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Der Schoepfer

Der Schoepfer

Titel: Der Schoepfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gudrún Eva Mínervudóttir
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und Futtersäcke, die Lóa als junges Kindermädchen und Viehhirtin in Landeyjar nie ohne fremde Hilfe hatte hochheben können.
    Das blauschwarze, seidenweiche Haar fiel über Lóas Arme, und die Berührung löste eine eigenartige Ruhe in ihr aus, die unter die Haut glitt, bis in die Knochen.
    Sie hatte manchmal beobachtet, wie Ína ihr T-Shirt abstreifte, das Gesicht in die Höhe reckte und den Kopf hin- und herschwenkte, so dass ihre Haare über ihren Rücken strichen. Jetzt wusste sie, warum Ína das tat. Das sanfte Streicheln auf der ausgehungerten Haut beruhigte sie.
    »Igitt, Mama, die ist ja ekelhaft«, nörgelte Margrét, ohne das schlafanzugbekleidete Geschenk richtig anzuschauen. Sie schien überhaupt nicht mehr neugierig zu sein, keine Achtung mehr vor ungewöhnlichen Dingen zu haben.
    »Sie ist nicht ekelhaft, mein Schatz«, sagte Lóa, keuchend vor Anstrengung, nachdem sie die Puppe in den weinroten Sessel neben dem Bett gehievt hatte.
    »Ich finde sie ekelhaft. Was soll die in meinem Zimmer? Und den alten Stuhl will ich auch nicht haben«, sagte Margrét und zeigte auf den bequemen Plüschsessel mit der Puppe. »Der riecht nach Abstellkammer.«
    »Ich möchte nur, dass immer jemand bei dir ist«, sagte Lóa und versuchte, eher streng als bittend zu klingen.
    »Sie ist nicht jemand . Bist du verrückt geworden? Nimm sie
wieder mit. Was glaubst du, was die Leute von mir halten, wenn sie die hier sehen? Ich bin nicht behindert!«
    »Es kommt doch sowieso niemand außer mir.« Im selben Moment, als Lóa das gesagt hatte, fühlte sie sich, als würde ihr der Boden unter den Füßen weggerissen. Bisher war sie wenigstens so schlau gewesen, keine Kommentare dazu abzugeben, dass Margrét neuerdings keine Freunde mehr hatte. Sie wusste nicht, ob sie das aus Gehässigkeit gesagt hatte oder weil sie Margrét etwas klarmachen wollte. Um ihr zu helfen.
    Tränen rannen lautlos über Margréts Wangen; sie wirkte zu schwach, um richtig weinen zu können. Ihr Mund verzog sich wie bei einem quengelnden Kleinkind und bildete ältliche Falten in ihrer trockenen, hauchdünnen Haut. Ihre Mundwinkel waren vernarbt von Rissen, die erst vor zwei Wochen im Krankenhaus verheilt waren.
    Etwas aus Margréts Körper dringen zu sehen, selbst wenn es sich nur um Wasser handelte, war, wie Zeuge eines tödlichen Unfalls zu werden. Die Tränen beinhalteten kostbares Salz und Mineralien, die Margrét brauchte, um am Leben zu bleiben.
    »Ich fühle mich so schlecht, Mama«, sagte Margrét mit belegter Stimme. »Ich fühle mich so furchtbar schlecht.«
    »Ich weiß.« Lóa setzte sich wieder zu ihr auf die Bettkante und versuchte, dieses federleichte Etwas, das sich mit einem Bein in dieser Welt und mit dem anderen in irgendeiner verzauberten Elfenwelt befand, in den Arm zu nehmen. Margrét ließ es einen Moment zu und stieß sie dann weg, ohne ihre Abscheu gegen die Berührung verbergen zu können.
    »Entschuldige«, heulte Margrét in ihr rosa Kissen.
    Da war es wieder in all seiner Macht: das hohle Triumphgefühl, das Lóa immer verspürte, wenn es ihr gelungen war, Nähe
zwischen sich und ihrer fast verlorenen Tochter zu erzwingen. Es wurde immer leichter.
    Jetzt würde Margrét wenigstens eine Zeit lang umgänglicher sein. Das Weinen war ein Ventil für Wut. Ein speziell erfundenes Ventil für alle, die zu taktvoll oder zu schwach waren, um zu schreien und mit Gegenständen um sich zu werfen.
    Vorsichtig zog Lóa Margrét die Daunendecke weg, wickelte sie zusammen und legte sie ans Fußende. Sie kam nicht umhin, ausdruckslos auf Margréts Becken zu starren, das in der blaugestreiften Schlafanzughose aus Flanell wie ein kantiger Fels aussah.
    »Lass uns in die Küche gehen«, sagte sie.
    Margrét setzte sich im Bett auf und legte die Hand auf ihre Stirn. Ihr Gesichtsausdruck wirkte, als sähe sie in weiter Ferne ein unbeschreibliches Grauen. »Mir ist schwindelig.«
    »Kein Wunder«, sagte Lóa und hielt ihr zur Stütze den Arm hin.
    Als sie am Bad vorbeigingen, hörten sie Ína hinter der geschlossenen Tür plappern und singen. Eine freie Kombination aus all ihren Lieblingsliedern. »Sie heißen Barbapapa, Barbamama, Barbabella, Barbaletta, hmhmhm … Alle meine Entchen schwimmen auf dem See. You’re toxic, na nana na na.«
    Margrét setzte sich wie eine verurteilte Strafgefangene an den Küchentisch, blätterte lustlos in der Zeitung von gestern und ließ ihren Blick über Fotos und Überschriften gleiten, während Lóa Milch in den

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