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Der Schritt hinueber - Roman

Der Schritt hinueber - Roman

Titel: Der Schritt hinueber - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Tumler
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hinter den Baumspitzen der Mond aufging und, mit schmalem Saum zuerst, seine Lichtstrahlen auf die dunklen Wege warf.
    Das war eben die Zeit, zu der Kolja am Bemelmanhof vom Pferd stieg, und Axel aus dem Schatten seines, des Wilnowschen Waldes hervortauchte. Er konnte noch ein Stück fahren über die Sumpfwiese, dann mußte er den langen Hügel zwischen den Obstbäumen hinaufschieben. Da war ihm manchmal so, als höre er von droben her Schnauben und dumpfes Geräusch durch die Nacht. Er hielt sich vorsichtig unter dem Baumschatten. Aber was da droben war, konnte er nicht unterscheiden. Er witterte nur Unruhe, und nun stemmte auch die Hündin Hexe die Beine gegen den Boden und knurrte.
    Sie witterte das Pferd und noch nicht den Mann, und der Mann war ja auch leise, nüchtern und leise. Ein anderer Kolja, nicht einer mit der Flasche, hatte er am Tor seinen Schimmel festgemacht und war dann herübergegangen, die Hauswand und die drei Fenster entlang. Beim letzten Fenster hatte er geklopft und geflüstert: Kosanna! und geduldig gewartet, ob die Lampe anginge oder vielleicht die Stube finster bliebe und er nur die helle Gestalt ausnehmen würde, wie sie vorbeihuschte. Dann würde das Schloß knacken. Dann könnte er eintreten, sie würde ihn ohne ein Wort hineinziehen zu sich. Oder vielleicht würde sie herauskommen an die Holzhütte wie am Abend zuvor. Die Nacht war warm, sie konnten wieder beieinander liegen, er und Kosanna. Etwas Weiches, Dunkles hatte sie angehabt über dem Hemd, und darauf hatten sie gelegen.
    Kolja erinnerte sich daran nicht so genau, er war ja betrunken gewesen. Aber nun an diesem Abend war er nüchtern, weil Kosanna ihn darum gebeten hatte, und wach und nüchtern horchte er in die Stille, es rührte sich nichts. Wieder klopfte er und flüsterte an der Scheibe des geschlossenen Fensters. Warum war es geschlossen? Er spähte in die dunkle Stube. Warum war sie so dunkel? – und es kam keine Antwort.
    Plötzlich kam Antwort von oben an der Mauer: Wer ist da? und das war Bemelmans Stimme vom Fenster zu seiner Schlafkammer.
    Kolja schwieg.
    Aber: Wer ist da? fragte die Stimme nochmals, und: Da ist doch jemand, wer ist denn da unten, sind Sie das, Herr Kolja?
    Kolja drückte sich dicht in die Fensternische. Erst als Bemelman oben sagte: Ich seh Sie doch, Herr Kolja, ich seh Sie ganz deutlich! – beugte er sich vor, aber erst als oben die Stimme sagte: Wen suchen Sie, warum klopfen Sie an der Stube, da ist niemand drin! – da erst sprach Kolja wie zu sich selber: Wer sagt das, niemand?
    Ich, Bemelman, sage Ihnen, es ist niemand drin, und wenn Sie Frau Jorhan suchen, die ist weg!
    Da reckte Kolja sein helles Gesicht nach oben, der Mondschein fiel in seine Augen, er sagte: Wo ist Kosanna?
    Weg, sagte Bemelman, ganz weg, nicht mehr da!
    Aber das konnte Kolja nicht verstehen. Er meinte, weggegangen für einen Augenblick, oder ins Dorf gegangen und noch nicht zurück, oder in den Stall gegangen. Er fragte wie ein Kind nach diesen Orten Stall, Dorf und Nachbarhaus, er konnte das Wort „ganz weg“ nicht begreifen, und als er es begriff, konnte er es nicht glauben. Aber nun fragte er nicht mehr wie ein Kind, sondern verlangte mit heftiger Unruhe in der Stimme von Bemelman, er solle ihm Licht in der Stube machen, und Bemelman hob die Falltür in seiner Schlafkammer auf und schlürfte die Stiege herunter. Er zündete die Petroleumlampe an und leuchtete in alle Winkel. Von draußen starrte Kolja herein, er sah, daß die Stube leer war. Nichts mehr da von Kosannas Lager und Gepäck.
    Glauben Sie es jetzt, daß sie weg ist?
    Aber Kolja glaubte es noch immer nicht. Sie haben sie versteckt!
    Bewahre, wie käme ich dazu!
    Dann hat sie sich selber versteckt!
    Er trat ins Haus, lief durch die Küche an die Hoftür und schrie laut:
    Kosanna, wo bist du, Kosanna, komm heraus zu mir, fürchte dich nicht, Kosanna, es ist Kolja!
    Dies war das erstemal, daß Axel am Hang unten deutlich eine Stimme unterschied. Dann hörte er wieder nur Unruhe, das war, als Kolja nun suchte und, anders als am Abend zuvor, sich von Bemelman nicht ablenken ließ, sondern überall nachspürte in Hof, Stall und Scheune, und: Kosanna! rief und dann wieder lauschte.
    Bemelman stand an der offenen Haustür. Sie suchen umsonst, Sie werden sie nicht finden, und jetzt haben Sie überall nachgesehen und sich überzeugt, daß sie weg ist, ganz weg!
    Aber wieso weg! schrie Kolja, er rannte durch die Tür in den hellen Mondschein, wieso weg!
    Das müssen

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