Der Schreiber von Córdoba
wie mein Herz gebebt hat,
als ich sie las. Ganz zu schweigen von
meinem Magenknurren.
Wer hätte gedacht, ich würde so hoch hinaufkommen?
Selbst diese Bea, in die ich einmal so verliebt war,
wäre davon beeindruckt. Ein hidalgo bin ich, nicht weniger –
ich bekam kürzlich ein Pferd.
Wo ich gerade von Damen spreche: Sollten uns nicht einige
bei einem Festmahl mit ihrer Anwesenheit erfreuen?
In den Geschichten kamen immer welche vor.
An unserem Tisch sitzen nur grimmige Mönche und langweilige Schreiber.
Auch Folterknechte, die gerade aus ihren Kammern gekommen sind.
Eine der Amseln ist nicht entkommen,
als die Tür ins Freie geöffnet wurde.
Sie sitzt auf einem Balken und scheint sich zu fragen:
Wie bin ich denn hierhergekommen?
Ich weiß genau, wie sie sich fühlt.
Angebote
Nur einen Tag nachdem ich mich
an den Inquisitor verkauft hatte,
rief mich Papa in sein Zimmer.
Er bat mich, ihm bei seinem
Lebenswerk zu helfen.
»Da ist ein Buch, das ich nach Oman in Afrika
schicken muss. Dort wird es eine Zeit lang
vor den Flammen verborgen sein«, sagte Papa.
»Aber der Weg ist heikel.
Wir müssen eine Kopie machen, falls es verloren geht.
Ramón, die Sache ist gefährlich. Ich wollte sie
um deiner Sicherheit willen vor dir versteckt halten.
Aber wir müssen das Risiko eingehen.
Wirst du mir bitte helfen?«
Mein Herz füllte sich mit Bitterkeit, und sie stieg mir in den Mund.
»Glaubst du, dass ich nicht weiß,
warum du mich jetzt darum bittest?
Weil dein geliebter Amir nicht da ist –
deine erste Wahl.«
Papa lächelte sein trauriges Lächeln und streckte die Hand aus.
»Komm, Sohn. So war es nicht. Mein Vorfahr schrieb auf Arabisch.
Amir hat mir geholfen, die Papiere zu übersetzen.
Wie hätte ich die Geschichte seines Lebens schreiben können,
ohne die Worte des Mannes zu verstehen?
Und außerdem, Ramón, musst du wissen,
dass ich um dich gefürchtet habe.
Sogar um dein Leben.
Diese Papiere enthielten
viele hebräische Wörter. Sie anzurühren
bedeutet für dich als Converso eine große Gefahr.
Deshalb habe ich sie von dir ferngehalten
all diese Jahre.«
Aber ich konnte oder wollte nicht nachgeben.
Ich verhärtete mein Herz.
»Ich kann dir nicht helfen«, sagte ich ihm
und mied seinen Blick.
»Das Heilige Offizium
ist jetzt mein Herr.«
Verloren
Ein weiterer Brief kommt an.
Er liegt auf dem Tablett
bei meiner heißen Schokolade.
Ich schäme mich zuzugeben,
dass ich mich davor fürchte, ihn zu lesen.
Ich trinke die Schokolade
bis zum letzten Tropfen aus,
ehe ich ihn öffne.
Lieber Ramón,
einst dachte ich, die Menschen bekämen
am Ende das Leben,
das sie verdient haben.
Das stimmt nicht.
Schau deinen Papa an.
Seine Missgeschicke türmen sich auf –
wir sehen nicht mehr darüber.
Wir haben von seinem Onkel
in Afrika gehört – das ist der, dem er
das Buch geschickt hat, erinnerst du dich?
Er hat es nicht bekommen. Es
muss in der Post verloren gegangen sein.
Papa hat viele Jahre lang
an diesem Buch gearbeitet.
Sooft wir einen Mudéjar-Freund auf der Straße trafen, fragte ihn Papa
nach der Bedeutung einiger Wörter.
Unsere Spaziergänge waren sehr langsam.
Du kannst dir vorstellen, wie froh ich war,
als Amir kam!
Das Buch hat das Leben deines Ururgroßvaters erzählt.
Ein großer Schreiber. Ein Freund aller Menschen. Ein großer Mann.
Das alles weißt du.
Dein Papa hat dieses Buch aus
Resten alter Briefe übersetzt,
die er in seinem Zimmer versteckt hatte. Dein Vorfahr
war Jude. Auch das weißt du.
Du weißt jedoch nicht, Ramón, dass
vor drei Monaten das Heilige Offizium
in dieses Haus kam. Sie haben alle diese Briefe gefunden.
Sie waren auf Arabisch, enthielten aber ein paar hebräische Wörter.
Sie konnten sie nicht lesen. Egal. Sie wurden verbrannt.
Papa wurde aufgrund seiner schlechten Gesundheit verschont.
Aber jetzt muss er dieses verfluchte gelbe Gewand tragen –
den sanbenito –, wenn er ausgeht.
Ramón, dein Papa ist der Lügen müde,
die geschrieben werden.
Jetzt werden diese Pressen, die
Hunderte Bücher auf einmal drucken,
allmählich zur Norm.
Ganz abgesehen davon, was das
für all die Schreiber bedeutet:
Das Schlimmste ist, dass sich die Lügen jetzt
hundertmal schneller verbreiten können!
Papa sagt, Geschichten über gute, ruhige Männer
verkaufen sich nicht gut.
Das Publikum will lieber das Fantastische – wie Geschichten von Juden, die Babys essen!
Die verkaufen sich viel
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