Der schottische Seelengefährte (German Edition)
zuschrieb. Nach ihrer Erinnerung war der nächste wichtige Feiertag der 21. Juni, der Tag der Sommersonnenwende. Bis dahin waren es noch gut sechs Wochen, in denen sie hier nur unbeschadet überleben musste.
Leise wurde an ihre Tür geklopft und auf ihr Rufen hin trat Elizabeth vorsichtig balancierend mit einen Tablett ein. Sie und Mairi hatten sich in den letzten Tagen abgewechselt, Mary mit allem zu versorgen, was sie brauchte und sich wünschte.
„Ich habe etwas zu essen für Euch“ kam sie fröhlich in die Kammer geeilt und stellte das Tablett auf den Tisch. Mary und Iain waren übereingekommen, Elizabeth nichts von ihrer wahren Herkunft zu erzählen, so dass der Kreis der Eingeweihten sich auf sie, Iain und Mairi beschränkte. Deshalb musste Mary immer besonders vorsichtig sein, wenn sie sich mit Elizabeth unterhielt. Sie mochte das Gefühl gar nicht, sie zu hintergehen. Denn mittlerweile mochte sie Elizabeth richtig gerne, wie die jüngere Schwester, die sie sich gewünscht aber nie gehabt hatte. Elizabeths Augen strahlten mit dem Blau des heutigen sonnigen Tages um die Wette, als sie Mary stolz und zufrieden verkündete:
„Ich habe auch einen Tiegel Creme von mir mitgebracht, sowie eine ganz feine Seife mit Rosenblättern. Die Haut duftet damit herrlich nach einem Bad, welches ich auch schon angewiesen habe. Das Wasser wird in der Küche gerade erhitzt, und zwei Burschen bringen gleich den Bottich hoch.“
Sie schüttelte verständnislos den Kopf.
„Ich begreife zwar nicht, warum Ihr unbedingt baden wollt, denn so schmutzig seht Ihr gar nicht aus, aber Iain hat befohlen, alle Eure Wünsche zu erfüllen. Ach ja, hier ist auch die feine Wolle, nach der Ihr gefragt habt. Obwohl ich wirklich neugierig bin, was Ihr damit wollt, wenn nicht sticken.“
Der beste Ersatz für Zahnseide, antwortete Mary gedanklich und lächelte dankbar, während sie sich mit der Zunge über ihre wie sie fand, schon pelzigen Zähne fuhr.
Mary, die es gewohnt war, jeden Morgen zu duschen und manchmal abends ein zweites Mal, wenn sie Sport getrieben hatte, fühlte sich nach fünf Tagen ohne richtige Dusche, nur mit provisorischem Waschen, mehr als unwohl und reif für ein Bad. Ihr Kopfhaut juckte und angeekelt fasste sie sich ins fettige Haar.
„Wie kannst du es nur ohne regelmäßiges Waschen aushalten“ fragte sie Elizabeth verständnislos, während sie sich am Kopf kratzte. Sie hoffte, dass dies nicht schon ein Anzeichen von Mitbewohnern auf ihrem Kopf war.
„Och, ich binde mir einfach meine Haare zusammen oder trage eine Haube, dann fällt es nicht so auf. Warum ist Euch das denn so wichtig?“
Mary seufzte ergeben, die erste Lektion in Hygiene war wohl fällig. „Da wo ich aufgewachsen bin, hat man herausgefunden, dass mangelnde Sauberkeit sehr häufig der Grund für viele Krankheiten ist. Deshalb bade ich möglichst täglich, um mich davor zu schützen.“
Entgeistert starrte Elizabeth sie an. „Täglich? Aber davon wird die Haut doch ganz dünn und die schützende Schmutzschicht wird entfernt!“
„Ich sage ja nur, wie wir es bei uns gehandhabt haben, und wenn man bedenkt, dass viele Menschen bei uns das hohe Alter von über 70, 80 oder sogar 90 Jahren erreichen, muss wohl etwas Wahres dran sein.“
Es war nicht richtig und auch ein bisschen gemein, allein die körperliche Pflege mit dem hohen Alter zu rechtfertigen, aber eine Darlegung der medizinischen Fortschritte im 21. Jahrhundert hätten hier wohl den geistigen Rahmen gesprengt. Außerdem wollte sie nicht immer wieder argumentieren, wenn sie ein Bad nehmen wollte. Hier ging es um eine Grundsatzentscheidung!
Nach wie vor nicht überzeugt schüttelte Elizabeth den Kopf. „Wie Ihr wollt, mal sehen wie Ihr den nächsten Winter übersteht, ob Ihr Euch bei der beißenden Kälte immer noch ins Wasser setzen wollt.“
Dann bin ich hoffentlich nicht mehr hier frohlockte Mary innerlich, behielt es aber wohlweislich für sich.
Auf ein kräftiges Klopfen hin wurde die Tür geöffnet und zwei junge Burschen trugen eine riesige hölzerne Sitzbadewanne herein, wie sie es schon oft in Büchern oder auch schon mal in einem Museum gesehen hatte.
„Stellt sie dort ans Feuer“ dirigierte Elizabeth die Beiden, worauf sie die Wanne ächzend absetzten und sofort wieder verschwanden, um kurze Zeit später jeweils mit zwei dampfenden Eimern Wasser zurückzukehren. Dies wiederholte sich so oft, bis die Wanne gutdreiviertel voll war. Dann stellten sie noch einen Eimer neben
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