Der Schoepfer
vierundzwanzig Meilen Länge führt sowohl durch flaches Land als auch durch Hügel, ehe sie wieder auf die Schnellstraße stößt. Nach allem, was wir auf Google Earth und anderen Websites sehen können, gibt es von dieser Straße aus keine Zufahrt zu einer Ranch, einer Farm, zu Wohnhäusern und schon gar nicht zu größeren Ortschaften. Es lässt sich kein Zweck für den Bau dieser Straße erkennen. Sie führt durch eine vollkommen unbesiedelte Gegend, und doch muss ihr Bau ein Vermögen gekostet haben.«
Hawk hielt ihren Blick lange fest und sah dann forschend in Michaels Augen. Schließlich sagte er: »Diese Straße hat eine Nummer. Sie steht auf dem Meilenstein am Anfang und auf dem an ihrem Ende, aber niemand nennt sie bei ihrer offiziellen Nummer. Hier in der Gegend wird sie der Endzeit-Highway genannt. Jetzt frage ich mich allerdings, wer Sie in Wirklichkeit sind.«
49.
Bürgermeister Erskine Potter hatte die Absicht gehabt, sich nach seinem Treffen mit den Stadtverordneten Ben Shanley und Tom Zell im Pickin’ and Grinnin’ um ein paar andere Angelegenheiten zu kümmern und auch nach Hause zu fahren, um zu sehen, wie Nancy und Ariel mit den Umbauarbeiten an der Scheune vorankamen. Dann würde er um 17:30 Uhr mit Ben und Tom zum Rasthaus zurückkehren, um Vorbereitungen für die Ankunft der Familien zu treffen, die zur Kirche der apokalyptischen Reiter gehörten und um sechs Uhr kommen würden. Ab sieben Uhr oder vielleicht sogar schon eher würden sie von den Baumeistern gestaltet und weiterverarbeitet werden.
Nachdem die Stadtverordneten gegangen waren, fiel Erskine jedoch auf, dass die Wanduhr hinter dem Pult der Empfangsdame, das im Zwischengeschoss gleich am Eingang stand, die falsche Zeit anzeigte. Aufgrund der tausendjährigen inneren Uhr samt Kalender, die ein Teil seiner Programmierung war, wusste er stets auf die Sekunde genau, wie spät es war. Er bestand darauf, dass alle Uhren die korrekte Zeit anzeigten. Das Gelingen ihres Vorhabens hing davon ab, dass alles zeitlich perfekt aufeinander abgestimmt war, und doch ging die Uhr der Empfangsdame vier Minuten nach.
Nachdem er diesen Fehler korrigiert hatte, warf er einen Blick auf die Uhr hinter dem Tresen und stellte beunruhigt fest, dass sie ganze zwei Minuten vorging. Er ging durch die Schwingtür am Ende der Bar und beugte sich über die hintere Stellfläche, um auch bei dieser Uhr, die falsch ging, die Zeit zu korrigieren.
Die Erinnerungen, die er von dem echten Bürgermeister Potter als Download erhalten hatte, waren in Bezug auf das Rasthaus so vollständig, dass er sich ins Gedächtnis rufen konnte, wo es hier sonst noch Uhren gab: im Büro des Managers, in jeder der beiden Künstlergarderoben und in der Küche. Da er sich inzwischen Sorgen machte, das ganze Gebäude könnte nicht in Übereinstimmung mit der wirklichen Zeit sein, lief er von Uhr zu Uhr, und seine Sorge wuchs sich schnell zu einer immer größeren Unruhe aus, als er erkennen musste, dass keine der Uhren richtig gestellt war.
Das Zeitgefühl des früheren Erskine Potter war schlichtweg eine Katastrophe. Es schien fast so, als sei dem Mann die Uhrzeit ganz egal gewesen, als hätte er nicht das geringste Verständnis dafür besessen, dass die Zeit das Schmieröl des Universums war, dass ohne Zeit – und zwar eine sekundengenau akkurate Zeit – nichts anderes existieren konnte. Es gäbe keine Vergangenheit, keine Gegenwart, keine Zukunft, keine materielle Welt, keine Form von wie auch immer gearteter Masse oder Energie, kein Licht und kein Dunkel, keine Geräusche und keine Stille, nur das Nichts im Nichts, das ins endlose Nichts wirbelte.
Als er die letzte Uhr in der Küche erreichte, war Erskine Potter von dem Mangel an zeitlicher Synchronisation in dem Rasthaus regelrecht erschüttert und mit einem Gefühl von Dringlichkeit erfüllt. Seine Hände zitterten, als er versuchte, die letzte Uhr richtig einzustellen, die volle fünf Minuten nachging . Erst stellte er sie eine Minute vor, dann eine Minute nach, und während er darum rang, den Minutenzeiger über den korrekten Strich auf dem Zifferblatt zu bringen, beschleunigte sich sein Atem, und er verfluchte das unhandliche Einstellrad. Mittlerweile befürchtete er, wenn ihm diese Korrektur nicht augenblicklich gelang, würde etwas Katastrophales passieren. Vielleicht würde das Rasthaus aus dem Raum-Zeit-Kontinuum herausfallen und aufhören zu existieren, aufhören, jemals existiert zu haben.
Als es ihm bei seinem
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