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Der Schoepfer

Der Schoepfer

Titel: Der Schoepfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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sieht, mit den notwendigen Mitteln überwältigt und sofort zur Hinrichtung und Weiterverarbeitung ins Krankenhaus zurückgebracht werden.«
    Als er das Seil aus dem ehemaligen Bettlaken gerade zu einer Kugel zusammengerollt hatte, deutete Gronski auf die Glastüren der Eingangshalle. »Da wir gerade von Hinrichtung und Weiterverarbeitung sprechen – da kommen die ersten Besucher des Abends.«
    53.
    Die Stufen führten zu einer unverschlossenen Tür hinauf, hinter der sich ein quadratischer Raum von drei Metern Seitenlänge befand. Bryce schaltete die Leuchtstofflampen an der Decke an und knipste das Treppenlicht hinter ihnen aus. Eine zweite Tür lag der ersten direkt gegenüber. An den Wänden hingen Schaufeln, Besen und andere Gerätschaften.
    Bryce untersuchte die Tür, durch die sie gerade gekommen waren, um sicherzugehen, dass sie, wie er es in Erinnerung hatte, nicht automatisch ins Schloss fiel, und dann zog er sie hinter ihnen zu.
    Wenn man auf dem Dach stand, sah diese Kammer von außen wie ein Schuppen aus.
    Bryce öffnete einen Wandschrank. Er schob den Kissenbezug, der jetzt Travis’ Schlafanzug und seine Pantoffeln enthielt, auf dem obersten Regalbrett ganz nach hinten.
    »Wir warten hier, bis es dunkel wird«, sagte er zu dem Jungen.
    »Werden die wirklich glauben, wir sind aus dem Fenster in Ihrem Zimmer geklettert? Was ist, wenn sie merken, dass das zusammengeknotete Bettlaken nur ein Ablenkungsmanöver ist?«
    »›Was ist, wenn‹ – diese Fragen könnten uns lähmen, wenn wir das Spiel lange genug spielen, mein Sohn. In dieser Situation gibt es ohnehin keinen Plan B für den Notfall. Es gibt nur einen einzigen Ausweg.«
    Obwohl die Abstellkammer ungeheizt war, musste es hier drinnen wärmer sein als ungeschützt auf dem Dach. Trotzdem fror Bryce schon nach wenigen Minuten. Er blieb auf den Füßen, weil der Hosenboden seines Schlafanzugs dünner war als die Sohlen seiner Pantoffeln, die somit eine bessere Isolierschicht zwischen ihm und dem kalten Fußboden bildeten.
    Zwischen den Putzmitteln fand er eine Bindfadenrolle und fertigte daraus eine Schlinge an, damit er sich die Decke über die Schultern hängen konnte.
    »Woher wussten Sie von diesem Raum?«, fragte Travis.
    »Als Rennie, meine Frau, das letzte Mal im Krankenhaus war, haben sie mir erlaubt, ihre allerletzten Tage ganz hier zu verbringen. Manchmal bin ich, wenn sie geschlafen hat, aufs Dach gestiegen, vor allem nachts, wenn all die Sterne hervorkamen. Wenn man hier oben steht und den Kopf in den Nacken legt, scheint anfangs jeder Stern auf derselben Ebene zu sein wie alle anderen, einige heller als andere, aber alle gleich weit entfernt. Dann schärft sich ganz langsam das Wahrnehmungsvermögen, und man sieht, dass manche näher, andere ferner und wieder andere noch viel weiter weg sind. Man sieht, wie die Sterne dort draußen endlos weitergehen, bis in alle Ewigkeit, und dann weiß man wieder, falls man zwischendurch einen Moment lang daran gezweifelt hat, dass es in der Natur der Dinge liegt, endlos weiterzugehen.«
    »Heute Nacht werden keine Sterne da sein«, sagte Travis.
    »Die Sterne sind immer da, ob wir sie sehen können oder nicht«, beteuerte ihm Bryce.
    Der Junge machte sich Sorgen um die Sicherheit seiner Mutter, die sich irgendwo dort draußen auf den plötzlich unbekannten Straßen dieser schon seit Langem vertrauten Stadt aufhielt. Travis Ahern ließ sich nicht durch das beirren, was Bryce über die Lähmung gesagt hatte, die einen befallen könnte, wenn man sich zu viele Fragen stellte, die mit »Was ist, wenn« begannen. Er hatte ein ganzes Blatt davon auf der Hand und mischte die Karten immer wieder neu, während sie auf den Einbruch der Dunkelheit warteten.
    Nach einer Weile führte Bryce den Jungen behutsam von seinen Sorgen zu strahlenden Erinnerungen. Als er von all den schönen Dingen erzählte, die er und seine Mutter gemeinsam unternommen hatten, glänzten seine Augen vor Liebe, und seine Stimme war zärtlich.
    Jean-Anne Chouteau kam ins Krankenhaus, um ihre Schwester Mary-Jane Vergelle zu besuchen. Sie kam gemeinsam mit Julian, Mary-Janes Ehemann.
    Als Vorsitzende der Hilfsorganisation für Kriegsveteranen, Laienpredigerin ihrer Kirchengemeinde und Begründerin der Red Hat Society von Rainbow Falls besuchte sie das Memorial Hospital mindestens einmal in der Woche, um der einen oder anderen geplagten Freundin eine Weile Gesellschaft zu leisten.
    Jean-Anne trug eine Tupperware-Dose unter dem Arm, die mit

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