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Der Schoepfer

Der Schoepfer

Titel: Der Schoepfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gudrún Eva Mínervudóttir
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gelassen habe, und für ihren Zustand. Ich habe schreckliche Fehler gemacht und solche Angst, dass es zu spät ist, sie wiedergutzumachen.«
    Am anderen Ende der Leitung herrschte vollkommene Stille, und Lóa musste sich zusammenreißen, um nicht das bisschen Kontrolle zu verlieren, das sie noch hatte. »Bist du noch dran?«, fragte sie.
    »Ja.«
     
    Während sich Lóa nach dem Baden abtrocknete, saubere Klamotten anzog und sich die Augen schminkte, hörte sie Sveinns Handy ununterbrochen klingeln. Der Ton erinnerte an das Telefon bei ihren Eltern, bevor ihr alter Herr in ein drahtloses Wunderding mit Diskoklingelton investiert hatte.
    Unglaublich, dass der Mann so viel schlafen konnte und noch nicht mal vom Lärm seines eigenen Handys wach wurde.
    Lóa überlegte, ob sie ihn wecken sollte, beschloss aber, lieber das Klingeln auszuschalten. Als sie jedoch das Handy in der
Hand hielt, übernahm etwas anderes die Kontrolle: Ihre Gedanken waren erfüllt von Margrét – von ihrem Gesicht, ihrem Körper, ihrer Stimme –, und sie hatte sich nicht mehr unter Kontrolle. Mit glühender Fingerkuppe drückte sie auf die Taste, die dem hartnäckigen Anrufer den Weg in ihr Heim im Framnesvegur bahnte, direkt zu ihren Ohren.
    »Scheiße, Mann, ich stopfe eine Flasche voll mit Pferdemist und ramme sie dir in den Arsch, bis sie zerbricht«, sagte eine harte, kalte Synthesizerstimme. »Der Tod ist noch zu gut für dich. Du hast es verdient, in ewigen Qualen zu schmoren, du Schwein. Wenn ich dir einen Knochen nach dem anderen abhacke, merkst du vielleicht, dass du nicht Gott bist. Wenn ich dir die Haut mit der Peitsche abziehe, bereust du vielleicht, dein kostbares Leben mit Gräueltaten verschwendet zu haben.«
    Lóa ließ den Hörer sinken. Sie stand wie angewurzelt da, mit Übelkeit im Magen und der brennenden Schuld in ihrer Hand, als Sveinn aus Margréts Zimmer kam und das Gesicht verzog, wie in direkter Fortsetzung der wüsten Beschimpfungen.
    »Was machst du da?«, sagte er.
    Ihr starrer Geist verkrampfte sich noch mehr.
    »Entschuldige«, sagte er, »aber du verstehst bestimmt, dass es mir ziemlich schwerfällt, dir zu vertrauen, oder?«
    »Ich weiß nicht«, hörte sie sich sagen und wusste sofort, dass das der Wahrheit entsprach. Sie konnte sein grenzenloses Misstrauen nicht verstehen. Allerdings wusste sie jetzt, dass sie Sveinn mit seiner Verbitterung und seinen ordinären Widersachern nicht länger beherbergen wollte.
    »Du gehst jetzt besser«, sagte sie. »Die Straßen sind wieder frei.«
    »Ich lege keinen Wert darauf, noch länger hierzubleiben, Schätzchen«, sagte er, und die unterdrückte Erregung in seiner
Stimme verstärkte Lóas Panik. »Aber ich kann nicht fahren, bevor ich was gegessen habe. Ich würde umkippen, bevor ich überhaupt im Auto sitze, verstehst du?«
    »Nein«, sagte sie, »nein, hau ab.«
    »Warum regst du dich denn so auf?«
    »Ich will dir nur klarmachen, dass du dein Handy und dein Busenwunder nehmen und gehen sollst. Ich entschuldige mich noch mal, dass ich die Puppe mitgenommen habe, aber jetzt will ich sie loswerden. Du kannst selbst entscheiden, ob du mir glaubst, aber ich habe sie nicht mitgenommen, weil ich sie für ein unschätzbares Kunstwerk halte, ohne das ich nicht mehr leben kann.«
    »Ich weiß sehr wohl, dass sie kein unschätzbares Kunstwerk ist«, entgegnete er, »aber sie ist sehr wertvoll.«
    Das war zu viel für sie. Niemand wusste, ob Margrét tot oder lebendig war, und dieser Sveinn stand wie ein Idiot vor ihr und verherrlichte dieses groteske Plastikding, das nichts anderes tat, als Abartigkeit und Zank aufkommen zu lassen.
    »Ja«, bekräftigte er, »sie ist siebenhunderttausend Kronen wert.«
    Seine Hände wirbelten durch die Luft, so als sei er kurz davor, die Kontrolle über sie zu verlieren, und aus seinem Mund sprühte Spucke. Offenbar war er mit sich selbst nicht ganz im Reinen, und Lóa konnte kaum glauben, dass er seinen Ärger in dieser Situation an ihr ausließ.
    »Ich habe genug von eurer verkrampften Einstellung zu meiner Arbeit«, sagte er.
    »Wer wir?«
    »Ihr Frauen.« Seine Stimme war so durchdringend, dass Lóa Kopfschmerzen bekam. »Ich habe genug von eurer dummen Eifersucht. Jeder normale Mann schämt sich dafür, Sex
mit einer Puppe zu haben, sie überhaupt bei sich im Haus zu haben, wie ein Muttersöhnchen, das nicht ohne seinen Teddy einschlafen kann. Es ist nicht männlich, auf eine tote Beute einzurammeln. Es ist keine Herausforderung. Du

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