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Der Schockwellenreiter

Der Schockwellenreiter

Titel: Der Schockwellenreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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die andere Menschen zu schätzen wußten, statt sich darauf zu beschränken, Spenden und öffentliche Gelder in Empfang zu nehmen?«
    Süßwasser nickte. »Oder wenigstens war das einer der Umstände, die uns halfen. Gesunder Menschenverstand bei der Anwendung unserer geringfügigen Hilfsmittel war ein anderer Umstand. Und hier ist also die Zentrale.« Sie geleitete die beiden in einen überraschend kleinen Raum, worin ein paar Dutzend bequemer Sessel standen, belegt von Leuten mit Kopfhörern über den Ohren. Einige weitere Dutzend Sessel waren frei. In dem Raum war es so still und gedämpft wie in einem Dom; nur aus den Kopfhörern drang gelegentlich ein kaum vernehmliches Zwitschern. Augen wandten sich den Ankömmlingen zu, Köpfe nickten, doch weitere Störungen erfuhr die allgemeine Konzentration nicht. Fast sofort weckte der Ausdruck von Grauen auf dem Gesicht einer Zuhörerin, einer schönen Schwarzen von etwa über dreißig, die Aufmerksamkeit der Eingetretenen. Süßwasser ging zu ihr und stellte ihr eine Frage mit den Augen, aber sie schüttelte den Kopf, schloß die Augen und biß die Zähne aufeinander. »Offenbar ein ganz schlimmer Fall«, flüsterte Süßwasser und kehrte zu den beiden zurück. »Aber solange sie meint, sie kann's aushalten.«
    »Ist das Zuhören eine anstrengende Aufgabe?«
    »Ja.« Süßwassers Stimme glich ihrer Erscheinung: zerbrechlich und in die Länge gezogen. »Wenn jemand seinen lebenslang angestauten Haß herausschäumt und dann dafür Sorge trägt, daß man ja bestimmt das scheußliche Gurgeln hört, sobald er sich das Küchenmesser durch die Kehle zieht. ja, es kann anstrengend sein. Einmal mußte ich zuhören, während eine völlig aus dem Häuschen geratene Frau ihr im Eßstühl-chen festgeschnalltes Kind löffelweise mit Vitriolsäure bewarf. Sie wollte seinem Vater Saures geben. Wie das arme Kind schrie !«
    »Aber tun konnten Sie nichts?« entfuhr es Kate.
    »Doch, zuhören. Das ist es ja, was wir versprechen. Wir haben unser Versprechen immer gehalten. Es mag eine einsame Hölle nicht weniger höllisch machen - aber vielleicht ein kleines bißchen weniger einsam.«
    Einen Moment lang dachten sie nach. »Und diese Leute hier befinden sich gegenwärtig im Dienst?« wollte Kate dann wissen.
    »O nein, so ist das nicht. Die Zentrale steht jenen offen, die ihre Schicht nicht daheim abwickeln können, hauptsächlich infolge der Beanspruchung durch Kleinkinder. Aber die Mehrheit von uns hört lieber zu Hause zu. Freilich, zur Zeit ist wenig los. Sie sollten mal erleben, was hier um den Labor Day los ist, am Ende der Haupturlaubszeit, wenn Menschen, die gegen jede Begründung hofften, der Urlaub werde ihr Dasein verbessern, wieder einmal einsehen müssen, daß auch der nächste Winter bestimmt kommt.«
    »Wie bald möchten Sie uns einsetzen?« fragte Sandy.
    »Hat keine Eile. Und Sie müssen auch nicht beide mitmachen. Soviel ich weiß, kann Kate ja ohnehin nicht bleiben.«
    »Ich glaube, ich werd's doch tun«, sagte sie aber bereits am folgenden Abend.
    »Was?«
    »Bleiben. Oder vielmehr, fortgehen und so schnell es geht zurückkehren. Das hängt davon ab, ob oder wie bald ich eine Genehmigung für den Transport von Bagheera erhalte.«
    Er war verblüfft. »Meinst du's wirklich ernst?«
    »O ja, selbstverständlich. Du beabsichtigst, dich doch hier niederzulassen, oder?«
    Für eine Weile gab er keine Antwort. »Hast du gelauscht?« erkundigte er sich schließlich.
    »Nein, ich weiß es nicht aufgrund von etwas, das du gesagt hast oder sonstwer. Es. na, man merkt es daran, wie du dich heute verhalten hast. Ganz plötzlich bist du zuversichtlich. Ich kann's geradezu riechen. Ich glaube, du hast endlich soviel Selbstvertrauen gefunden, um anderen Menschen ebenfalls zu trauen.«
    »Jedenfalls hoffe ich's.« Seine Stimme zitterte ein wenig. »Denn falls man ihnen nicht vertrauen kann. Aber ich glaube, man kann ihnen vertrauen, und du hast recht, wenn du sagst, daß ich's endlich gelernt habe, anderen Vertrauen zu schenken. Das ist dein Verdienst, Kate. Du hast es mich gelehrt. Du bist ein weiser Mensch.«
    »Und ist dies für dich ein sicherer Aufenthaltsort? Ich meine, von wo man dich nicht zurück ins Tarnover schleppen kann?«
    »Sie haben's mir versprochen.«
    »Wer?«
    »Ted, Suzy und Süßwasser. Und Brunhilde.«
    »Was?«
    »Das kam so.«
    Sie waren von Josch und Lorna zum Abendessen eingeladen worden. Josch kochte gern; dann und wann half er trotz des erheblichen, kaum

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