Der schottische Seelengefährte (German Edition)
seiner traurigen Stimme entnehmen, wie verletzt er über die Zurückweisung gewesen war.
Sanft strich Mary ihm eine dunkle Locke aus den Augen.
„Und genau das meine ich. Du magst vielleicht nicht so viele Muskeln wie die anderen haben. Dafür bist du aber viel gescheiter was deinen Kopf angeht. Denk mal darüber nach, und dir werden bestimmt noch mehr Situationen einfallen, in denen dein Kopf besser funktioniert hat als bei den anderen.“
Resolut packte sie ihn bei den Schultern und drehte ihn zur Tür. „So, und nun geh dich trocknen und aufwärmen, in der Küche bekommst du bestimmt eine heiße Milch mit Honig. Du willst doch nicht krank werden.“
Simon nickte zustimmend. „Meine Mama arbeitet dort und versucht immer, alles Mögliche in mich hereinzustopfen, damit ich kräftiger werde.“
Mary musste sich in die Wange beißen, um bei den genervten Worten nicht loszuprosten. Simon sollte nicht den Eindruck bekommen, dass sie ihn nicht ernst nahm.
„Das ist typisch für alle Mütter, ihre Kinder zu mästen, Simon. Sie liebt dich halt so sehr und möchte, dass es dir gut geht. Mach dir nichts draus.“ Gleichzeitig überlegte sie, wer Simons Mutter wohl sein mochte.
„Nun aber los ins Trockene“. Entschieden schob sie ihn zur Tür.
„Aber Ihr seid genauso nass wie ich“ protestiert er.
„Ich komme auch gleich nach“ versprach sie ihm und schob ihn ungerührt weiter. Bevor er ganz im Treppenhaus verschwunden war, rief sie ihn noch kurz zurück. „Und Simon - du darfst jederzeit wieder herkommen, um nachzudenken.“
Der Junge hatte ihr mehr geholfen, als er ahnen konnte. Voller Mut und neuem Elan machte sie sich auf den Weg nach unten in ihr neues Leben.
Iain fühlte sich erbärmlich, als wäre er von einer Horde Rinder niedergetrampelt worden. Es gab keine Stelle am Körper, die ihm nicht weh tat Am schlimmsten waren sein Kopf, in dem es wie verrückt pochte und die schmerzlich brennende linke Schulter. Auch auf seiner rechten Schulter fühlte er einen schweren Druck und drehte mühsam seinen Kopf, auch wenn er dabei das Gefühl hatte, dass er zwischen zwei Mühlsteinen lag. Seine Augen konnte er nur mit Mühe öffnen und durch einen kleinen Spalt sah er ein Wust aus kastanienroten Locken. Mary. Er verzog beruhigt seine trockenen Lippen zu einem leichten Lächeln, was eher einer Grimasse glich. Sein Mund war so ausgetrocknet, dass er glaubt, seine Zunge wäre um das Doppelte angeschwollen und kaum zu bewegen.
„Hier, trinkt das“ hörte er plötzlich leise an seinem Ohr und fühlte einen Becher, der an seinen Mund gehalten und sein Kopf angehoben wurde. Gierig trank er das kühle Wasser und sank nach ein paar Schlucken völlig erschöpft zurück ins Kissen. Mühsam bewegte er seinen gesunden Arm, schlang ihn um Mary und zog sie dicht an sich heran. Zufrieden sank er diesmal in einen tiefen erholsamen Schlaf.
Iain saß schwach aber aufrecht in seinem Bett, flankiert von seinem Onkel Rory und Callum. Beide waren zutiefst erleichtert, Iain wieder so weit wohlauf zu sehen und debattierten lebhaft über die würdige Antwort auf den feigen Angriff auf Iains Leben.
„Und ich sage euch, Auge um Auge! Stürmen wir die Burg und erlösen dieses schöne Fleckchen Erde von diesem stinkenden und heimtückischen Ungeziefer.“
Onkel Rory hatte sich so richtig in Rage geredet, sein hochroter Kopf war besorgniserregend. Seine Faust landete mit einem lauten Rums auf der Tischplatte und ließ die Becher mit Wasser und Ale hüpfen.
„Wenn wir dieser Brut den feigen Überfall durchgehen lassen, glauben sie noch, sie könnten alles mit uns machen. Beim nächsten Mal schneiden sie uns einfach im Schlaf die Kehlen durch. Sie sollen lernen uns zu meiden wie den Vorhof zur Hölle.“
„Wäre es nicht vernünftiger, gemeinsam mit unseren Verbündeten gegen sie vorzugehen?“ gab Callum zu bedenken „Ihr wisst genau, dass die Burg der Fergussons schwer einzunehmen ist. Sie haben sich im Laufe der Jahre zu viele Feinde gemacht und wissen, dass sie zu jeder Zeit vor Vergeltungsanschläge auf der Hut sein müssen. Ohne eine Schwachstelle zu kennen wird es schwer. Und eine Belagerung könnte sich auch in die Länge ziehen.“
Während die beiden sich über die bessere Möglichkeit stritten, starrte Iain wortlos vor sich hin.
Seine Genesung machte gute Fortschritte, sein Kopf schmerzte so gut wie gar nicht mehr. Nur noch seine Schulter behinderte ihn, und an Training mit dem Schwert war auch noch nicht zu denken.
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