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Der Schoepfer

Der Schoepfer

Titel: Der Schoepfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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Junge auf diesem Wege geflohen waren.
    Jetzt zog Bryce die Decke von seinem Bett, faltete sie der Länge nach und rollte sie zusammen, damit er sie leichter tragen konnte. Er wünschte, er wäre in Straßenkleidung ins Krankenhaus gebracht worden. Sein Schlafanzug und der dünne Morgenmantel waren ungeeignet, um sich darin länger der kühlen Nachmittagsluft auszusetzen; sowie die Dunkelheit anbrach, würde er bis in die Knochen frieren. Etwas Besseres als die Decke hatte er nicht zur Hand.
    Sein Zimmergenosse war für kurze Zeit wach geworden, so unkommunikativ wie eh und je, und hatte eine Zeitschrift in spanischer Sprache gelesen. Aber jetzt schlief er wieder.
    Bryce öffnete die beiden Fensterflügel und beugte sich hinaus. Er sah niemanden auf dem Besucherparkplatz, der von den drei Trakten des Krankenhauses eingerahmt wurde. Er band ein Ende des ehemaligen Bettlakens, das jetzt als Seil diente, am Fensterpfosten fest und ließ es runterfallen. Das untere Ende baumelte vor der oberen Hälfte eines Fensters im Erdgeschoss. Er würde einfach hoffen müssen, dass dieses Zimmer entweder nicht belegt war oder dass dort niemandem die Veränderung auffiel.
    Nachdem er sich die zusammengerollte Decke geschnappt hatte, ging er zur Zimmertür und sah sich im Flur um, wo alles so still war wie schon den größten Teil des Tages.
    Das Stationszimmer war zu seiner Linken, auf derselben Seite des Flurs. Da es vom Flur aus etwas zurückversetzt war, konnte er Schwester Makepeace auf ihrem Drehstuhl nicht sehen, nur den äußeren Rand des Tisches, an dem sie saß.
    Und sie konnte ihn nicht sehen, wenn er sich dicht an der Wand hielt, während er nach Norden eilte. Bis er um die Ecke bog, rechnete er damit, dass sie oder eine andere Person ihm etwas nachrufen würde, doch dazu kam es nicht.
    Bryce klopfte zweimal leise an die Tür ohne Aufschrift, hinter der die Treppe zum Dach führte. Erst dann öffnete er die Tür, wie sie es vereinbart hatten.
    Travis saß auf den Stufen und hielt den Kissenbezug umklammert, der seinen Schlafanzug und seine Pantoffeln enthielt. »Wir haben es geschafft«, flüsterte er.
    »Bis hierher jedenfalls«, sagte Bryce.
    47.
    Als Mr Lyss in Mrs Trudy LaPierres Küche kam, trug er die Schuhe des armen Fred und saubere Kleidungsstücke. Er hatte sich mit dem Rasierer des armen Fred rasiert. Sein graues Haar war feucht und gelockt, statt steif in alle Richtungen abzustehen. Seine Ohren waren immer noch so groß und zerknautscht wie vorher, aber jetzt waren sie sauber und eher rosa als braun.
    Er war immer noch gebeugt und knochig, seine Zähne waren immer noch grau, und seine Fingernägel waren immer noch gelb und rissig, und daher sah er nicht direkt wie ein neuer Mensch aus, aber er sah immerhin aus wie ein neuer Mr Lyss.
    »Ihre Haut ist nicht mehr so gesprungen wie ein alter Sattel«, sagte Nummy. Es war als Kompliment gemeint.
    »Dein armer Fred hat mehrere Sorten Hautcreme und vielleicht zehn verschiedene Aftershaves, von denen jedes anders riecht. Er könnte etwas Weibisches an sich haben, was weiß ich. Aber eine der Lotionen hat Wunder gegen die Schnitte vom Rasieren gewirkt.«
    »Bisher habe ich nicht viele Barthaare«, sagte Nummy. »Einmal habe ich einen Schnurrbart gesehen und mir gewünscht, so einen könnte ich auch haben, aber meine Lippen bleiben einfach nackt.«
    »Sei froh«, sagte Mr Lyss. »Rasieren ist noch lästiger, als ein Bad zu nehmen und sich die Zähne zu putzen. Die Leute vergeuden ihr Leben damit, sich von lächerlichen Pflegenormen versklaven zu lassen. Ein Durchschnittsdepp verwendet zehn Minuten darauf, sich zweimal am Tag die Zähne zu putzen, jeweils fünf Minuten lang, was im Laufe eines Lebens von siebzig Jahren auf viertausendzweihundert Stunden hinausläuft, die er damit vergeudet, sich seine verdammten Zähne zu putzen. Das sind einhundertsiebenundsiebzig Tage. Wahnsinn. Weißt du, was ich mit einhundertsiebenundsiebzig Tagen anfangen kann, Peaches?«
    »Was denn, Sir?«
    »Was ich die ganze Zeit getan habe – leben !« Mr Lyss sah an Nummy vorbei, und sein Blick fiel auf den Küchentisch. »Was für einen Irrsinn hast du denn ausgeheckt, Junge?« Der Tisch war auf gegenüberliegenden Seiten mit zwei Tellern, Tassen, Servietten und Besteck gedeckt. Zwischen den Tellern standen eine Platte voll Rührei, das noch dampfte, ein Berg gebutterter Toastscheiben, ein Stapel gefrorener Waffeln, die Nummy im Toaster knusprig gebacken hatte, ein Teller mit

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