Der Schreiber von Córdoba
der Herausforderung. So weit bin ich gekommen.
»Natürlich verbrennen, Ehrwürdiger Pater«, sage ich.
»Die Kirche weiß es in allen Dingen am besten, glaube ich.«
»Aber all die fleißige Arbeit …«
Er prüft mich. »Jede Seite
bezeugt deine Kunstfertigkeit.«
Zwei können darum spielen, ob sie wissen,
welche Worte sie jeweils sagen müssen.
»Ich hoffe, Ehrwürdiger Pater,
noch viel mehr Seiten zu füllen
im Laufe meines Dienstes
für Euch.«
Arbeitssuche
»Bist du wirklich deswegen hergekommen?«
Der Pater beugt sich über den Tisch.
Sein Atem riecht noch
nach Mittagessen.
Welche Wahl habe ich?
Ich sage Ja.
Ich hege keine Zuneigung für Señor Ortiz.
Aber die Augen jenes Arztes
tanzen durch mein Gewissen.
Und die Wärme, mit der er und Papa
einander die Hand geschüttelt haben.
Also habe ich gesagt, was ich
in jedem fremden Haus sage.
Ein tüchtiger Schreiber,
der leider keine Arbeit hat.
Schließlich bin ich zu ihnen gekommen.
Wenn ich nicht vorgebe,
dass die Arbeitssuche mein Grund war,
wird uns das Offizium
nie mehr in Ruhe lassen.
Fragen (2)
Ich war so ruhig, als ich heute Morgen
erwachte, so entschlossen,
diesen Plan durchzuziehen.
Jetzt, nachdem ich es getan habe,
schwirrt mir der Kopf vor Fragen.
Wie soll ich das Mama und Papa sagen
und selbst Amir?
(Werde ich es ihnen sagen?)
Und dann in zwei Tagen – was viel zu kurz ist –,
wenn ich anfange, wie soll ich es ertragen?
(Werde ich es ertragen?)
Die Priester berichten von Männern, verzweifelten Männern,
die ihre Seele dem Teufel verkaufen.
Habe ich das getan?
Wessen Wort werde ich
mit Tinte auf Pergament schreiben –
die der Verräter? Oder vielleicht
die der Verratenen?
Was wäre mir lieber?
Am liebsten wäre ich
unter der Erde.
Zwei
AMIR
Córdoba, Kastilien und Málaga,
Granada
1486–1487
Falke
Wie ein Dummkopf marschiere ich los.
Oder wie ein Falke.
Lasst mich erklären.
Kleine Jungen
glauben, Falken seien edel.
Schließlich werden sie
von Königen gehalten.
Aber ich sage euch mal, wie sie so einen Vogel abrichten:
Sie binden seine Füße an einer Stange fest.
Dann bedecken sie seine armen Augen mit ledernen Klappen.
Wenn sie ihm wieder abgenommen werden,
hat er vergessen,
was Freiheit überhaupt ist.
Ramón hat mir befohlen,
zu seiner »Dame« zu gehen, als wäre ich noch
sein kleiner Sklavenjunge.
Was er nicht weiß:
Papa (so nenne ich ihn auf seinen Wunsch)
hat mir vor drei Monaten
die Freiheit geschenkt.
Und doch werde ich losgeschickt
wie ein gut dressiertes Haustier. Um meinen Herrn
bei einem verwöhnten,
oberflächlichen Mädchen zu entschuldigen.
Bruchstelle
Es steht dir nicht zu, den Mund aufzumachen.
Jahrhundertelang haben die Emire von Granada
– maurische Könige – voller Bitterkeit geschwiegen.
Sie haben für das Privileg bezahlt,
in al-Andalus bleiben zu dürfen, in dem Land, das sie einst stolz
ihr Eigen nannten.
Als die Steuereintreiber aus Kastilien im Norden herunterkamen,
bezahlten die stolzen Mauren des Südens.
Aber eine solche Geschichte mündet immer
in eine Veränderung.
Für uns hat die Kette Abu al-Hassan zerrissen.
Als der Gesandte des Königs zu ihm kam und Steuern wollte,
schickte al-Hassan ihn weg.
»Wir haben eine eigene Münzanstalt hier«, lächelte der Emir.
»Aber die Schwächlinge, die sie benutzten,
um Münzen für die Christen zu prägen, sind alle tot und dahin.
Heute macht unsere Münze nur noch
Klingen für Krummsäbel.«
Seitdem hat sich ein Krieg zusammengebraut.
Das christliche Heer –
angeführt von seinem König, Ferdinand –
hat viele neue Spielzeuge und will sie unbedingt ausprobieren.
Ich wette, wenn ich der Emir wäre,
hätte ich den Preis für den Frieden bezahlt.
Wartet nur ab, wie ich morgen schon zu Ramón sein werde:
eifrig bereit, zu verzeihen und wieder gut zu sein.
Wie?
Aber
wie kann ich zurückkehren?
Es ist nicht nur wegen Ramón.
Sondern, weil die Wahrheit ist:
Es ist besser, dass ich gegangen bin.
Wenn ich dableibe,
wird dieser Señor Ortiz niemals einlenken.
Er wird sie von dort verjagen,
so sicher wie der Löwe
den Hirsch jagt.
Die Kathedrale
Ich warte.
Dieses Kleinod von Córdoba
war nicht immer eine Kirche.
Muslime kamen hierher
aus ganz al-Andalus,
um hier am Freitag zu beten.
Als Kind in Granada
habe ich oft davon gehört.
Sie haben die filigranen Säulen und Bögen behalten.
Die herrlichen Mosaiken, die mit
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