Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schreiber von Córdoba

Der Schreiber von Córdoba

Titel: Der Schreiber von Córdoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Little
Vom Netzwerk:
der Herausforderung. So weit bin ich gekommen.
    »Natürlich verbrennen, Ehrwürdiger Pater«, sage ich.
    »Die Kirche weiß es in allen Dingen am besten, glaube ich.«
    »Aber all die fleißige Arbeit …«
    Er prüft mich. »Jede Seite
    bezeugt deine Kunstfertigkeit.«
    Zwei können darum spielen, ob sie wissen,
    welche Worte sie jeweils sagen müssen.
    »Ich hoffe, Ehrwürdiger Pater,
    noch viel mehr Seiten zu füllen
    im Laufe meines Dienstes
    für Euch.«
      
    Arbeitssuche
    »Bist du wirklich deswegen hergekommen?«
    Der Pater beugt sich über den Tisch.
    Sein Atem riecht noch
    nach Mittagessen.
    Welche Wahl habe ich?
    Ich sage Ja.
    Ich hege keine Zuneigung für Señor Ortiz.
    Aber die Augen jenes Arztes
    tanzen durch mein Gewissen.
    Und die Wärme, mit der er und Papa
    einander die Hand geschüttelt haben.
    Also habe ich gesagt, was ich
    in jedem fremden Haus sage.
    Ein tüchtiger Schreiber,
    der leider keine Arbeit hat.
    Schließlich bin ich zu ihnen gekommen.
    Wenn ich nicht vorgebe,
    dass die Arbeitssuche mein Grund war,
    wird uns das Offizium
    nie mehr in Ruhe lassen.
      
    Fragen (2)
    Ich war so ruhig, als ich heute Morgen
    erwachte, so entschlossen,
    diesen Plan durchzuziehen.
    Jetzt, nachdem ich es getan habe,
    schwirrt mir der Kopf vor Fragen.
    Wie soll ich das Mama und Papa sagen
    und selbst Amir?
    (Werde ich es ihnen sagen?)
    Und dann in zwei Tagen – was viel zu kurz ist –,
    wenn ich anfange, wie soll ich es ertragen?
    (Werde ich es ertragen?)
    Die Priester berichten von Männern, verzweifelten Männern,
    die ihre Seele dem Teufel verkaufen.
    Habe ich das getan?
    Wessen Wort werde ich
    mit Tinte auf Pergament schreiben –
    die der Verräter? Oder vielleicht
    die der Verratenen?
    Was wäre mir lieber?
    Am liebsten wäre ich
    unter der Erde.

Zwei
    AMIR
    Córdoba, Kastilien und Málaga,
Granada
1486–1487

Falke
    Wie ein Dummkopf marschiere ich los.
    Oder wie ein Falke.
    Lasst mich erklären.
    Kleine Jungen
    glauben, Falken seien edel.
    Schließlich werden sie
    von Königen gehalten.
    Aber ich sage euch mal, wie sie so einen Vogel abrichten:
    Sie binden seine Füße an einer Stange fest.
    Dann bedecken sie seine armen Augen mit ledernen Klappen.
    Wenn sie ihm wieder abgenommen werden,
    hat er vergessen,
    was Freiheit überhaupt ist.
    Ramón hat mir befohlen,
    zu seiner »Dame« zu gehen, als wäre ich noch
    sein kleiner Sklavenjunge.
    Was er nicht weiß:
    Papa (so nenne ich ihn auf seinen Wunsch)
    hat mir vor drei Monaten
    die Freiheit geschenkt.
    Und doch werde ich losgeschickt
    wie ein gut dressiertes Haustier. Um meinen Herrn
    bei einem verwöhnten,
    oberflächlichen Mädchen zu entschuldigen.
      
    Bruchstelle
    Es steht dir nicht zu, den Mund aufzumachen.
    Jahrhundertelang haben die Emire von Granada
    – maurische Könige – voller Bitterkeit geschwiegen.
    Sie haben für das Privileg bezahlt,
    in al-Andalus bleiben zu dürfen, in dem Land, das sie einst stolz
    ihr Eigen nannten.
    Als die Steuereintreiber aus Kastilien im Norden herunterkamen,
    bezahlten die stolzen Mauren des Südens.
    Aber eine solche Geschichte mündet immer
    in eine Veränderung.
    Für uns hat die Kette Abu al-Hassan zerrissen.
    Als der Gesandte des Königs zu ihm kam und Steuern wollte,
    schickte al-Hassan ihn weg.
    »Wir haben eine eigene Münzanstalt hier«, lächelte der Emir.
    »Aber die Schwächlinge, die sie benutzten,
    um Münzen für die Christen zu prägen, sind alle tot und dahin.
    Heute macht unsere Münze nur noch
    Klingen für Krummsäbel.«
    Seitdem hat sich ein Krieg zusammengebraut.
    Das christliche Heer –
    angeführt von seinem König, Ferdinand –
    hat viele neue Spielzeuge und will sie unbedingt ausprobieren.
    Ich wette, wenn ich der Emir wäre,
    hätte ich den Preis für den Frieden bezahlt.
    Wartet nur ab, wie ich morgen schon zu Ramón sein werde:
    eifrig bereit, zu verzeihen und wieder gut zu sein.
      
    Wie?
    Aber
    wie kann ich zurückkehren?
    Es ist nicht nur wegen Ramón.
    Sondern, weil die Wahrheit ist:
    Es ist besser, dass ich gegangen bin.
    Wenn ich dableibe,
    wird dieser Señor Ortiz niemals einlenken.
    Er wird sie von dort verjagen,
    so sicher wie der Löwe
    den Hirsch jagt.
      
    Die Kathedrale
    Ich warte.
    Dieses Kleinod von Córdoba
    war nicht immer eine Kirche.
    Muslime kamen hierher
    aus ganz al-Andalus,
    um hier am Freitag zu beten.
    Als Kind in Granada
    habe ich oft davon gehört.
    Sie haben die filigranen Säulen und Bögen behalten.
    Die herrlichen Mosaiken, die mit

Weitere Kostenlose Bücher