Der schottische Seelengefährte (German Edition)
mehr zu verlieren hat, wird er kein Risiko eingehen und alles Genauestens überdenken.“
Warm und zuversichtlich blickte er Mary an.
„Geht und helft Mairi oder Elizabeth, und haltet die Augen offen. Es wird alles gut“
Klar, entrüstet und nicht minder besorgt lief Mary zurück zur Burg. Was hatte sie auch erwartet? Dass sie als Frau mit in die Strategieplanung einbezogen werden würde? In diesem Jahrhundert? Eher unwahrscheinlich. Trotzdem verletzte es sie, dass Iain sie außen vor ließ.
Mittlerweile war fast kein Durchkommen mehr, so viele Gäste drängten sich im Innenhof und in der Halle. Gerade schoss sie um einen Pfeiler in der Halle, als sie abrupt auf eine harte Brust prallte und zum Stehen kam. Peinlich berührt löste sie sich aus den Armen, die sich automatisch um ihre Schultern gelegt hatten, um sie zu stützen. Das nächste Fettnäpfchen! Sie konnte sich schon vorstellen wie alle sich darüber amüsierten, dass Iains ungeschickte Frau die Gäste in Grund und Boden rannte.
„Entschuldigung, ich war unvorsichtig.....“ begann sie und blickte an der Brust hoch zum Gesicht des Mannes. Doch da stockte ihr der Atem und sie brach erschrocken ab. Sie griff sich entsetzt an die Kehle. Oh mein Gott, war das Letzte, was ihr durch den Kopf ging, bevor alles schwarz wurde.
Nur langsam drangen wieder Stimmen zu ihr durch und Mary hörte einen besorgten und wütenden Iain, der sich mit einer nicht minder aufgebrachten fremden männlichen Stimme stritt. Sie spürte ein sanftes Schütteln an ihrer Schulter und hörte Iain ihren Namen rufen. Benommen versuchte sie sich zu erinnern, was passiert war und als es wieder langsam in ihr Bewusstsein drang, riss sie die Augen auf und klammerte sich an Iains Hand.
„Iain, du glaubst nicht, was ich…“ begann sie, doch einen Blick auf den Mann neben Iain ließ sie wieder abrupt verstummen. Sie zerquetschte Iains Hand und holte tief Luft, um ihrer Panik Herr zu werden und nicht schon wieder in das Reich des Vergessens zu sinken.
„Mary, darf ich dir Kyle McKinnon vorstellen, den Bruder deiner Mutter und somit dein Onkel.“
Mary richtete sich zitternd auf und konnte den Mann vor ihr nur mit offenem Mund anstarren. Iain klappte ihn ihr mit einem Finger sanft zu, was sie jedoch nicht bemerkte. Den Mann vor ihr zu sehen war ein Schock, den sie noch nicht verdaut hatte. Er sah genau so aus wie ihre Mutter, die beiden hätten Zwillinge sein können. Die gleichen grauen Augen, die jetzt die Farbe eines drohenden Sturms angenommen hatten, die gleichen rot-braunen Haare, die sich in langen Wellen bis auf die Schulter lockten. Die gleiche helle Haut, die sich straff über den scharfen Wangenknochen spannte. Seine kantigen Konturen wurden durch seine mühsam unterdrückte Anspannung noch verstärkt. Er war nicht viel größer als Mary und trug zum feierlichen Anlass seinen roten, mit dicken schwarzen und einem feinen weißen Streifen durchzogenen Tartan, der ihn ganz klar als den Laird der McKinnons auszeichnete. Er sah durchtrainiert aus, hatte aber nicht die ausgeprägten Muskelpakete, wie Iains Körper auszeichneten. Mary Blick wanderte wieder höher und blieb am Gesicht hängen, das so vertraut, und doch wiederum so anders schien. Kein Wunder, dass Mary in der Halle gedacht hatte, den Geist ihrer Mutter zu sehen. Bei besserem Licht und genauerer Betrachtung war es natürlich offensichtlich, dass vor ihr ein Mann stand.
Auch Kyle schien sichtlich um Fassung zu ringen.
„Ich erwarte eine Erklärung McAllister“ knurrte er, ohne auch nur einen Blick von Mary zu lassen.
Iain seufzte abgrundtief. Er hatte mit dieser Begegnung gerechnet, doch der Zeitpunkt hätte günstiger sein können.
„Kyle, dies ist Mary, die Tochter Eurer Schwester Megan und meine Frau“ fügte er besitzergreifend hinzu.
„Das habe ich mir schon gedacht, die Ähnlichkeit ist unverkennbar, bis auf die Augen“ fuhr er Iain an. „Doch viel wichtiger ist, wieso sie hier bei Euch ist und ich als ihr Onkel nichts davon weiß. “
Iain richtete sich zu seiner vollen Größe auf.
„Ihr sollt Eure Erklärung haben, mit allen Details. Doch möchte ich Euch bitten, bis Morgen Geduld zu haben. Sie ist der Grund, warum ich letzte Woche noch bei Euch war, um mich Eurer Anwesenheit heute zu vergewissern. Leider gibt es heute nicht nur einen freudigen Anlass.“
Knapp berichtete Iain von dem bevorstehenden Verrat, ohne jedoch zu sehr ins Detail zu gehen und damit Marys Beteiligung zu verraten. Unglaube
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