Der schottische Seelengefährte (German Edition)
heiraten sollte. Er kannte ihn von verschiedenen Begegnungen und war abgestoßen von seiner Gewaltbereitschaft, sogar Kindern und Frauen gegenüber. Das wäre in der Tat eine schlechte Wahl. Diesem widerwärtigem Kerl wollte er Mary auf gar keinen Fall ausliefern.
„Es gäbe eine Lösung“ murmelte Mairi ganz leise und schaute vorsichtig zu Iain auf.
Dieser blickte sie bei diesen Worten aufmerksam an. Als Mairi nichts weiter sagte und nur direkt in seine braunen Augen blickte, verhärteten sich seine Gesichtszüge. „Niemals“ raunte er mit so kalter Stimme, dass fließendes Wasser zu Eis erstarrt wäre, drehte sich um und stampfte mit weit ausholenden Schritten in Richtung Burg. Mairi seufzte auf und blickte ihm traurig hinterher.
Iain brauchte eine Abkühlung und lief die Treppe zum Wehrgang hinauf. Tief atmete er die frische salzige Luft ein und spürte die starke Meeresbrise, die seine hohe Gestalt umwehte. Hier hatte er schon oft gestanden, wenn ein Problem ihn beunruhigte und immer war er mit einer guten Lösung wieder hinabgestiegen. Er schaute sich in der Abenddämmerung um. Er liebte dieses Land, die sanften grünen Hügel, die sich hinter der Küste erhoben, den tosenden Lärm der Wellen, die sich an den Klippen brachen.
Noch vor kurzem war er als jüngerer Sohn unwichtig gewesen, alle hatten sich nur auf Liam, den Erstgeborenen konzentriert, den erklärten Liebling und Nachfolger seines Vaters. Schon seit seiner frühsten Kindheit hatte Iain äußerst schmerzhaft zu spüren bekommen, dass sein Vater ihn nur wie Luft behandelte und völlig ignorierte. Allen Anstrengungen Iains zum Trotz wurde Liam immer bevorzugt und mit Aufmerksamkeiten und Lob überschüttet. Da dieser nicht nur äußerlich sondern auch charakterlich ganz nach seinem Vater geriet, war dieser entsprechend stolz. Für Iain dagegen hatte er nicht mehr als einen flüchtigen Blick übrig. Zwar konnte auch er seinen Vater vom Aussehen her nicht verleugnen, doch hatte er das viel sanftere Wesen seiner Mutter geerbt. Einmal hatte er sogar mitbekommen, wie sein Vater einem Cousin gegenüber abfällig meinte, dass sein jüngster Sohn zwar vom Aussehen ein Mann, aber vom Verhalten eher eine verweichlichte Frau sein. Er wäre so stolz auf seinen älteren Sohn, weil der ein richtigerMann sei und dass er den Clan in seinem Sinne weiterführen würde. Unter Iains Leitung dagegen würde alles in kürzester Zeit zugrunde gehen, da er keinerlei Führungsqualitäten besäße. Zwar hatte Iain immer gespürt, dass sein Vater seinen Bruder vorzog, aber dass er so eine geringe Meinung von ihm hatte, war ihm nicht bewusst gewesen und hatte ihn zutiefst verletzt.
Daraufhin hatte Iain aus Ehrgeiz doppelt so hart trainiert und war in kürzester Zeit im Schwertkampf sogar besser als sein Bruder geworden. Eine Anerkennung von seinem Vater hatte er allerdings dafür nicht bekommen und er hatte gelitten wie ein geprügelter Hund. Irgendwann hat er schmerzhaft verstehen müssen, dass sein Vater nur an Liam interessiert war, um den Fortbestand des Clans in seinem Sinne zu sichern. Daraufhin hatte er sich immer mehr seiner Mutter zugewandt, mit der er in der Tat ein sehr enges Verhältnis hatte. Diese besaß von Natur aus ein sanftes und gütiges Wesen, aber im Laufe ihrer Ehe mit diesem hartherzigen Mann hatte sie resigniert und sich in ihr Schicksal gefügt. Nie würde Iain die Schmähungen vergessen, die sein Vater im vollen Saal über seine Frau ausgeschüttet hatte, nur weil er gerade mal wieder schlechter Stimmung war. Oder ihre unterdrückten Schreie und Schluchzer, die oft nach einer durchzechten Nacht seines Vaters anschließend aus ihrer Kammer zu hören waren. Liam zeigte genauso wenig Respekt und Achtung seiner Mutter gegenüber wie der Vater. Iain fühlte sich hilflos mit ansehen zu müssen, wie seine Mutter immer wieder erniedrigt wurde. Beim letzten Mal hatte er sich vor sie gestellt, als sein Vater sie wieder schlagen wollte. Doch statt einzuhalten, hatte er die Wucht des Schlages nicht gemildert, so dass Iain quer durch den Saal geschleudert worden war. Sein Vater hatte ihn nur kalt angesehen und gemeint: „Beim nächsten Mal bringe ich dich um.“
Am nächsten Tag war er mit seiner jüngeren Schwester Elizabeth zu seinem Onkel Rory geschickt worden, dem älteren Bruder seiner Mutter. Er war verletzt wegen der offensichtlichen Abschiebung und die Demütigung brannte sich tief ein. Er schwor sich, es niemandem mehr zu gestatten, ihm so nahe zu
Weitere Kostenlose Bücher