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Der Schrei des Eisvogels

Der Schrei des Eisvogels

Titel: Der Schrei des Eisvogels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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hinterher bei einem Einbruch als erster verdächtigt worden.«
    Er schwieg und bewunderte Digweeds Versuch, empört auszusehen.
    »Und was den Alkohol betrifft, der angeblich Ihr Urteilsvermögen getrübt hat, so nehme ich mal an, dass Sie stocknüchtern waren. Und erzählen Sie keinen Scheiß über diesen Bourbon, den Sie so großzügig vorbeigebracht haben, damit ich mich nicht einsam fühle. Sie wollten lediglich sicherstellen, dass der einzige Cop, der noch im Dorf war, nicht mitten in der Nacht herumschnüffelt!«
    »Also, das ist ja die Höhe!«, protestierte Digweed und wurde rot.
    »Ach ja? Sie haben sogar diese edlen Gläser mitgebracht, damit ich nicht merke, wieviel ich im Vergleich zu Ihnen trinke!«
    Die Röte hielt sich in Digweeds Gesicht, hatte inzwischen jedoch mehr von Scham als Empörung.
    »Na schön, Sergeant, ich geb’s zu. Das war meine Absicht. Aber ich möchte nicht, dass Sie denken … Sehen Sie, es stimmt schon, dass ich Sie anfänglich nicht besonders mochte. Aber es hilft alles nichts. Ich hab vergeblich dagegen angekämpft. Ich sage das nicht, um Sie als Dienstperson zu beeinflussen, aber meine Gefühle lassen sich nicht verleugnen. Schon vorgestern abend dämmerte mir allmählich, dass mehr an Ihnen dran ist, als man auf den ersten Blick sieht. Letzte Nacht bin ich, das will ich zugeben, gekommen, um Sie betrunken zu machen. Aber ich bin geblieben, weil es mir, so verschieden wir sein mögen, Freude bereitete, mit Ihnen zusammenzusein.«
    Er stockte.
    Wield betrachtete ihn voller Verwunderung. »Na großartig, danke!«, platzte es ihm heraus. »Wenn ich mal im Altersheim sitze, werde ich mich an der Erinnerung aufwärmen, dass einmal ein richtiger Gentleman wie Sie einen gewöhnlichen Dorfcop wie mich ins Herz geschlossen hat.«
    Aus irgendeinem Grund schien die Reaktion Digweed zu gefallen, denn er lächelte und antwortete: »Hab Ihre Gefühle verletzt, wie, Sergeant? Oder schämen Sie sich vielleicht nur ein klitzekleines bisschen dafür, dass Sie mit einem öden alten Intellektuellen wie mir einen Drink genossen haben?«
    Wield widerstand der Versuchung, das Lächeln zu erwidern, und sagte: »Dann wollen wir doch mal sehen, worum sich die ganze Sache dreht.«
    Er nahm das Päckchen, das an Ellie Pascoe adressiert war, und fing an, es aufzureißen.
    »Ich hab Ihnen doch schon gesagt, dass ich das falsche Buch eingepackt habe«, sagte Digweed alarmiert. »Und das Päckchen da war es sowieso nicht.«
    »Sie geben wohl nie auf, was?«, sagte Wield. »Natürlich war es dieses Päckchen. Sobald Sie merkten, dass unser Mr. Pascoe mit Ihrer Ms. Pascoe verwandt sein könnte, bekamen Sie’s mit der Angst, und Sie gaben keine Ruhe, bis Sie raushatten, dass sie tatsächlich zusammengehören. Was also soll unter keinen Umständen der Frau eines Cops in die Hände fallen?«
    Er hatte keine Antwort, außer vielleicht Pornographie oder ein terroristisches Handbuch, das eine so unwahrscheinlich wie das andere. Doch heraus kam eine recht abgegriffene Ausgabe von Agatha Christies
Mord im Orientexpress
in einem leicht zerfledderten Schutzumschlag. Er öffnete das Begleitschreiben.
    Liebe Mrs. Pascoe,
    anbei finden Sie, wie telefonisch besprochen, eine Ausgabe von
Mord im Orientexpress.
Ich hoffe, sie findet Ihre Zustimmung und gereicht Ihrem Mann zur Zierde in seiner Sammlung. Wie vereinbart, füge ich meine Rechnung über £ 295 bei.
    »Stattlicher Preis für einen alten Thriller, oder?«, sagte Wield.
    »Es ist eine Erstausgabe, mit Schutzumschlag«, sagte Digweed. »Wenn sie besser erhalten wäre, könnte ich vierhundert dafür bekommen. Zu dem Preis ist es ein Schnäppchen.«
    »Nein, ist es nicht«, sagte Wield. »Da ist was faul dran, sonst hätten Sie es nicht unbedingt zurückhaben wollen, als Sie merkten, dass es für einen Cop bestimmt war. Ist es eine Fälschung?«
    »Kaum«, sagte der Buchhändler. »Das würde mehr kosten, als das Buch wert ist!«
    »Dann ist es der Schutzumschlag! Was haben Sie gestern gesagt? Der Umschlag kann den Preis aufs Zehnfache oder mehr erhöhen?«
    Er sah Digweeds Gesicht an, dass er ins Schwarze getroffen hatte.
    »Aber wieso?«, fragte er. »Ich meine, okay, damit machen Sie vielleicht hundert Piepen mehr, aber das macht Sie nicht reich, oder? Und Sie hauen einen anderen Buchliebhaber übers Ohr.«
    Die Anschuldigung traf Digweed an einer empfindlichen Stelle. »Sehen Sie, es ist nicht ganz so schlimm, wie es aussieht … Na ja, schon, ich schäme mich

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