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Der Schuldige: Roman (German Edition)

Der Schuldige: Roman (German Edition)

Titel: Der Schuldige: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Ballantyne
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die Hände auf ihren Bauch und lehnte sich in ihrem Sessel zurück. »Bei dieser Art von Verletzung ist es ziemlich unmöglich, den Zeitpunkt der Gewalttat zu bestimmen. Durch die Blutung entsteht Druck auf das Gehirn, aber der kann von Minuten bis zu zehn Stunden oder länger anhalten, bis er tödlich wird.«
    »Das bedeutet also, dass sich der Angriff möglicherweise etwa um sechs Uhr abends ereignet haben könnte?«, fragte Daniel und zog eine Augenbraue in die Höhe.
    »Das ist richtig, oder er könnte einige Stunden früher stattgefunden haben.«
    Daniel und Irene sahen sich an. Daniel sah bereits vor sich, wie Irene dies dem Gericht darlegte.
    Als sie aus dem Büro der Pathologin kamen, war es kühler geworden, aber die Londoner Straßen erschienen ihnen noch immer schmutzig, laut und heiß. Es war kurz nach fünf Uhr, und die Menschen umkurvten einander wie Fische, Autos hupten Radfahrer an, Leute redeten an unsichtbaren Handys, Taxitüren schlugen zu, Busse schnauften heran, und Düsenjets jagten geräuschlos über den blauen Himmel, der das Ganze überwölbte.
    »Na, das war hilfreich«, sagte Irene, setzte ihre Sonnenbrille auf und zog ihre Jacke aus.
    Sie hatte starke, breite Schultern wie eine Tennisspielerin, und Daniel bewunderte sie. Er nahm seine Krawatte ab und steckte sie in die Tasche. »Darf ich denn jetzt der Kronanwältin einen Drink spendieren?«
    Es war früh genug, um einen Tisch im Freien zu bekommen. Sie saßen einander gegenüber und tranken Ale, während die Schatten länger wurden und müde Sommerwespen faul um leere Gläser schwebten.
    »Auf dich«, sagte Daniel und stieß mit ihr an.
    »Also«, sagte Irene, lehnte sich zurück und beobachtete ihn. »Denkst du, Sebastian hat es getan?«
    Daniel zuckte die Achseln. Er spürte die Sonne auf seiner Stirn. »Er besteht darauf, dass er’s nicht getan hat. Er ist ein verrückter kleiner Kerl, aber ich denke, er sagt die Wahrheit. Er ist nur völlig durcheinander.«
    »Ich fand ihn verstörend, aber ich … habe kaum mit ihm gesprochen.«
    »Er ist gescheit. Einziges Kind. Ich denke … wahrscheinlich recht einsam. Er hat mir was davon erzählt, dass sein Vater seine Mutter schlägt. Sie sind reich, aber ich glaube nicht, dass es ein glückliches Zuhause ist.«
    »Das könnte ich mir vorstellen. Der Vater kommt mir wie ein Frauenfeind vor – er wollte nicht, dass wir den Fall übernehmen, weil ich eine Frau bin.«
    »Nein!«, sagte Daniel. »Es ging um mich. Er meinte, ich wäre zu jung und unerfahren.«
    Irene seufzte und zuckte mit den Schultern, dann machte sie ein ernsteres Gesicht: »Nach dem, was wir von Jill Gault gehört haben, könnte es ohne Weiteres einen anderen Angreifer gegeben haben, nicht? Sebastian hat ein Alibi ab …«
    »Drei Uhr … und die Aussage des Mannes, der sagte, er hätte Sebastian sich nach diesem Zeitpunkt prügeln sehen, klingt, als wäre er von der Polizei darauf gestoßen worden oder einfach durcheinander. An seiner Beschreibung von Sebastian ist nichts Unverwechselbares … und angesichts der Entfernung und des Laubwerks – ich bin in dem Park gewesen – bin ich mir sicher, wir können die Aussage erschüttern. Wenn wir nur was Brauchbares auf dem Videoband finden könnten.«
    »Ich habe mir das Band auch angesehen für den Fall, dass uns etwas entgangen wäre. Typisch natürlich, dass sich die Polizei nur die städtischen Bänder erbeten hat …«
    »Hast du andere gefunden?«
    »Nun ja, zwei Kneipen in der Gegend haben eine Videoüberwachung. Diese Bänder sehen wir gerade durch, aber auch dieses zweite Mal, bei dem Sebastian angeblich gesehen wurde …«
    »Ich weiß. Wenn wir nur etwas auf Band hätten, wo man zu der Zeit jemand anderen, nicht Sebastian, auf dem Spielplatz sehen könnte …«
    Sie stützte ihr Kinn in die Hand und blickte in die Ferne, über die Straße auf die Busse und Fahrradfahrer. Daniel liebte ihr Gesicht, das wie ein Melonenkern geformt war. Er beobachtete, wie sie Haarsträhnen hinter ihre Ohren schob.
    »Ich bin noch vom letzten Mal total mitgenommen«, sagte sie schließlich. »Denkst du noch manchmal daran?«
    Daniel seufzte und nickte, während er sich mit einer Hand durch das Haar fuhr. Sie waren beide von einem Schuldspruch getroffen worden, der den Jugendlichen in das Justizsystem zurückschickte, in dem er groß geworden war. Sie hatten sich beide für den aufgeschossenen Jungen erwärmt, der eine Haut straff und braun wie von einer Kastanie hatte und ein Lächeln so

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