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Der Schrei der Engel: Thriller (German Edition)

Der Schrei der Engel: Thriller (German Edition)

Titel: Der Schrei der Engel: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R.J. Ellory
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alles getan war, konnte man nirgendwohin gehen außer an den Ort, von dem man gekommen war.
    Es gab Menschenleben, die sich wie klare Aussagen darstellten. In Parrishs Augen würde sein eigenes Leben nie etwas anderem entsprechen als einer Parenthese. Mit Leuten wie ihm konnte etwas nicht stimmen, Menschen, die einer solchen Arbeit nachgingen – in ihrem Inneren musste es eine psychologische Bruchlinie geben. Diese Bruchlinie verlieh ihnen die Augen, den Magen, die Nerven, um weiter hinzusehen, wo jeder vernünftige Mensch sich längst abgewandt hätte.
    Er war überzeugt davon, dass er allein sterben würde. Vielleicht in einer Bar auf halbem Weg zwischen der Jukebox und dem nächsten Bushmills. Manche Leute würden sich an ihn erinnern, aber die meisten würden ihn schnell vergessen haben. Und dann – erst dann – würde er wirklich entdecken, was er in den engen Gassen, den dunkelsten Schatten, den scheußlichsten Ecken immer gesucht hatte: Er würde wissen, was wirklich passierte, wenn die Lichter ausgingen.
    »Frank?«
    Parrish schaute auf und bemerkte, dass Radick ihn anstarrte. In seinem Gesichtsausdruck lag ein Anflug von Besorgnis.
    »Alles in Ordnung?«
    »Alles klar«, sagte Parrish. »Ich rufe jetzt Franco in Williamsburg an. Machen Sie Dampf wegen der Verbindungsdaten.«
    Franco war so hilfsbereit, wie man sich nur wünschen konnte.
    »Die Akte können Sie natürlich nicht bekommen«, erklärte er. »Aber es spricht nichts dagegen, dass ich Ihnen alles kopiere. Ich kümmere mich darum und schicke Ihnen sämtliche Unterlagen. Eine Sache nur … wenn Sie den Fall wirklich lösen, dann lassen Sie mich nicht wie einen Idioten aussehen, okay?«
    Parrish gab sein Wort, und Franco legte mit dem Versprechen auf, ihm die Kopien bis zum nächsten Morgen zu schicken.
    Radick hatte weniger Glück. Von Melissa, Nicole und Karen waren keine Telefondaten mehr gespeichert. Und, ja, sowohl Rebecca als auch Kelly besaßen aktive Handyaccounts, doch ohne richterliche Anordnung durften sie die Daten nicht einsehen. Auch mit größter Höflichkeit und Beharrlichkeit hatte Radick die Mitarbeiter der Telefongesellschaften nicht erweichen können.
    Also begann Radick mit dem Schriftkram, während Parrish sich einmal mehr den Akten zuwandte, um zu überprüfen, was er bisher möglicherweise übersehen hatte.
    Um Viertel vor fünf schickte Radick seinen Antrag auf eine richterliche Verfügung per Kurier zum Gerichtsgebäude. Wenn man es nüchtern betrachtete, erschien es äußerst unwahrscheinlich, dass er vor Montag Antwort erhielt. Parrish rief Valderas an und erklärte ihm die Situation, woraufhin Valderas versprach, mit Captain Haversaw zu sprechen. Letztlich würden sie die Autorität des Divisional Commanders benötigen, um ihr Anliegen entscheidend zu beschleunigen, aber Haversaws Rückendeckung würde zumindest ein wenig helfen. Vielleicht, nur vielleicht, würden sie die Verfügung noch am Freitag vor Dienstschluss erhalten, und dann ginge es nur noch darum, zu den jeweiligen Büros der Telefongesellschaften zu gehen und die Informationen einzufordern. Und dann, was würden sie finden? Eine Million Kurznachrichten an die Freundinnen der Mädchen, in denen es um Jungs und Musik und Facebook ging; endlose Anrufe, um Mitfahrgelegenheiten und Verabredungen in der Mall zu organisieren. Wie groß war die Chance, auf eine Nummer zu stoßen, die irgendetwas mit ihrem Verschwinden zu tun hatte? So etwas ließ sich nicht kalkulieren. Trotzdem durfte man diesen Arbeitsschritt nicht auslassen. Irgendetwas konnten sie finden, und wenn es noch so geringfügig war. Selbst wenn sie nur auf das kleinste Fragment einer Verbindung zwischen Rebecca und Karen stießen, hätten sie zumindest eine Bestätigung dafür, dass es sich tatsächlich um ein und denselben Fall handelte.
    Was Parrish am dringendsten brauchte, war Melissa. Er musste sie finden – tot oder lebendig. Und wenn er sie gefunden hatte, würde er entscheiden, ob ihr Fall dazugehörte oder nicht. Was er hoffte, und er hoffte es mit tiefer Traurigkeit im Herzen, war, dass eine solche Verbindung tatsächlich bestand und dass sie tot war und dass es an ihr irgendetwas gab, das ihnen dabei helfen würde, dem Täter auf die Schliche zu kommen. Es bestand eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sie das erste Opfer gewesen war, und oftmals – wenn es sich um einen Serienmörder handelte – hatte sich der endgültige Modus Operandi, der diese Menschen zu Serienmördern machte, noch

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