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Der Schrei des Eisvogels

Der Schrei des Eisvogels

Titel: Der Schrei des Eisvogels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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genau hat Ihr enttäuschter Experte gesagt?«
    »Er sagte, dass es definitiv nicht achtzehntes Jahrhundert ist, sondern ein vorzügliches Porträt aus dem neunzehnten Jahrhundert im Stil von Reynolds. Bei einer Auktion könnte es möglicherweise zwischen achthundert und tausendfünfhundert erzielen …«
    »Dann wird mir, glaube ich, einiges klar«, unterbrach Halavant. »Für ein Kind wie Franny mag ich antik aussehen, aber im neunzehnten Jahrhundert war ich noch nicht da, um Fälschungen in Auftrag zu geben!«
    Fran sah so aus, als wolle sie heftig widersprechen, doch Digweed sagte: »Mir kommt da in den Sinn, dass die Eigentümerin das ursprüngliche Porträt in den achtzehnhundertachtziger Jahren einmal für längere Zeit aus der Hand gegeben hat, und zwar, als mein Großvater Ralph ihr Porträt malte, das zu dem von Frances Guillemard passen sollte.«
    »Edwin, Sie wollen doch nicht etwa sagen, dass Ihr Großvater …«
    »Nein, selbstverständlich nicht«, sagte Digweed empört. »Jeder, der sein Porträt von Edwina kennt, sieht selber, dass er zwar die Ölmalerei recht gut beherrschte, aber bei weitem nicht das Können hatte, um all die scharfsichtigen Beobachter zu täuschen, die sich bis auf den heutigen Tag haben täuschen lassen.«
    »Was dann?«, fragte Halavant.
    »Ralph brauchte das Porträt aus zweierlei Gründen. Zum einen als Hilfe bei seiner Aufgabe, Edwina zu malen. Zum anderen, um beide Porträts passend rahmen zu lassen. Ich weiß aus seinem Tagebuch, dass er dafür einen Freund aus dem Kunsthandel einspannte und wegen der langen Zeit, die die Anfertigung der Rahmen brauchte, nervös wurde.«
    Einen Moment herrschte erstauntes Schweigen, das Wield brach, indem er sagte: »Dieser Freund Ihres Großvaters war nicht zufällig Jeremy Halavant, oder?«
    Digweed schenkte ihm ein freudiges Lächeln.
    »Ganz genau. Jeremy, dem erst kurz zuvor sein halbfertiges Haus abgebrannt war, und zwar mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit durch Anstiftung seitens der Guillemards, obwohl ihnen nichts nachgewiesen werden konnte. Es kostete ihn eine beträchtliche Summe, es wieder instand zu setzen. Was wird er wohl gedacht haben, als er sich vorübergehend im Besitz eines, wie sich herausstellte, äußerst wertvollen Gemäldes befand, das ausgerechnet der Familie gehörte, die ihm eine Menge Geld schuldete? Er verfügte zweifellos über die Kontakte, um eine erstklassige Kopie anfertigen zu lassen. Und wenn das Bild erst einmal wieder an Edwinas Wand hing, würden sie, falls sie überhaupt einen Unterschied bemerkten, ihn vermutlich der Reinigung und dem neuen Rahmen zuschreiben.«
    »Aber das würde ja bedeuten, dass Job Halavant auf den Betrug seines eigenen Großvaters reingefallen ist!«, rief Lillingstone.
    »Nicht nur Job«, sagte Kee und sah dabei Justin bedeutsam an. »Auch Justin!«
    »Und nicht nur ich«, sagte Justin und warf Caddy ein Lächeln zu, die lediglich die Achseln zuckte und sagte: »Es gibt eigentlich keine Fälschungen, nur gute Gemälde und schlechte Gemälde.«
    Halavant fing an zu lachen, Kee und Larry Lillingstone tauschten ein Lächeln, Digweed blinzelte Wield zu, der wegschaute, Dalziel sah aus, als hätte ihm jemand eine Apfeltorte aus dem Mund gerissen und ihm statt dessen eine Rübe hineingesteckt. Nur Franny Harding wirkte noch unglücklicher als der Dicke.
    »Das ist nicht komisch«, sagte sie beinahe schluchzend und lehnte sich gegen Bendish, der ihr zum Trost die Beine tätschelte. »Es war alles umsonst, und wir sind der Rettung der Schule keinen Schritt näher gekommen.«
    Digweed hüstelte noch einmal. Die Gruppe lernte rasch. Diesmal schenkte sie ihm noch schneller ihre Aufmerksamkeit.
    Er hielt ein Fax hoch und sagte: »Es sieht vielleicht gar nicht so düster aus, wie es scheint. Möglicherweise sind wir gar nicht mehr weit von einer Lösung entfernt.«
    »Du hast von deinem Anwaltsfreund gehört«, sagte Kee.
    »Hab ich allerdings. Larry, das
Zu-verkaufen
-Schild an deinem Pfarrhaus, es kann sein, dass deine Vorgesetzten etwas verkaufen wollen, das ihnen gar nicht gehört.«
    »Nicht schon wieder dieser alte Hut mit der Schenkung, Edwin, bitte! Geschenkt ist geschenkt. Man behält keine Rechte, erst recht nicht zweihundert Jahre später!«
    »Bei einem sturen Yorkshirianer würde ich das nicht ausschließen«, sagte Digweed. »Zu der Schenkung kam es als Dank für die jährliche Rückerstattung von Kirchenabgaben. Es war eine Gegenleistung. Seit dem Zehntrecht von

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