Der Schrei des Eisvogels
vor?«, fragte Peter Pascoe energisch.
Bei Licht betrachtet lag für alle klar auf der Hand, was vor sich ging. Ein Mann im Talar hielt Justin Halavant mit offenbar geübtem Ringergriff auf dem Bett fest.
»Wer sind Sie?«, fragte der fromme Kämpfer, indem er sich zu ihnen umdrehte.
»Die Polizei«, sagte Pascoe. »Hätten Sie die Güte aufzustehen?«
Der Pfarrer lockerte seinen Griff. Sofort schnellte der Unterlegene herum, und ohne Zweifel hätte sein Knie die klerikalen Weichteile in einer brutalen Attacke erwischt, wäre ihr Besitzer nicht behende vom Bett gesprungen, bevor der Kontakt zustande kam.
»Du liebe Güte«, sagte er, als er sein Opfer von vorne sah. »Mr. Halavant!«
Und nicht minder erstaunt sagte der nunmehr auf dem Rücken liegende Mann: »Lillingstone! Was zum Teufel haben Sie denn hier zu suchen?«
»Die Frage müsste wohl eher lauten, was Sie beide hier zu suchen haben«, sagte Pascoe streng. »Dieses Haus ist Eigentum der Polizei. Würden Sie uns wohl freundlicherweise erklären, was Sie herführt?«
»Was mich betrifft, nichts einfacher als das«, sagte Lillingstone. »Ich tue nur das, was wohl eigentlich Ihre Aufgabe wäre. Ich kam gerade die Einfahrt vom Pfarrhaus herunter, als ich sah, dass sich hier oben etwas bewegte. Ich hatte von Mr. Bendishs Verschwinden gehört. So schöpfte ich natürlich Verdacht. Ich ging rein …«
»Wie?«, unterbrach Pascoe.
»Durch die Haustür. Sie stand offen«, sagte der Pfarrer. »Ich bin die Treppe hoch und sah, wie ich annehmen musste, einen Einbrecher über das Bett gebeugt, der gerade die Matratze anhob. Daher habe ich als treuer Staatsbürger eine Festnahme vorgenommen.«
»Sehr staatsbürgerlich von Ihnen«, sagte Pascoe. »Und Sie, Mr. Halavant, wie sehen Sie das?«
»Eine Frechheit!«, sagte Halavant, während er aufstand und nachsah, ob seine Glieder und Kleider in Mitleidenschaft gezogen waren. »Ich war auf der Suche nach Constable Bendish. Als ich die Tür offen fand, bin ich reingekommen und habe nach ihm gerufen. Es kam keine Antwort, aber ich meinte, oben ein Geräusch zu hören, und so bin ich hochgegangen.«
»Wieso?«, fragte Pascoe.
»Für den Fall, dass der Constable in Schwierigkeiten wäre. Er hätte einen Anfall haben können oder einen Sturz. Ich habe nur meine Pflicht getan.«
»Enscombe strotzt jedenfalls von bürgerlichem Pflichtgefühl«, murmelte Pascoe. »Und Sie haben die Matratze angehoben, weil zu befürchten war, dass der Constable bei seinem Anfall oder beim Hinfallen irgendwie darunter gefallen sein könnte?«
»Ich dachte, er könnte unter das Bett gerollt sein.«
»Wäre es in diesem Fall nicht einfacher gewesen, sich zu bücken und nachzusehen?«
»Ich bücke mich grundsätzlich nicht«, sagte Halavant. »Und es wundert mich offen gesagt, dass Sie
meine
Sorge wundert, wenn Sie selbst offensichtlich so besorgt sind, dass Sie Verstärkung mitbringen, um das Verschwinden Ihres Constables zu untersuchen.«
Er warf Wield ein Lächeln zu und bekam einen Blick zurück, den Dalziel gewöhnlich Wields Abführteeblick nannte.
»Nun ja, ich frage mich eben, wieso Sie hier nach Bendish suchen, wenn Sie wissen, dass er vermisst wird«, sagte Pascoe freundlich.
Für einen Moment verblüfft, doch rasch wieder im Vollbesitz seiner Geistesgegenwart, erwiderte Halavant: »Dieses Gerücht habe ich nicht besonders ernst genommen, Inspector, ich meine, bis eben war mir nicht klar, dass Sie einen Suchtrupp gebildet haben. Ich wollte lediglich mit Bendish über seinen Bericht zu dem gestrigen Eindringling bei mir zu Hause reden.«
Der Pfarrer, dem vielleicht dämmerte, dass er sich gerade zum Narren gemacht hatte, saß zusammengesunken auf dem Bett.
»Dagegen ist nichts einzuwenden, Sir«, sagte Pascoe. »Sobald wir Bendish haben, werden wir ihn bitten, sich mit Ihnen in Verbindung zu setzen. Sergeant …«
Wield hielt Halavant die Tür zum Treppenhaus auf.
Lillingstone erhob sich, um ihnen zu folgen, doch Pascoe sagte: »Nein, Sir, warten Sie. Ob Sie wohl einen Moment Zeit für mich hätten?«
»Natürlich. Ich fühle mich geschmeichelt.«
»Wie das?«
»Ich bekomme den Chief Inspector, während unsere örtliche Prominenz mit dem Sergeant vorliebnehmen muss.«
»Das liegt daran, dass Sie der interessantere Fall sind, Sir«, sagte Pascoe.
»Wieso?«, fragte der Pfarrer verunsichert.
»Mr. Halavant ist Journalist und ein Mann der Medien«, sagte Pascoe. »Es muss ihm demnach zur zweiten Natur geworden
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