Der schottische Seelengefährte (German Edition)
weiterhin, ihm Wasser oder ein bisschen Brühe einzuflößen. Mairi wechselte regelmäßig die Verbände und trug Salben zur Linderung auf.
Erst nach drei Tagen, als das Fieber langsam sank und Mairi ihr bestätigte, dass Iain wieder gesund werden würde, überließ Mary ihr kurz die Wache am Bett.
Leicht benommen auf schwachen Beinen schlich Mary zum Wachturm hinauf. Sie hatte das Gefühl, unbedingt frische Luft zu brauchen und starrte gebannt aufs Meer. Heftiger Wind zerrte an ihren Haaren und fegte die Tränen vom Gesicht, die ihr vor lauter Erschöpfung und Erleichterung über das Gesicht liefen. Es war später Nachmittag, doch war es bereits durch die Regenwolken, die tief und schwer am Himmel hingen, sehr dunkel, was genau zu ihre Stimmung passte.
Mary war verzweifelt, sie erkannte sich selber nicht wieder. Sich immer ihrer Stärken aber auch Schwächen bewusst, war sie stets selbstbewusst und zielsicher durchs Leben gegangen. Doch hier kam sie sich so nutzlos vor, so überflüssig. Sie konnte nicht helfenSondern musste nur tatenlos zusehen. Besonders als es um Iain ging. Der Gedanke, ihn fast verloren zu haben, war unerträglich. Nie war sie so voller Selbstzweifel gewesen.
Was soll ich hier in dieser Zeit ging es ihr resigniert durch den Kopf. Ich habe keine Fähigkeiten, die ich hier sinnvoll einbringen kann. Bei all den Unruhen und Kämpfen, die leider immer wieder vorkommen werden, falle ich beim Anblick von Blut direkt auf die Nase und bin nur noch eine weitere Belastung statt eine Hilfe für die anderen. Selbstmitleid war sonst nicht ihre Art, aber die Anstrengungen der letzten Tage und die Sorge um Iain waren einfach zu viel für sie. Die bisher unterdrückten Tränen bahnten sich ihren Weg und brachen mit aller Wucht aus. Von Schluchzern gerüttelt rutschte Mary mit dem Rücken die Wand herunter und kauerte wie ein Häufchen Elend am Boden und weint sich die Seele aus dem Leib. Erschöpft und mit einem lästigen Schluckauf, rollt sie sich zusammen wie ein Husky im Schnee.
„Ihr werdet krank, wenn Ihr nicht bald ins Trockene kommt, Mylady.“
Ein kleiner schmächtiger Junge stand keine drei Schritte von ihr entfernt und blickte sie ernst an. Mit verquollenen Augen erwiderte Mary nur traurig seinen Blick, ohne den Kopf zu heben. Sie fühlte sich völlig ausgebrannt und wollte nur noch alleine sein und schlafen. Es vergingen einige Minuten, in denen nur das Pfeifen des Windes zu hören war.
„Ihr solltet wirklich wieder hereinkommen, es wird gleich regnen.“ Mary reagiert nicht und blieb einfach still liegen, sie hatte keine Kraft mehr, noch nicht einmal um dem Knaben zu sagen, dass er verschwinden sollte.
Plötzlich spürte sie, wie jemand ihr ganz vorsichtig einige verklebte Haarsträhnen aus ihrem Gesicht schob. Diese fürsorgliche Geste ließen ihr wider Willen erneut Tränen in die Augen steigen, obwohl sie gedacht hatte, dass sie keine mehr übrig hatte. Auch diese wurden sanft mit einem etwas rauen Tuch fortgewischt.
Mühsam öffnete sie die Augen, setzte sich auf und lehnte mit dem Rücken an die Mauer, dessen eisige Kälte sie schon gar nicht mehr spürte, genau wie ihre gefühllosen, tauben Glieder.
Der Junge hockte direkt vor ihr und seine Augen blickten viel zu ernst für einen so jungen Knaben. Sie erkannte in ihm den Jungen, der in die Küche gestürmt und Mairi geholt hatte. Er war sehr schmächtig, eher grazil und seine Hände mit den schlanken Fingern erinnerten Mary an eine Künstlernatur. Sie würde ihn auf vielleicht 12 Jahre schätzen, aber sie hatte nie ein gutes Auge dafür gehabt, Menschen altersmäßig richtig einzuschätzen. Und in diesem Jahrhundert alterten die Menschen schneller als in ihrem, so dass sie auch völlig daneben liegen konnte.
„Wer bist du?“ Ihre Stimme klang ganz rau vom Weinen und war nur ein leises Krächzen.
„Simon.“
Mary betrachtete ihn genauer. Sie hatte schon einige Jungen im Laufe der letzten Tage gesehen, sei es im Stall oder im Hof, wo sie meistens mit Holzschwertern herumliefen und es den großen Kriegern nachmachten und zu kämpfen übten. Ihn hatte sie dabei aber nicht gesehen, da war sie sich ziemlich sicher.
„Was machst du hier oben?“
So etwas wie Unsicherheit erschien in seine Augen, doch blickte er sie weiterhin direkt an. „Hierher komme ich immer, wenn ich nachdenken will“ sagte er leise. „Hier ist selten jemand und ich habe meine Ruhe.“
Mary betrachtete ihn aufmerksam und irgendetwas an seiner Art und dem
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