Der Schoepfer
ein. Er sagte: »Besser.«
»Klar«, sagte Carson.
»Weißt du, es ist komisch, ich habe die ganze Nacht nicht geschlafen und fühle mich trotzdem plötzlich frisch und wach.«
Als Carson auf die Schnellstraße fuhr, sagte sie: »Ich mich auch. Ich denke, es könnte vielleicht an der Luft von Montana liegen. Sie ist so sauber.«
Vom Rücksitz ließ sich Deucalion vernehmen: »Das liegt nicht an der Luft von Montana. Ihr hattet auf der Fahrt von San Francisco reichlich Zeit, euch auszuruhen.«
»Es war wie eine Spritztour von zwei Sekunden«, sagte Michael, »und außerdem habe ich währenddessen kein Nickerchen gehalten.«
Deucalion beugte sich vor, um es ihnen zu erklären. »Auf der subjektiven Ebene unserer fünf Sinne bewegt sich der Pfeil der Zeit immer nach vorn, aber auf der Quantenebene ist der Pfeil der Zeit nicht ermittelbar, und sein Flug kann auf die jeweiligen Absichten abgestimmt werden. Wir können nicht wirklich in der Zeit zurückgehen , um Einfluss auf die Zukunft zu nehmen, aber wir können auf dem Weg in die Zukunft durch die Vergangenheit reisen.«
Carson sagte: »Wir müssen das nicht wirklich verstehen.«
»Was unsere Reise nach Montana angeht«, fuhr Deucalion fort, »… stellen wir uns einfach mal vor, für uns sei der Pfeil der Zeit im Kreis geflogen, ein paar Stunden zurück in die Vergangenheit und dann vorwärts bis zu dem Moment, an dem wir aufgebrochen sind, wobei wir uns gleichzeitig fast tausend Meilen durch den Raum bewegt haben. Ihr habt die Stunden nicht wahrgenommen, die für die Reise rückwärts und vorwärts in der Zeit draufgegangen sind, weil wir im selben Moment, in dem wir aufgebrochen sind, wieder eingetroffen sind. Aber das ausbleibende Bewusstsein für diese Zeitspanne auf der subjektiven Ebene hat in eurem Fall die erholsame Wirkung der entsprechenden Menge Schlaf.«
Nach einer Weile sagte Carson: »Ich möchte lieber glauben, dass es an der frischen Luft von Montana liegt.«
»Ich auch«, stimmte Michael ihr zu.
»Ist dir das recht?«, fragte Carson Deucalion.
»Wenn es euch glücklicher macht.«
Carson sagte: »Oh ja. Es macht mich glücklicher.«
Michael holte tief Luft und stieß sie genüsslich wieder aus. »So klar und frisch.«
Die beruhigende weibliche Stimme des Navigationsgerätes sagte: »In zwei Komma sieben Meilen biegen Sie nach rechts ab.«
35.
Das Mittagessen wurde unverzeihlich spät ausgeteilt. Der Pfleger und die Krankenschwester, die es brachten, stellten die Tabletts ohne ein Wort der Entschuldigung und ohne jede Erklärung ab.
Nachdem er Doris Makepeace, die Oberschwester, davon überzeugt hatte, er sei durch Heirat ein Onkel von Travis Ahern – eine Lüge – , konnte Bryce Walker sein Mittagessen im Zimmer des Jungen entgegennehmen.
Das Essen war lieblos auf dem Teller angerichtet. Die Suppe war lauwarm, obwohl sie in einem zugeschraubten Thermosbecher serviert wurde. Weder Bryce noch Travis hatte großen Appetit.
Etwa alle fünfzehn Minuten versuchte Bryce, Travis’ Mutter in der Meriwether-Lewis-Grundschule anzurufen, doch jedes Mal teilte ihm die Bandansage mit, die Telefonleitungen des Krankenhauses seien vorübergehend außer Betrieb.
Die toten Telefonleitungen, das beschlagnahmte BlackBerry, das Auftreten und das Benehmen der Belegschaft und die Stimmen in dem Abluftschacht waren Indizien dafür, dass im Memorial Hospital etwas nicht stimmte, dass möglicherweise eine Art Komplott geschmiedet wurde, dass es zu Gewalttätigkeiten gekommen war und dass weitere Gewalttätigkeiten bevorstehen mussten.
Aber selbst wenn er sich noch so sehr anstrengte, konnte Bryce sich nicht vorstellen, welchen Zweck es haben könnte, dass sich das gesamte Krankenhauspersonal gegen die Patienten stellte, die in vielen Fällen Freunde oder Nachbarn waren, oder was die Persönlichkeitsveränderungen ausgelöst haben könnte, die sich anscheinend an sämtlichen Mitarbeitern vollzogen hatten. Er konnte sich nicht erklären, warum bislang friedfertige Menschen abrupt zu sinnloser Gewalt greifen sollten.
Nachdem er von den Stimmen in dem Abluftschacht gehört hatte, brauchte sich der junge Travis nichts mehr vorzustellen; er kannte die Antwort. Als ein Kind seiner Zeit hatte er Dutzende von Science-Fiction-Filmen gesehen und Hunderte von Comicheften gelesen und hegte nicht den geringsten Zweifel daran, dass eine Invasion von Aliens in Rainbow Falls stattgefunden hatte. Von Außerirdischen, die sich als genau die Menschen ausgeben konnten, die
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