Der schottische Seelengefährte (German Edition)
kommen, dass es ihn derart verletzen konnte und legte sich eine Maske der Regungslosigkeit zu. Er hatte Zeit seines Lebens versucht, den Erwartungen seines Vaters zu entsprechen. Doch damit war von nun an Schluss. Er hatte endlich schmerzhaft begriffen, dass sein Vater in seiner eigenen Wertvorstellung lebte, die nichts und niemand verrücken konnte. An dem Tag, als er seine Mutter schlagen wollte und stattdessen ihn zu Boden geprügelt hatte, stand für Iain fest, dass er seine Anerkennung nicht mehr wollte. Ein Mann, der seineigen Fleisch und Blut so schändlich behandelt war es nicht wert, von ihm beachtet und geehrt zu werden.
Im Nachhinein stellte sich die erzwungene Abwesenheit jedoch als Segen heraus. Denn während Iain bei seinem Onkel innerlich genas und reifte, entgingen er und seine Schwester dem Fieber, das den Rest seiner Familie ein paar Monate später dahinraffte. So kehrte er nach Drumrudha Castle zurück, plötzlich mit der Aufgabe als Laird konfrontiert, für die eigentlich Liam vorbereitet und ausgebildet worden war. Nur widerwillig und auf Drängen seines Onkels Rory hatte er die Herausforderung schließlich angenommen.
Sein erstes Ziel war es dann auch, den bisherigen Führungsstil seines Vaters zu ändern und den Clan gerechter und trotzdem stark zu leiten. Statt aus Angst und Furcht sollten seine Clanmitglieder ihm aus Respekt folgen. Nicht alle waren über diese Änderung erfreut, gerade die Älteren wollten Probleme immer noch lieber mit dem Schwert als mit Worten regeln. Doch so langsam wurde seine Geduld und Hartnäckigkeit belohnt und es zeigten sich immer mehr zufriedene Gesichter.
Iain seufzte, es würde noch eine Menge Zeit und Überzeugungskraft kosten, aber er war nicht gewillt, diesbezüglich Kompromisse zu machen. Und da er nicht sicher sein konnte, sich im Laufe einer Ehe in nicht genauso einen Tyrannen zu verwandeln, wie es sein Vater gewesen war, wollte er bisher auch nicht heiraten. Es floss seines Vaters Blut in seinen Adern, das konnte er nicht leugnen. Zu deutlich waren ihm die Verletzungen seiner Mutter noch vor Augen. Auch wenn er jetzt ganz anders war, hieß es nicht, dass sich das noch ändern konnte. Denn laut seiner Mutter war der Beginn ihrer Ehe noch harmonisch gewesen und hatte sich erst im Laufe der Zeit so dramatisch verschlechtert.
Bisher hatte für ihn als Zweitgeborener auch keine Notwendigkeit einer Vermählung bestanden, deshalb hatte er sich auch noch keinerlei ernsthafte Gedanken über dieses Thema gemacht. Zwar war er auch kein Kostverächter gewesen und hatte die körperlichen Freuden gerne und oft genossen, aber er hatte immer auf den nötigen emotionalen Abstand geachtet. Aber nun war es seine Pflicht, einen Erben und Nachfolger zu zeugen. Nur verspürte er bisher keinen Drang, dieser Pflicht nachzukommen. Es gab mehr als genug willige Anwärterinnen, die gerne die Frau eines Lairds werden wollten, doch Iain hielt sich eisern zurück und passte höllisch auf, nicht in eine weibliche Falle zu tappen. Doch da war nun Mary. Frustriert sog er tief die salzige Luft ein und starrte an den Horizont. Er konnte nicht leugnen, dass er sie sehr anziehend fand und etwas in ihm zum Klingen brachte.
Auf der anderen Seite schien das Schicksal ihm eine zweite Chance zu geben. Seine Mutter hatte er nicht beschützen können, was noch immer sein Gewissen belastete. Doch jetzt hatte er die Möglichkeit, Mary vor dem gleichen Elend, eine erniedrigende und schmerzhafte Ehe einzugehen, zu bewahren. Allein der Gedanke, Donald könnte Mary misshandeln, brachte sein Blut zum Kochen. Er musste einfach etwas unternehmen.
Iain verfolgte, wie die Wellen aus dem Meer geboren wurden und sich beständig verkleinernd der Küste näherten und schließlich im Ufersand ausliefen. Der Lauf der Natur, vorgegeben und von den Menschen nicht beeinflussbar. Er konnte Marys Schicksal beeinflussen und würde es, entschied er schließlich, zu ihrem Wohle.
Nach und nach reifte ein Plan in seinem Kopf, der immer konkretere Gestalt annahm. Er würde Mary heiraten, damit sie für die Dauer ihres Aufenthaltes hier sicher war. Denn ihrer Reaktion nach zu urteilen, wollte sie verständlicherweise so schnell wie möglich wieder zurück. Ob es möglich war, wusste er nicht Aber er hatte inzwischen selber lernen müssen, dass es mehr zwischen Himmel und Erde gab, als es den Anschein hatte. Wenn sie dann in ihre Zeit zurückging, war er wieder frei und jeder konnte sein altes Leben wieder
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