächtig. »Lassen Sie mich raten. Ist diese Ortschaft der Grund, warum das Claes-College einging? Blieben die wirklich gescheiten Leute einfach hier, statt wieder nach Hause zu gehen?«
    Horovitz lächelte. »Junge Dame, Sie sind unser erster Besucher, der das gemerkt hat, ohne daß man's ihm ins Ohr brüllen mußte. Jawohl! Abgrundsdorf hat das Claes-College um seine Creme gebracht, und der Rest siechte dann einfach dahin. Wie ich es verstehe, lag das damals daran, daß allein die Menschen, die ihre eigenen Ideen ernstnahmen, auch dazu die Bereitschaft besaßen, die damit verbundene Verantwortung zu übernehmen. Und auch den Spott. Denn wer wollte glauben, während zur gleichen Zeit andere Flüchtlingssiedlungen von der Gnade einiger Schwindler und Sektenhäuptlinge abhängig waren - von der Art, über die wir vorhin sprachen -, daß so eine verrückte Mischung aus Bits von Ghirardelli, Portmeirion, Valencia und Taliesin und Gott weiß was noch sich als erfolgreich erweisen könnte, wenn alles andere fehlschlug?«
    »Ich glaube, Sie mögen uns«, sagte plötzlich Sandy.
    Horovitz blinzelte. »Was?«
    »Ich habe noch nie eine Fassade so schnell verschwinden sehen. Ich meine diese Gemütliche-Leutchen-Rolle. Sie stand Ihnen ohnehin nicht, also kein Verlust. Aber was sind Sie außer Baumeister und Sheriff? Ich meine, womit haben Sie angefangen?«
    Horovitz zog in einer kläglichen Parodie von Mißmut die Mundwinkel abwärts. »Ich bekenne mich schuldig«, sagte er nach kurzem Schweigen. »Sicher, ich betrachte mich eigentlich als Einheimischen, aber ich habe einen Doktorhut in Sozialinteraktion aus Austin in Texas und ein Diplom in Strukturtechnologie von der Columbia. Aber gewöhnlich verrate ich Besuchern nichts davon, nicht einmal den Gescheiteren. das heißt, vor allem nicht den Gescheiten, denn gerade sie sind meistens aus allen möglichen falschen Gründen hier. Uns liegt daran, daß hier alles klappt, und nicht daran, durch Horden von Kulturanthropologen, die ein- und ausgehen, durcheinandergebracht zu werden.«
    »Wie lange wollen Sie noch warten, bis Abgrundsdorf berühmt werden darf?«
    »Hmm! Sie sind wirklich ein hellwacher Fürchtenichts, wie? Aber eine deutliche Frage verdient eine klare Antwort. Wir rechnen damit, daß ein halbes Jahrhundert genügt.«
    »Werden wir so lange überleben?«
    Horovitz schüttelte trübsinnig den Kopf. »Wir wissen's nicht. Weiß das überhaupt jemand?«
    Die Tür schwang auf. Natty Bumppo kam zurück und versetzte Horovitz im Vorbeigehen einen leichten Stubs mit der Schnauze. Hinter ihm trat eine hochgewachsene, stattliche Schwarze ein, bekleidet mit einer engen Hose, einem bunten Hemd und Arm in Arm mit einem dicken Weißen, der Shorts und Sandalen trug - wie der Fahrer der E-Bahn - und gebräunt war von der Sonne. Horovitz stellte sie als Suzy Dellin-ger, Bürgermeister, und Brad Comptom vor; sie waren in diesem Jahre seine Kollegen im Gemeinderat. Er lieferte ihnen eine kurze, aber korrekte Zusammenfassung seines Gesprächs mit Kate und Sandy. Die beiden anderen Ratsmitglieder hörten aufmerksam zu. Sobald er fertig war, äußerte Brad Compton eine ungewöhnliche Frage. »Ist Nat dafür?«
    »Anscheinend«, brummte Horovitz.
    »Dann nehme ich an, wir haben neue Bewohner für das Haus der Thorgrims gefunden, oder, Suzy?« Er sah die Bürgermeisterin an.
    »Sicher, warum nicht?« Sie wandte sich an Kate und Sandy. »Willkommen in Abgrundsdorf! Wenn ihr von hier aus zurück zum Platz gegangen seid, nehmt die zweite Gasse rechts, sie mündet in den Säufergraben. Folgen Sie dessen Verlauf bis zur Kreuzung am Großring. Das Haus an der diesseitigen linken Ecke ist eures, solange ihr bleiben möchtet.«
    Für einen Moment herrschte ein Schweigen, das durch vollkommene Ungläubigkeit bei Kate und Sandy entstand. »Halt mal«, rief dann Kate. »Das

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