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Der Schrei des Eisvogels

Der Schrei des Eisvogels

Titel: Der Schrei des Eisvogels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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»Sein
Reisender
ist natürlich etwas anderes. Aber welche dringende Angelegenheit führt Sie her, Mr. Digweed?«
    »Wer sagt denn, dass es dringend ist?«, fragte der Buchhändler ein wenig pikiert.
    »Es gibt ein Selbst, das tief im Herzen hört auf das, was jenseits aller Sprache liegt, und dringend doch sich mitzuteiln begehrt«, sagte Pascoe.
    Digweed sah ihn stirnrunzelnd an. Doch wie Wield zu beobachten glaubte, rührte sein Missmut nicht nur daher, dass er bei dieser dünkelhaften Zitiererei seinen Meister gefunden hatte.
    »Natürlich, Sie haben völlig recht, und es tut mir leid, wenn ich mich wie ein Rüpel benommen habe. Nehmen Sie meine scharfe Zunge als eine Selbstschutzmaßnahme, Sie wissen ja, Hunde, die bellen, beißen nicht und bleiben auch meistens von anderen Beißern verschont.«
    Wield, der mit einigem Zynismus vermutete, dass seine dicke Haut ihn von dieser Entschuldigung ausschloss, war überrascht, als Digweed auch in seine Richtung ein unterkühltes Lächeln durchschimmern ließ.
    Dann aber nahm der Buchhändler einen geschäftsmäßigen Ausdruck an.
    »Und ja, in der Tat, Mr. Pascoe, führt mich eine Sache von ziemlicher Dringlichkeit her, zumal ich hoffte, Sergeant Filmer und Ihren guten Sergeant Wield bei ihrer Verabredung anzutreffen. In meinen Laden ist eingebrochen worden. Ich wurde beraubt.«
    »Tut mir leid, das zu hören, Sir«, sagte Pascoe. »Was wurde denn gestohlen?«
    Digweed verdrehte die Augen und sagte: »Ich führe einen Buchladen, Chief Inspector, einen Laden, in dem Bücher verkauft werden. Also raten Sie mal!«
    Und Wield musste innerlich lachen, als er sah, dass nicht einmal ein gutes Zitat einen Menschen vor kleinen Bisswunden bewahren konnte.

Zehn
    »Ihre Bitte hinsichtlich der Bücher bereitet mir grausame Qualen; mir fallen keine ein, die ich mitbringen könnte, noch wüsste ich einen Grund, warum wir welche nötig hätten.«
    I m Buchladen hing staubig stickige Luft, die Pascoe einsog wie frische Bergluft. Für Wields Nase dagegen war sie nicht allzuweit von dem Mief feuchter Kartons entfernt, wie sie ein paar unglückliche Zeitgenossen in der Fußgängerzone als Bett benutzten.
    Digweed nahm sie mit in ein Hinterzimmer und zeigte ihnen ein Fenster, aus dem ein kreisrundes Stück Glas geschnitten war.
    »Wie haben sie das bloß hingekriegt?«, fragte Digweed.
    »Sie müssen nur eine Saugglocke gegen die Scheibe drücken, einen ganz gewöhnlichen Rohrentstopfer«, sagte Wield. »Dann ritzen Sie mit einem Glasschneider einmal herum und ziehen. Als nächstes langen Sie mit der Hand hinein und öffnen den Griff. Ich würde sofort den Glaser kommen lassen, Sir. Die Leute lieber gar nicht erst auf Ideen bringen.«
    »Ich bin durchaus selber in der Lage, ein Stück Glas zu schneiden und eine Dose Kitt aufzumachen«, sagte Digweed, nun wieder ganz der Alte. »Das Leben auf dem Lande lehrt Autarkie. Ich frage mich tatsächlich gerade, ob wir nicht besser auch unsere eigene Polizei stellen sollten.«
    »Was scheint denn zu fehlen?«, unterbrach ihn Pascoe, der die Regalfächer eher als Bibliophiler denn als Ermittler abgeschritten war.
    »Soweit ich anhand der Lücken sehen kann, eine ziemlich eklektische Auswahl. Zum Beispiel eine moderne Ausgabe von
Thorburn’s Vogelkunde
, eine
Geschichte des Kriegers
aus dem neunzehnten Jahrhundert und ein Katalog der Renoir-Ausstellung in der Hayward Gallery von 1985.«
    »Also ein Renaissance-Dieb, ein Universalgelehrter«, sagte Pascoe. »Viel wert?«
    »Kaum. Den
Krieger
könnte man vielleicht als Rarität bezeichnen, hatte außerdem einen schönen Einband, war aber nicht besonders gefragt. Alles zusammen fünfzig, sechzig Pfund, vermute ich mal.«
    Wield sah gerade durch die rautenförmigen Scheiben einer verschlossenen Vitrine und sagte: »Die hier drinnen sind wohl wertvoller, oder?«
    »Richtig, aber da die Vitrine verschlossen und jeder Zentimeter Regalfläche voll ist, wage ich die kühne These, dass nichts fehlt.«
    Sein Ton hätte einem Grundschullehrer oder einem Parteisprecher Ehre gemacht, und Wield provozierte er zu dumpfer Hartnäckigkeit.
    »Er könnte einen Dietrich benutzt haben. Dann hat er vielleicht ein paar wertvolle Stücke rausgenommen, die Hüllen um irgendwelche anderen Bücher von da drüben gemacht und sie wieder ins Regal gestellt, so dass Sie es nicht bemerken.«
    Er sah, dass er etwas Dämliches gesagt haben musste, denn selbst Pascoe grinste. Aber wenigstens bewahrte er Wield vor Digweeds

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