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Der Schuldige: Roman (German Edition)

Der Schuldige: Roman (German Edition)

Titel: Der Schuldige: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Ballantyne
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gern.
    »Es wird einige Zeit dauern, bis das Erbe geregelt ist. Ich muss eine Firma beauftragen, die das Haus leer räumt, und dann biete ich es zum Kauf an. In seinem derzeitigen Zustand erwarte ich keinen raschen Verkauf, aber man weiß ja nie. Ich möchte nur, dass Sie darauf vorbereitet sind, dass es einige Monate dauern kann, bevor wir sozusagen abrechnen.«
    »Wie ich schon am Telefon sagte. Ich möchte nichts.«
    Wachsam nahm Cunningham einen Löffel Suppe zu sich. Er betupfte seinen Mund mit der Serviette, dann sagte er: »Ich dachte, Sie hätten vielleicht Ihre Meinung geändert, wo Sie jetzt zur Trauerfeier gekommen sind.«
    »Ich weiß nicht, warum ich hergekommen bin. Ich nehme an, ich musste …«, Daniel fuhr sich mit den Händen über das Gesicht, »… mit eigenen Augen sehen, dass sie wirklich tot ist. Wir hatten eine Zeit lang keinen Kontakt.«
    »Das hat sie mir erzählt … Es besteht keine Eile, was das Erbe angeht. Wie gesagt, es wird Monate dauern, bis die Sache abgeschlossen ist. Ich setze mich mit Ihnen in Verbindung, wenn die Zeit heranrückt, dann können Sie ja sehen, wie Sie darüber denken.«
    »Schön, aber ich kann Ihnen jetzt schon sagen, dass ich meine Meinung nicht ändern werde. Sie können alles dem Hundeheim geben. Das würde ihr sicherlich gefallen.«
    »Gut, wir können das zu gegebener Zeit klären.«
    Stille ließ sich zwischen ihnen nieder wie ein Hund, der gestreichelt werden möchte.
    Cunningham schaute aus dem Fenster. »Minnie war ein Schatz, nicht? Urkomisch, das war sie. Riesen Sinn für Humor, nicht?«
    »Ich kann mich nicht erinnern.«
    Der Mann blickte Daniel an, runzelte die Stirn, dann wandte er sich seiner Suppe zu.
    »Und, war es denn Krebs?«, fragte Daniel und holte tief Luft.
    Cunningham schluckte und nickte gleichzeitig. »Aber sie hat nichts dagegen getan, verstehn Sie. Sie hätte ’ne Chemotherapie machen können oder sich operieren lassen, aber sie hat das alles abgelehnt.«
    »Natürlich – das musste sie.«
    »Sie hat mir erzählt, sie wäre unglücklich gewesen. Ich weiß, Sie hatten vor ein paar Jahren Streit miteinander.«
    »Sie war schon lange davor unglücklich», sagte Daniel.
    Cunninghams Löffel klapperte gegen den Teller, als er ihn auskratzte. »Sie waren doch ursprünglich eines von ihren Pflegekindern, nicht?«
    Daniel nickte einmal. Seine Schultern und Oberarme verkrampften sich plötzlich, und er verlagerte sein Gewicht, um die Spannung zu lösen.
    »Sie waren was ganz Besonderes für sie. Das hat sie mir erzählt. Sie waren so was wie ihr eigener Sohn«, sagte Cunningham.
    Daniel sah ihn an. Cunningham hing etwas Suppe im Schnurrbart, und er musterte sein Gegenüber mit weit geöffneten Augen. Daniel empfand eine überraschende Wut auf den Mann. In dem Café war es plötzlich zu warm.
    »Entschuldigung», sagte Cunningham und winkte nach der Rechnung, als hätte er bemerkt, dass er zu weit gegangen war. »Sie hat mir eine Schachtel mit Sachen für Sie gegeben. Meistens Krimskrams und Fotos – nichts von großem Wert –, aber sie wollte, dass Sie sie bekommen. Am besten, Sie nehmen sie jetzt mit. Sie ist in meinem Wagen.«
    Cunningham trank seine Tasse aus. »Ich weiß, es muss schwer für Sie sein. Ich weiß, Sie hatten Ihre Differenzen, aber trotzdem …«
    Daniel schüttelte den Kopf, wusste nicht, was er sagen sollte. Der Schmerz war in seinen Hals zurückgekehrt. Er fühlte sich so wie in dem Krematorium, wo er gegen seine Tränen angekämpft hatte und deswegen sauer auf sich gewesen war.
    »Wollten Sie sich selbst mit dem Haus befassen? Als Familienmitglied haben Sie das Recht …«
    »Nein, engagieren Sie einfach eine Firma, da ist nichts … Ich habe wirklich keine Zeit dafür.« So fühlte es sich besser an. Die Worte waren wie frische Luft. Er fühlte sich durch sie gestrafft, gestärkt.
    »Es steht Ihnen frei, alles an persönlichen Dingen aus dem Haus an sich zu nehmen, während Sie hier oben sind, aber wie gesagt, einige Dinge hat sie schon beiseite getan.«
    Sie standen auf, um zu gehen; Cunningham bezahlte die Rechnung.
    Ehe Daniel die Tür aufmachte, fragte er: »Sie hat doch nicht gelitten, oder?«
    Sie traten in die Frühherbstsonne hinaus. Ihre grelle Klarheit ließ Daniel blinzeln.
    »Sie hat gelitten, aber sie wusste, es war unvermeidlich. Ich denke, sie hatte wirklich genug und wollte einfach, dass alles zu Ende ging.«
    Sie gaben sich die Hand. Daniel empfand Cunninghams kurzen, harten Händedruck als einen

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