Der Schrei des Eisvogels
wie ein Kind die Arme zwischen ihnen, während sie auf die Eingangstreppe zugingen.
»Allen einen recht guten Tag«, sagte Halavant strahlend. »Harry, da sind Sie ja. Wie schön, Sie zu sehen.«
Und Caddy blickte ihrer Schwester ins Auge und verkündete: »Wir wollen heiraten.«
Lillingstone schwankte und wurde blass. Kee packte ihn am Ellbogen und hielt ihn fest.
»Glückwunsch«, sagte Dalziel. »Sie lassen es uns doch wissen, falls Sie Ihre Hochzeitsreise ins Ausland machen wollen?«
»Tu ich das?«, sagte Halavant. »Wieso sollte ich?«
»Wollen doch keinen Prozess, bei dem der Kronzeuge und eine der Angeklagten im Ausland sind, oder?«
»Und was für ein Prozess sollte das wohl sein?«, fragte Halavant höflich zurück.
»Der Prozess gegen Mr. Bendish und Miss Harding wegen Kunstraubs; der Prozess gegen Mr. Lillingstone, weil er Mr. Bendish Unterschlupf gewährte, von dem er wusste, dass er Ihr Bild gestohlen hatte; und der Prozess gegen Miss Scudamore wegen Fälschung, da sie wusste, dass ihre Kopie zur Förderung eines Verbrechens benutzt werden würde.«
Es war kein guter Tag für ihn, denn zum zweiten Mal verfehlte er die erhoffte Schockwirkung.
Halavant lächelte nur und sagte: »Ich fürchte, Sie sind einer Fehlinformation erlegen, Superintendent. Es stimmt allerdings, dass meine Verlobte eine Kopie von einem Bild angefertigt hat, das sich in meinem Besitz befand. Ich hab sie sogar dabei.«
Er öffnete den Kofferraum und beförderte das Bild in seinem ovalen Rahmen zutage, das Pascoe zuletzt an Halavants Wand gesehen hatte.
»Eine vorzügliche Kopie, das müssen Sie zugeben, die allenfalls der Experte erkennt. Glücklicherweise hat meine begabte Verlobte es, wie Sie sehen, signiert, so dass keine Verwechslung möglich ist.«
Stolz verwies er auf den Namenszug.
»Und das Original, Sir?«, fragte Pascoe, als er sah, dass Dalziel gerade etwas sagen wollte, das Dan Trimble später vielleicht bedauerlich finden würde.
»Nun, das Original ist, wie ich glaube, im Besitz seines rechtmäßigen Eigentümers. Ich hatte es mir nur für eine Weile geborgt.«
Er warf Fran Harding ein übermütiges Lächeln zu, als wolle er sie einladen, den Triumph über die Hüter von Recht und Ordnung mit ihm zu feiern. Doch das Mädchen lächelte nicht zurück.
»Dreckskerl«, sagte sie.
Jetzt verriet Halavants Gesicht vielleicht nicht gerade Schock, zumindest aber doch gelindes Erstaunen.
»Vielleicht habe ich mich nicht klar ausgedrückt, Fran«, sagte er. »Ich erhebe keinerlei Anspruch mehr auf das Gemälde. Ich bestätige hiermit, dass es allein Ihnen zukommt. Ich glaube, Sie beabsichtigen, es zu verkaufen und den Erlös zur Rettung der Schule zu spenden. Falls ich mich nicht sehr täusche, dann dürfte es nicht nur für dieses bewundernswerte Vorhaben reichen, sondern auch noch für eine beachtliche Mitgift …«
»Falls Sie sich nicht täuschen …! Sie scheinheiliger, mieser Dreckskerl!«
Der jungen Frau stand jetzt der Zorn ins Gesicht geschrieben.
»Fran, was ist los?«, fragte Kee.
»Das ist los!« schrie Fran Harding, ging zu ihrem Käfer und zog ihren Cellokasten heraus. Sie ließ die Verschlüsse aufschnappen, hob den Deckel an und zog eine ovale Leinwand heraus, die sie Halavant unter die Nase hielt.
»Ich war heute morgen in der Stadt, wo ich einen Experten von Sotheby’s getroffen habe. Er war extra aus London gekommen, und soll ich Ihnen was sagen? Er war keineswegs erfreut. Die lange Fahrt, nur um sich eine Fälschung anzusehen!«
»Ich verstehe nicht ganz«, sagte Lillingstone, in dessen Gesicht inzwischen wieder die Farbe zurückgekehrt war. »Ich dachte, das da wäre die Fälschung?«
»Ist es auch«, sagte Caddy und drückte das gerahmte Porträt schützend an sich.
»Die Kopie, meint sie«, sagte Halavant. »Nein, Fran, Ihr sogenannter Experte irrt sich …«
»Das glaube ich kaum«, sagte Fran. »Wann haben Sie’s verkauft, Justin? Wo ist das Geld geblieben?«
Alle Blicke ruhten auf Halavant. Er war entweder unschuldig oder ein brillanter Schauspieler.
»Es tut mir leid, aber ich kann mir das nicht erklären …«
Digweed hatte, nicht anders als die drei Polizisten, eine bloße Zuschauerrolle gespielt. Jetzt hüstelte er. Auch wenn er nur über eine kurze Berufserfahrung verfügen mochte, klang es Wield doch wie ein typisches Anwaltshüsteln, das eine Familie, die sich über einem Testament in den Haaren lag, zur Ordnung rief.
»Darf ich?«, fragte er. »Fran, was
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