Der schottische Seelengefährte (German Edition)
unter einem Dach. Die Kinder verlassen früher das Heim, um selbstständig zu sein und Erfolg zu haben. Dafür müssen sie viel Zeit in Ausbildung und Beruf stecken. Gerade Mädchen werden stärker gefördert, um nicht von einem Mann abhängig zu sein. Sie sollten in der Lage sein, für sich selber sorgen zu können. Das wird Gleichberechtigung der Frauen genannt. Es soll die Unterdrückung und Ausbeutung der Frauen verhindern. Deshalb haben meine Elternmir eine hervorragende Ausbildung ermöglicht und meine Arbeit hat mir viel Spaß gemacht. Manche meinten, ich würde meine Nase mehr in verstaubte Bücher stecken als das aufregende Leben um mich herum zu genießen. Aber kein Mann hat mich bisher so stark fasziniert, dass ich ihn näher kennenlernen, geschweige denn heiraten wollte.“
Iain runzelte die Stirn. „Aber wer kümmert sich dann um die Alten und Kranken? Wer führt den Haushalt? Wer näht die Kleidung und kocht?“
Mary versuchte ihm geduldig und so verständlich wie möglich, die Entwicklung der Industrialisierung und die verschiedenen Berufsgruppen zu erklären. Iain lauschte gebannt mit gerunzelter Stirn ihren Ausführungen.
„Das finde ich schrecklich. Wenn man keine Familie mehr hat, die zusammenhält, die füreinander da ist und sich unterstützt, was macht das dann noch für einen Sinn? Sich Selbstverwirklichen, das hört sich für mich sehr eigennützig an, wo bleibt da der Gedanke an die anderen?“ Iain schien richtig entsetzt zu sein, sich vorzustellen, keine Clanleute mehr um sich zu haben, um die er sich kümmern konnte.
Seufzend gestand sie sich ein, dass sie die alleinstehenden älteren Menschen oft bedauert hat, wenn sie ganz alleine in ihren kleinen Wohnungen lebten und deren Höhepunkt des Tages der Besuch der Essenslieferung war. Oder die Menschen, die ihre letzten Tage in einem Altenheim verbrachten, wo sie zwar medizinisch gut versorgt waren, aber oft aus Einsamkeit nur noch dahinvegetierten. Aber darüber konnte man unterschiedlicher Meinung sein. Für Mary war klar gewesen, dass sie sich im Alter auf jeden Fall um ihre Eltern gekümmert hätte. Deshalb konnte sie Iains Unverständnis nachvollziehen. Außerdem war sie froh, als Frau eine umfassende Ausbildung erhalten zu haben, was zu Iains Zeit nie möglich gewesen wäre. Erst jetzt verstand sie das Drängen ihrer Mutter nach Selbstständigkeit für Mary wirklich.
Noch während Mary über weitere Argumente nachdachte, klopfte es kurz und die Tür wurde geöffnet und eine Magd trat herein. Mit einem leisen Aufschrei und aus einem Reflex heraus, zog Mary sich die Bettdecke über den Kopf und versteckte sich tief unter dem Laken.
Schon mal was von Privatsphäre gehört? Völlig genervt stöhnte Mary vor sich hin. Wie peinlich! Kann denn hier keiner warten, ob er hereingerufen wird bevor er ins Zimmer platzt? Ich werde ein Schild anfertigen, das draußen an die Tür kommt, bitte nicht stören, oder so. Oder am besten einen riesigen Riegel an der Innenseite der Tür, damit ungebetene Gäste gar nicht erst hereinkönnen schimpfte sie leise vor sich hin. Neben sich spürte sie Iains Oberkörper leicht zucken und bewegte ihren Kopf vorsichtig, so dass sie seinen muskulösen Brustkorb sehen konnte, der sich tatsächlich krampfhaft bewegte. Er lacht mich aus! Empört hörte sie Iain etwas sagen, aber so gedämpft unter der Decke konnte sie nichts verstehen. Na warte! Langsam schob sie ihre rechte Hand zu seinem Bein und riss ihm mit einem Ruck ein paar krause schwarze Haare aus.
„Autsch!“ Iain hob entrüstet die Decke und schaute sie vorwurfsvoll an, während er sich die schmerzende Stelle rieb. Mary blinzelte nur unschuldig wie ein Kaninchen aus ihrer Höhle und lächelte lieblich.
„Dafür das du mich ausgelacht hast!“
Sie befreite sich aus ihrem Deckenkokon, setzte sich auf und strich sich die zerzausten und verschwitzen Haare aus dem Gesicht. „Puh, war das warm. Aber mal ernsthaft Wir müssen etwas gegen das ständige Reinplatzen unternehmen. Stell dir doch vor, sie wäre nur ein paar Minuten früher gekommen, dann hätte sie interessanten Anschauungsunterricht hinsichtlich der Anatomie ihres Lairds erhalten, von mir ganz zu schweigen. Was soll sie denn darüber denken?“
Iain versuchte ernst zu bleiben, was ihm nicht so recht gelang, denn sein unterdrücktes Grinsen wurde mit einem erneuten empörten Blick quittiert. „Ich glaube, für genügend Gesprächsstoff hast du schon selber gesorgt.“ Er schafft es einfach
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