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Der Schuldige: Roman (German Edition)

Der Schuldige: Roman (German Edition)

Titel: Der Schuldige: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Ballantyne
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Die große Mehrheit der Mandanten hatte eine wirklich schwere Kindheit … Weißt du, wie viel ein geschädigtes Kind im Fürsorgesystem den Staat im Laufe seines Lebens kostet?«
    Irene kniff die Augen zusammen und überlegte, dann zuckte sie mit den Schultern.
    »Über eine halbe Million Pfund. Ein Jahr Einzeltherapie würde höchstens ein Zehntel davon kosten. Inhaftierung ist altmodisch, aber auch verdammt teuer. Schon die Zahlen sollten sie überzeugen.«
    »Und wer schimpft jetzt wie ein Rohrspatz? Ich denke, ich werde noch vor dir zu Newsnight eingeladen.« Irene sah ihn offenherzig an und trank einen Schluck Bier. »Du liebst das Verteidigen, nicht wahr? Es liegt dir.«
    »Ja, ich stehe gern auf dieser Seite«, sagte Daniel und stützte sich auf seine Ellbogen. »Selbst wenn ich die Person, die ich verteidige, nicht leiden kann, zwinge ich mich, die Sache von ihrer Seite aus zu sehen. Es muss eine Unschuldsvermutung geben. Ich liebe die Fairness daran …«
    »Ich weiß. Fairness ist der Grund, warum wir alle in dieses Geschäft hineingeraten sind. Es ist eine Schande, dass es nicht immer fair erscheint.«
    Sie beobachteten den Verkehr und die Hunderte von Menschen, die von ihrem Tagewerk nach Hause eilten, und schwiegen für ein paar Momente.
    »Die Presse wird über diesen Fall durchdrehen. Es wird viel schlimmer werden als bei Tyrel. Das ist dir doch klar, oder?«, sagte Irene.
    Daniel nickte.
    »Hast du schon Ärger gehabt?«, fragte sie.
    »Nein, du?«
    Irene zuckte die Achseln und wedelte mit der Hand, als hätte es bereits Ärger gegeben, aber sie wollte nicht darüber reden. »Er ist es, um den ich mir Sorgen mache. Der Junge wird in der Presse verunglimpft, namenlos oder nicht … Wo ist da die Fairness? Er steht noch nicht einmal vor Gericht.«
    »Aber du wirst das doch zur Sprache bringen, oder?«
    Irene seufzte. »Ja, wir können eine Prozessaussetzung beantragen und sagen, die Geschworenen sind durch Presseberichte vor dem Verfahren beeinflusst worden, aber wir wissen beide, dass es zwecklos ist. Die Presse ist befangen, aber das wird sie immer sein. Und der Himmel weiß, welchen Nutzen eine Prozessaussetzung für uns haben würde, wenn der Junge sowieso in Haft bleibt …«
    Sie blickte in die Ferne, als stellte sie sich die Argumente direkt im Prozess vor. Er beobachtete ihren kühlen blauen Blick.
    »Du musst im Moment eine der jüngsten Kronanwältinnen sein, stimmt’s?«
    »Nein, sei nicht albern, Baroness Scotland war fünfunddreißig.«
    »Wirst du dieses Jahr vierzig?«
    »Nein, ich werde neununddreißig, du Blödmann!«
    Daniel wurde rot und blickte weg.
    Sie sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an.
    »Irene«, sagte er zu dem vorbeirauschenden Verkehr. » Irene . Es erscheint zu altmodisch für dich.«
    »Mein Vater hat mir den Namen gegeben«, sagte sie mit gesenktem Kinn. »Nach Irene von Rom, kannst du dir das vorstellen?«
    »Kann ich.«
    »Die meisten in meiner Familie nennen mich Rene. Nur Mitarbeiter nennen mich Irene.«
    »Ist es also das, was ich bin? Ein Mitarbeiter?«
    Sie lachte und trank ihr Bier aus. »Nein«, sagte sie, mit funkelndem, aber scheuem Blick, »du bist der liebenswerte Geordie-Anwalt.«
    Er hoffte, sie wäre rot geworden, aber es konnte auch nur das Bier sein.
    »Wie geht’s deinem Geordie inzwischen?«, fragte er.
    » Alreet, like «, brachte sie zustande und lächelte.
    Er lachte über ihre mit den Konsonanten kämpfende Home-Counties-Stimme. Sie hörte sich nach Liverpool an.
    »Ich freue mich, dass ich wieder mit dir zusammenarbeite«, sagte er leise.
    »Ich auch«, sagte sie.

14
    »Meine Güte, du bist ja ein richtiger Charmebolzen. In Ordnung, ich nehme ein Dutzend.«
    Daniel spürte, dass Minnie ihn anlächelte, als er Jean Wilkes das Wechselgeld hinzählte, die im Bonbonladen arbeitete. Mrs. Wilkes hatte Daniel vor ein paar Wochen ausgeschimpft, weil er in ihrem Laden geflucht hatte. Sie nahm ihre Eier und ging, während Daniel die Einnahmen in dem Eiscremebecher zählte. Dreiunddreißig Pfund fünfzig.
    Wieder lächelte Minnie ihn an, und er fühlte sich dadurch gebessert. Er suchte noch immer ihre Verzeihung.
    »Du bist tüchtig an diesem Marktstand, das bist du«, sagte Minnie. »Du hast den Jargon drauf. Nur drei Stunden dabei, und wir machen einen Mordsreibach. Ich sag dir was, wenn wir heute Abend gute Geschäfte gemacht haben, zahle ich dir ’ne Provision.«
    »Was meinste damit?«
    »Na ja, wenn wir mehr als sagen wir mal

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